Der BLHV Ortsverband Oberharmersbach hat ein mit allerlei Themen gefülltes Jahr hinter sich.
„Geradezu spannend wurde es über den Jahreswechsel 2023/ 24“, berichtete Anja Jilg auch im Namen von Stefan Jilg und Manfred Lehmann, mit denen gemeinsam sie den Vorsitz des BLHV-Ortsvereins inne hat. 23 Personen hatten sich im „Bären“ zur Mitgliederversammlung eingefunden, darunter Bürgermeister Richard Weith, Bernhard Bolkart als Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV), der Vorsitzende des BLHV-Ortsvereins Biberach Martin Brosemer, sowie Magdalena Armbruster als Vertreterin der Landfrauen Oberharmersbach.
„Spannend“? Damit bezog sich Anja Jilg auf den Umstand, dass die damalige Ampel-Regierung KFZ-Steuererhöhungen angekündigt hatte, „obwohl wir 90 Prozent der Maschinenstunden unserer landwirtschaftlichen Zugmaschinen nicht auf der Straße herumgurken.“
Auch die Agrardieselvergütung mit ihren rund 21 Cent sei im europäischen Durchschnitt ein recht bescheidener Ausgleich für die immensen Dieselkosten in Deutschland, führte die Vorsitzende weiter aus. Die angekündigten Maßnahmen haben zu einem noch nie dagewesenen Schulterschluss nicht nur unter den Landwirten, sondern auch des Transportgewerbes geführt: „Alles, was berufsmäßig mit Lastwagen beziehungsweise größeren Dieselmengen unterwegs ist, schwamm auf der Protestwelle mit und unterstützte unsere Aktionen“- zwecks Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Landwirten und mittelständischen Transportunternehmen.
Die erste richtige Demonstration
Im BLHV-Kreisvorstand wurden die Protestfahrten für die Landwirte im Harmersbachtal, Biberach und Nordrach, sowie mit Kollegen der landwirtschaftlichen Interessenvertretung LSV organisiert und abgestimmt, „unsere erste richtige Demonstration stand ins Haus!“. Auch der Kontakt der Ortsvorsitzenden untereinander sei sehr eng und vertrauensvoll gewesen, unterstrich die Oberharmersbacherin.
„Ich war sehr glücklich, dass rund 150 Schlepper an unserer Aktion teilgenommen hatten. Entsprechend viele Teilnehmer begaben sich auf die Strecke Zell-Kreisel Richtung Steinach – Biberach – Zell.“ An der Sternfahrt nach Offenburg beteiligten sich drei Tage später viele Berufskollegen aus Oberharmersbach. Zudem freute sie sich über die sehr positive Berichterstattung in der Presse. Und sie zog den sprichwörtlichen Hut vor Oberharmersbachs Bürgermeister Richard Weith, „der sich direkt mit uns solidarisierte und bei der Demo mitfuhr.“
Gewaltiger Nachhall
Zwar wäre die vollständige Rücknahme der KFZ-Besteuerung und die sukzessive Aufhebung der Agrardiesvergütung vermutlich das bestmögliche Ergebnis gewesen, doch „ein komplettes Nachgeben konnte die „Ampel“-Regierung aus ihrer Sicht nicht bringen, ohne vollends das Gesicht zu verlieren“, mutmaßte die Oberharmersbacherin.
Dennoch trumpfte sie auf: „Jedenfalls hatten unsere Protestaktionen einen gewaltigen Nachhall.“ Umso mehr, als der stellvertretende Vorsitzende des EU-Agrarausschusses, Norbert Lins, betont habe, dass EU-weit nie so viel erreicht worden wäre, wenn die deutschen Bauern nicht geschlossen aufgestanden wären. Dazu Anja Jilg: „In Berlin haben wir lange nicht den Nachhall erreicht wie in Brüssel“ – dort habe man die Tragweite der Proteste erkannt und sei „ganz schnell in die Pötte“ gekommen.
Weiter führte sie aus: „Bislang hatten die finanziellen Einschnitte immer nur Teile unseres Berufsstandes getroffen“ – mal die Winzer, mal die Obstbauern, mal die Ackerbauern oder Milchviehbetriebe.“ Diesmal aber sei der gesamte Berufsstand geschlossen auf die Barrikaden gegangen. „Soweit ich informiert bin, werden von der neuen Bundesregierung die Einschnitte komplett zurückgenommen.“
Viele Erfahrungen gesammelt
Ein weiteres positives Fazit des geschlossenen Protests: „Wir Landwirte haben jetzt auf breiter Ebene Erfahrungen gesammelt und ein weitreichendes Netzwerk geknüpft.“ Man wisse nun, wie und wo man Demon-
strationen anmeldet und wie man sehr schnell sehr viele Kollegen aktivieren könne, „das weiß man nun auch in Berlin.“
Ein weiteres großes Thema im letzten wie auch im aktuellen Jahr bei allen Kollegen, die auf Saisonarbeitskräfte angewiesen sind, sei die geplante Erhöhung des Mindestlohns. „Aber die Verhandlungen laufen dazu, dass die Saisonarbeitskräfte in ihrem Heimatland im Hauptberuf bereits diese Sozialabgaben bezahlen – hier in Deutschland bringt es für sie gar nichts.“ In die gleiche Kerbe schlage, so Anja Jilg, die geplante mögliche Wochenarbeitszeit, die mehr Flexibilität in Gastronomie, Landwirtschaft etcetera ermöglichen soll.
Positives hingegen zur BLHV-Kreisversammlung: Landolin Jilg und Christoph sind einstimmig als Beisitzer in die Kreisversammlung gewählt worden und haben damit zu einer maßgeblichen Verjüngung des Kreisvorstandes beigetragen. Anja Jilg freut sich: „Damit haben wir jetzt drei Jungs von uns im Kreisvorstand, das gefällt mir arg gut.“
Das Wolf-Problem
Zudem berichtete sie von einer Veranstaltung des BLHV Wolfach zum Thema „Wölfe im Schwarzwald – Herdenschutz bei Rindern.“ Die Zahlen dazu (sie stammen von Maximilian Lang, Wildtierschutzbeauftragter des Landratsamtes): Circa 2 000 Wölfe gibt es inzwischen in Deutschland, EU-weit sind es 19 000. „Auf das Konto von Wolf GE852 gehen 120 nachgewiesene Risse. Er durfte jedoch bisher nicht „entnommen“ werden, weil stets irgendwelche Unzulänglichkeiten in den jeweiligen Zaunsystemen gefunden wurden, die das rechtlich unmöglich machten“, ärgerte sich die Ortsvorsitzende.
Und sie legte weitere Zahlen vor: Der letzte Wolf Badens war 1866 im Odenwald erlegt worden, inzwischen hat Deutschland die höchste Wolfsdichte weltweit. 150 Wölfe werden jedes Jahr überfahren. Ein Wolf kann aus dem Stand 1,80 Meter hoch springen, mit Anlauf 2,80 Meter. „Aha“, merkte Anja Jilg ironisch an, „und wie hoch sind unsere Wolfszäune?“ Würde man die 72 000 Hektar Weidefläche, die für Wolfszäune in Frage kommen, tatsächlich aufrüsten, spräche man über 215 Millionen Euro Kosten allein in Baden-Württemberg. Doch es handele sich nicht nur um eine Frage der Kosten, sondern auch der Machbarkeit.
Durch Baden-Württemberg streifen derzeit vier Wölfe. „Seit 2018 haben die 11 Millionen Euro an Kosten verursacht!“ Rechne man jedoch Mitarbeiter wie Wolfsbeauftragte etcetera hinzu, „sind wir bei Kosten von 20 bis 30 Millionen Euro!“
Zeitnah anmelden: Erste-Hilfe-Kurs im Wald!
Insgesamt fast 30 Termine wurden im Oberharmersbacher Ortsverein im vergangenen Jahr von Vorstand, Vereinsgemeinschaft oder einzig in der Person von Anja Jilg wahrgenommen. Um LEADER-Sitzungen und Kreisversammlungen ging es da auch, um Gespräche mit Bundestagsabgeordneten und um das Bundeswaldgesetz – aber auch um gemeinsame Veranstaltungen wie mit den Landfrauen, sowohl zum Wohle der Gemeinde (Winterzauber) als auch geselliger Art (Sommerwanderung). Angesichts beanstandungsfreier Arbeit entlastete die Mitgliederversammlung sowohl Schatzmeister Thomas Lehmann als auch den Gesamtvorstand.
Der verwies auf einen Erste-Hilfe-Kurs im Wald, der unter realen Bedingungen stattfindet und sich an alle BLHV- sowie FBG-Mitglieder richtet. Berufsgenossenschaft und Ortsverein übernehmen die Kosten. Noch sind Plätze frei: am Samstag, 05. April 2025, neun bis 17 Uhr. Maximale Teilnehmerzahl: 15.
Hintergrund – der BLHV
Als eingetragener Verein vertritt der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband als Dachverband die Interessen der südbadischen Landwirte und Winzer im Haupt- und Nebenerwerb. Der BLHV ist ordentliches Mitglied des Deutschen Bauernverbandes, mit Dienstsitz in Freiburg.
Er bekennt sich zu einer familiären bäuerlichen Landwirtschaft und betont in seinem Leitbild die besondere Vielfalt der Landwirtschaft in Südbaden.
1946 gegründet, zählt er rund 16.000 Mitglieder.