Bernhard Bolkart informierte über viele Themen, Bürgermeister Richard Weith bat wegen des Sanierungsstaus bei Hofzufahrtsstraßen um Unterstützung.
„Wir brauchen mehr Geld auf der Fläche, damit wir unsere Straßen sanieren können“, wandte sich Bürgermeister Richard Weith auf der BLHV-Mitgliederversammlung an den höchsten Repräsentanten der badischen Landwirte, Bernhard Bolkart.
Das Ortsoberhaupt unterstrich die Bedeutung der Landwirtschaft für Oberharmersbach, das zugleich eine Tourismusgemeinde ist, mit derzeit 90 000 Übernachtungen. „Die Gäste kommen wegen der schönen Landschaft zu uns“, führte Richard Weith aus und betonte, „zu dieser Landschaft tragen unsere heimischen Bauern entscheidend bei: In puncto Tourismus drehen sie das große Rad, aber es fehlt an Geld.“
Das gelte auch für die Straßenunterhaltung, die Landwirte und Kommunen gleichermaßen betreffen. Denn von den 72 Kilometern Straße auf Oberharmersbacher Gemarkung entfalle ein großer Teil auf die teils mehrere Kilometer langen Zufahrten zu Höfen.
Daher bat der Bürgermeister den BLHV-Präsidenten, den Verband und die Politik dafür zu sensibilisieren, dass Oberharmersbach als Flächengemeinde mehr Geld für die Infrastruktur benötigt. Er bemängelte: „Es kann nicht sein, dass wir jedes Jahr einen Förderantrag stellen müssen, um kleinteilig voranzukommen beim Sanieren unserer Straßen.“
Reicht hinten und vorne nicht
„Wir wissen, wo der Schuh drückt, und wir können Prioritäten setzen, aber wir müssen mehr Mittel zur Verfügung gestellt bekommen“, unterstrich Richward Weith mit Nachdruck. Unter dem Applaus der Anwesenden drückte er seine Hoffnung aus, dass der BLHV-Präsident seinen Einfluss geltend mache, damit das von der Regierung in Aussicht gestellte Milliardenpaket zu wesentlichen Teilen bis nach unten zu den Kommunen durchgereicht werde und somit auch den Landwirten zu Gute komme und nicht „irgendwo auf der Bundes- oder der Landesebene hängenbleibt. Das, was wir bislang erhalten, reicht hinten und vorne nicht.“
Bernhard Bolkart betonte, dass ihm die Problematik bekannt sei. Unter anderem äußerte er sich zudem zu den nachstehenden Themen.
Zur geplanten Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro mit Sozialversicherungsabgabe:
„Das lässt sich unmöglich über den Verkaufspreis wieder reinbringen – für unsere Sonderkulturbetriebe wäre das der absolute Todesstoß, wir brauchen in diesem Bereich eine Sonderlösung für die Landwirtschaft.“
Zur Unterstützung der BLHV-Mitglieder in steuerlichen Fragen:
„Die Steuererklärung in der Landwirtschaft ist so komplex, dass man kaum noch Fachleute bekommt. In Achern haben uns jetzt drei Steuerberater verlassen – ein Nachfolger ist gefunden, aber der muss zunächst eine Mannschaft aufbauen und sich einarbeiten.“ Beim Finanzamt könne man als Landwirt in der Regel einen Aufschub beantragen, so der BLHV-Präsident. Wobei die Betriebe immer komplexer geworden seien, inzwischen agierten die wenigsten rein landwirtschaftlich, das mache die Abschlüsse nicht einfacher, „wir müssen in dem Bereich schneller und effektiver werden.“
Zu den Bauernprotesten im vergangenen Jahr:
„So eine Geschlossenheit habe ich noch nie erlebt – mit wegen der Abläufe in landwirtschaftlichen Betrieben bewusst in einer Woche komprimierten Aktionen sind wir massiv auf die Straße gegangen. Wobei es gut war, dass wir auch schon vorher Aktionen gemacht hatten, beispielsweise ging es mit zwei gefüllten Bussen nach Berlin. Wir haben erreicht, dass die Kraftfahrzeugsteuer-Befreiung geblieben ist. Das macht immerhin eine halbe Milliarde aus.“
Zur Novellierung des Bundeswaldgesetzes, die mit dem Bruch der Ampel-Koalition nicht mehr verfolgt wird:
„Förster und Waldbesitzer machen eine super Arbeit – auf dem größten Teil der Fläche haben wir das, was wir brauchen: einen Wald, der klimastabil werden kann. Aber das ist nicht in fünf Jahren getan, ein Waldumbau geht über ein oder zwei Generationen – je nachdem, was an Pflanzenbestand schon da ist.“
Zum Thema Bürokratieabbau:
„Das ist das große Schlagwort geworden. Auf Bürokratie trifft man überall, aber in der Landwirtschaft ist sie in vielen Bereichen wahrscheinlich auf die Spitze getrieben worden. Das muss sich ändern. Die Stoffstrombilanz zum Beispiel ist ein Bürokratiemonster ohne Ende.“ Mit der Stoffstrombilanz sollen Stickstoff- und Phosphor- und damit alle Nährstoffaufnahmen und –abgaben eines landwirtschaftlichen Betriebs ganz genau dokumentiert werden. Mit dem Ziel, einen nachhaltigen und ressourceneffizienteren Umgang mit Nährstoffen sicherzustellen.
Zur regionalen Versorgung durch die Landwirtschaft vor Ort:
„Sie hat vieles während Corona und dem Ukraine-Krieg stabilisiert. Man darf nie vergessen: Die Grundlage einer jeden Demokratie ist, dass jeder genug zu essen auf dem Teller hat!“
Zum Wolf:
„Im Umweltministerium hat man mittlerweile kapiert: Wir können nicht den ganzen Schwarzwald einzäunen – es gibt immer irgendwo ein Schlupfloch, auch wenn der Zaun hoch genug ist. Wir Landwirte im Schwarzwald haben eine Bindung zu unseren Tieren. Wenn ein Wolfsriss passiert, macht das etwas mit der Familie auf dem Hof, das lässt sich nicht mit Geld in Form einer Entschädigung erledigen. Ich lasse meine Tiere nicht auffressen! Wenn die Politik nicht entsprechend reagiert und mir dadurch der Spaß an der Tierhaltung vergeht, stelle ich einen Aufforstungsantrag und Schluss ist mit der Offenhaltung der Landschaft.“
Zur Rückkehr des Bibers:
„Beim Wolf haben wir alle drei Jahre eine Verdoppelung des Bestands. Beim Biber ist es ähnlich. Was der anrichtet, ist eine Katastrophe – er sorgt für eine natürliche Vernässung und Vermoorung von landwirtschaftlichem Eigentum, das dann nicht mehr genutzt werden kann. Bei überschwemmten Flächen gibt es zudem einen massiven Ausstoß von Lachgas und Methan. Bei der Kuh verteufelt man den Gasausstoß, aber bei dem so putzig aussehenden Biber sieht man diesbezüglich weg. Hier fehlt der Mut regulierend einzugreifen.“