Karlheinz Heiss hat im Gasthaus „Hubertus“ in Oberharmersbach über Missbrauch in der Kirche gesprochen. Er forderte konsequente Aufklärung.
Auf Einladung des „Runden Tisches“ hielt Karlheinz Heiss im Gasthaus „Hubertus“ einen Vortrag über den Umgang mit dem Thema Missbrauch in der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
Schweigen, vertuschen, lügen
Seit einigen Jahren beschäftigt sich der Theologe und Musiker mit dem Thema Missbrauch in der Kirche. Anlass war für ihn der Bericht über den Missbrauch einer damals 17-jährigen Frau im Rottenburger Dom. Was für die Erzdiözese Freiburg galt, scheint und schien in der schwäbischen Nachbardiözese wie auch in vielen anderen Diözesen das übliche Vorgehen zu sein: schweigen, vertuschen, lügen – bis Aussagen und Fakten zu erdrückend waren.
Versetzung statt Aufarbeitung
Anhand markanter Punkte und Vorgehensweisen zeigte Karlheinz Heiss die zögerliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle auf. Die Reaktionen nach Bekanntwerden dieser Übergriffe waren nur im Detail unterschiedlich: Priester wurden in andere Pfarreien oder gar ins Ausland versetzt und kehrten möglicherweise nach Jahren wieder zurück, sehr auffällige Priester wurden in die Heilanstalt Rottenmünster bei Rottweil abgeschoben.
Priester wurden geschützt
„Die ‚obere Führungsebene‘ wusste immer Bescheid“, klagte er an. Dies lasse sich auch am Organisationserlass von 1984 zeigen, aufgrund dessen alle Akten mit Hinweisen auf sexuellen Missbrauch aus den Personalakten zu entfernen waren. Erschwerend bei der Aufklärung sei auch die Vorgabe, dass Privatpersonen erst 30 Jahre nach dem Tode des Priesters Akteneinsicht hätten.
Kritik an zurückhaltender staatlicher Verfolgung
Heiss kritisierte auch die Zurückhaltung des Staates bei der Aufklärung dieser Verbrechen. Die Kirche sei hier „ein Staat im Staat“. Er zitierte in diesem Zusammenhang den Missbrauchsbetroffenen-Vertreter Matthias Katsch, der das Vorgehen der katholischen Kirche in diesem Zusammenhang mit der „organisierten Kriminalität der Mafia“ vergleicht. „Der Umgang mit sexueller Gewalt wird daran zu messen sein, wie der Staat regiert“, stellte er fest. Vor Ort müsse man aktiv werden und bleiben, um alle Vorgänge aufzuklären.