Auf Betreiben von Erzbischof Conrad Gröber forderte am 17. Mai 1945 das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg per Erlass an die Dekanate von allen katholischen Pfarrämtern Berichte zur jüngsten Vergangenheit ein.

Darin sollten die Ereignisse vor, während und nach der Besetzung durch die alliierten Truppen benannt und die Kriegsschäden an den kirchlichen Gebäuden aufgeführt werden. Die in der Regel zeitnah von den örtlichen Pfarrern verfassten Antworten fielen unterschiedlich lang und ausführlich aus. Sie geben uns einen zuverlässigen Einblick in die Vorgänge und Zustände in den einzelnen Gemeinden während der letzten Phase des Krieges und in den ersten Monaten der Besatzungszeit.
Von gezielten Bombardierungen verschont geblieben
Der Oberharmersbacher Pfarrer Ludwig Tröndle, der 1928 in die Gemeinde gekommen war und in dieser bis zu seinem Tod 1952 als Seelsorger für die (1939) 2.051 Katholiken des Dorfes und der umliegenden Weiler und Höfe zuständig war, antwortete am 2. Juli 1945 auf den Freiburger Erlass. In seinem kurzen, kaum zwei Seiten umfassenden Kriegsbericht konnte er vermelden, dass Oberharmersbach von gezielten Bombardierungen und von Artilleriebeschuss verschont geblieben ist.
Viermal seien in den Kriegsjahren bei Luftkämpfen „Notabwürfe“ von Bomben erfolgt; diese seien jedoch auf freies Feld gefallen, so dass keine Toten und Verletzten zu beklagen waren. Am Weihnachtstag 1944 wurde am Löcherberg ein deutscher Jagdflieger „bei seinem 13. Luftkampf mit Feindfliegern“ abgeschossen und stürzte hinter dem Gasthaus „Linde“ ab; am 31. Dezember wurde er „auf dem hiesigen Friedhof unter militär. Ehrung kath. beerdigt.“
Die am Donnerstag, den 19. April 1945 aus Richtung Bad Peterstal anrückenden berittenen französischen und marokkanischen Soldaten, so berichtet Tröndle, hätten auf Höhe des Löcherbergs eine Schwenkung gemacht, um über den Bergrücken und den Mühlstein nach Unterharmersbach und Zell zu reiten. Als Grund für die Richtungsänderung vermutete er „Brückensprengungen am Löcherberg durch unsere Wehrmacht“.
Gemeinde wurde kampflos übergeben
Drei Tage später, am Sonntag, den 22. April, kamen dann doch noch Hunderte französischer Soldaten auf dem Weg von Löcherberg nach Zell durch Oberharmersbach. Die kampflose Übergabe der Gemeinde, so Tröndle, sei durch eine Meldung nach Zell bewirkt worden, die der Stellvertreter des Bürgermeisters bereits am Donnerstag abgegeben habe. Eine Besatzung blieb dem Ort erspart. Auch Vergewaltigungen und Plünderungen seien nicht vorgekommen; wohl hätten alliierte Soldaten von abseits gelegenen Einzelhöfen „etwas gefordert, aber nie mit Gewalt“.
Auf Basis einer von der französischen Militärverwaltung in Bad Peterstal zusammengestellten Liste mit zehn Namen wurde einige Wochen später ein neuer Bürgermeister gewählt: Fridolin Lehmann. Er hatte dieses Amt schon drei Wahlperioden bekleidet, bevor er 1933 von den Nationalsozialisten gewaltsam entfernt worden war. Wie die sechs frisch ernannten neuen Beiräte hatte er der Zentrumspartei angehört. Drei ehemalige Parteigenossen wurden von den Franzosen verhaftet; während der stellvertretende Bürgermeister August Lehmann bereits nach drei Tagen Bad Peterstal wieder verlassen durfte, verbrachten zwei weitere NSDAP-Mitglieder zwei bis drei Wochen in „Strafkur“. Der frühere Ortsgruppenleiter flüchtete am 21. April mit dem Auto in den Schwarzwald, wurde jedoch gefasst und zur Arbeit nach Frankreich verbracht. Der Oberharmersbacher Bürgermeister fand in dem Schreiben keine Erwähnung.
Mit dem Hinweis, die derzeitige Lage im Pfarrort sei ruhig und etliche Vermisste seien inzwischen heimgekehrt, schloss Pfarrer Tröndle seinen Kriegsbericht.
Quelle:
Die „Kriegsberichte“ aus den Pfarreien des Erzbistums Freiburg: Zustände und Entwicklungen am Kriegsende und in der ersten Nachkriegszeit / bearb. von Jürgen Brüstle, Annemarie Ohler, Norbert Ohler und Christoph Schmider. – In: Freiburger Diözesan-Archiv 141 (2021), Seite 117-509 [Dekanat Kinzigtal S. 407-475].