Wenn die Tuba zum „Tanz des Elefanten“ aufspielt

„Karidion Brass“ gastierte im KuVz: Ein hochmusikalischer Streifzug durch die Epochen, bei dem auch der Humor nicht zu kurz kam.

Leicht, locker, perfekt intoniert: So klingt’s, wenn das Ensemble „Karidion Brass“ zugange ist. Fünf smarte Herren zauberten am Samstagabend eine „musikalische Reise von Paris nach New York“ auf die Bühne des KuVz. Mit einem launig moderierten Programm, dessen Spektrum von barocker Opernmusik bis zu Broadway-Klassikern reichte, hatten Hornist Mathias Stelzer, die Trompeter Peter Harsanyi und Tobias Krieger sowie Robert Nelkenstock (Tuba) und Vincent Warrats (Posaune/Arrangement) das Publikum im Saal und auf der Empore alsbald auf ihrer Seite.

Der famose Auftakt mit dem Marsch aus der Oper „Taizé“ von Hofkomponist Jean-Baptiste Lully hätte dem Sonnenkönig Ludwig XIV. auch im originellen Blechbläser-Gewand gefallen. Ließ doch die fulminante Interpretation von „Karidion Brass“ an barocker Opulenz und Strahlkraft nichts zu wünschen übrig.

Kontrastreiches und fein austariertes Zusammenspiel

Der Glanz von Versailles und die Eleganz der Pariser Oper luden zum Träumen ein, als die vier Sätze aus Jean-Philippe Rameaus „Dardanus Suite“ erklangen. Welch ein kontrastreiches, fein austariertes dynamisches Zusammenspiel der Blasinstrumente! Da brauchte es keine ausufernden Soli, um die Klasse der einzelnen Interpreten zu beweisen. Auch der sonore Klangteppich, den das Ensemble bei Rameaus „Meditation über die Nacht“ ausbreitete, zog die Hörer in den Bann.

Zum Träumen blieb indes keine Zeit, stieg beim „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens die „Betriebstemperatur“ der Blechbläser doch deutlich an. Liedhafte Melodien („Fossilien“) wechselten mit federleichten Tönen („Aquarium“). Der Humor des Komponisten blitzte auf, als die Tuba den „Tanz des Elefanten“ darstellte und sanfte Posaunenklänge die Bahn des stolzen „Schwans“ nachzeichneten. Das feurig-turbulente Finale mit dem „Königlichen Marsch des Löwen“ – halsbrecherische, makellos intonierte Sechzehntel und Zweiunddreißigstel – entfachten im Publikum einen Beifallssturm.

Das berühmte „Trinklied aus der Oper „La Traviata“ von Giuseppe Verdi (Hornist Stenzel bezeichnete es humorvoll als „Party-Klassiker des 19. Jahrhunderts“) leitete galant zur Pause über.

Jazz-Elemente und Latino-Rhythmen

Der zweite Teil der musikalischen „Reise“ führte in die Welt des Showbiz und des Broadway. Mathias Stenzel wieß darauf hin, dass in den 1930er Jahren das New Yorker Musiktheater auch von europäischen Einflüssen geprägt wurde. Einer der Hauptakteure war damals der in Dessau geborenen Komponist Kurt Weill, der in Berlin die Musik zu Bert Brechts „Dreigroschenoper“ verfasst hatte.
Von den Nationalsozialisten aus dem Land gejagt, emigrierte Weill über Paris in die USA,
wo er mit seiner genialen Synthese aus Jazz- Elementen und Schlagermusik die späteren Musical-Produktionen beflügelte. Mit Kurt Weills kurzen prägnanten, gleichwohl vielschichtigen Kompositionen liefen die fünf Musiker mit lässigem Charme und perfekter Technik zu Hochform auf. Es war eine Freude, wie sie sich spektakulär, aber gänzlich unangestrengt die Bälle zuspielten.

Stilsicher und zupackend erlebte man das Quintett bei „Tijuana Taxi“ aus der Feder von Herb Alpert. Der Startrompeter und Komponist, der dieser Tage seinen 90. Geburtstag feiern kann, wurde als Sohn eines ukrainischen Einwanderers in Los Angeles geboren, aber der von ihm kreierte typische Tijuana-Brass-Sound basiert auf lateinamerikanischen Rhythmen.

Mit ihrer Interpretation versprühten die fünf Musiker auf der Bühne die sprichwörtliche Lebensfreude, eine pulsierende Energie. Auch der „Killertango“ – Sinnbild für den Schmelztiegel New York mit seinen rivalisierenden Gangs – lebt von Spannungsmomenten und geballter Hispano-Power.

Hommage an „die Stadt, die niemals schläft“

Der großartige All-Time-Klassiker „Fly me to the moon“ vermag als raffiniert arrangiertes Instrumental zu faszinieren – auch ohne die Stimme von Frank Sinatra, der den Song in den 1950er Jahren zum Hit machte. Klangsinnliches Flair, vielschichtiges Kollektivspiel fanden da kongenial zueinander. Das Bläserquintett zeigte nicht nur seine technische Meisterschaft, sondern offenbarte auch seine profunde Musikalität.

Der krönende Abschluss nochmals eine Hommage an „die Stadt, die niemals schläft“: der Evergreen „New York, New York“, der den Besuchern im KuVz schon nach ein paar Takten erkennbar in die Beine und Hände fuhr. Tosender Applaus, der nicht enden wollte, bis die Zugabe gewährt wurde.
Diese führte – um im Bild der musikalischen Reise zu bleiben – zurück ins „alte“ Europa, nach Wien. Das dort beheimatete Blechbläserseptett „Mnozil Brass“ zählt zu den Favoriten der fünf Musiker, wie Mathias Stenzel verriet. Mit dem Song „Blue“ erwies „Karidion Brass“ dem Wiener Vorbild alle Ehre.
Vermutlich spielen sie ihren Lieblingshit demnächst auch in Osaka: Bei der Weltausstellung EXPO 2025 in Japan im Mai ist das Bläserensemble als musikalischer Botschafter Baden-Württembergs zu Gast.

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