Staunend stehen Spaziergänger am Kinzigdamm, wenn der Hundeschlitten an ihnen vorbeiprescht. Acht Huskys ziehen das Gefährt auf vier Rädern im perfekt aufeinander abgestimmten Lauf. Das Gespann erreicht dabei im Training eine Geschwindigkeit von 20 Kilometer pro Stunde. Ganz vorne laufen die Leithunde Hope und Oskar, die auf die gerufenen Kommandos hören, hinten die stärkeren Tiere – Orca und Champer.





Meist an den Wochenenden trifft man den Musher (so wird der Hundeschlittenlenker bezeichnet) und seine sibirischen Huskys auf der Strecke entlang der Kinzig zwischen Steinach und Biberach. Mit dabei auch Sleddog-Partnerin Barbara Carduff, deren Gespann von zwei norwegischen Schlittenhunden gezogen wird.
Hätte die Pandemie nicht alle Pläne durchkreuzt, wären Roland Sum und seine Hunde seit Weihnachten in den Bergen Europas unterwegs, wo alljährlich die großen Schlittenhunderennen stattfinden. An hunderten hat Sum in den letzten 10 Jahren teilgenommen und dabei oft auf dem »Siegertreppchen« gestanden. Seine Erfolgsbilanz ist dementsprechend eindrucksvoll: Unter anderem mehrfacher Deutscher Meister, Europameister und drei Mal in Folge Schweizer Cup-Sieger.
Kondition, Kontrolle und Disziplin
Die Erfolge hat Roland Sum, der in seinem Beruf als Bergmann unter Tage stark gefordert ist, mit Leidenschaft und viel Engagement erarbeitet. Denn bei den so genannten Sprint-Rennen muss eine Strecke von bis zu 20 Kilometer bewältigt werden. Für Mensch und Tier eine besondere »Challenge«, betont Sum. Zudem ein Ereignis, dem jeder Musher entgegen fiebert und für das er mit seinem Team ganzjährig trainiert.
»Mensch und Hund brauchen Kondition«, erklärt Roland Sum. Darüber hinaus sei das Zusammenwirken von Mensch und Tier sehr wichtig: »Es ist viel Kontrolle und Disziplin nötig, denn die Tiere müssen beim Laufen zusammenpassen und lernen sich in einem Tempo zu bewegen.« Dem Musher kommt dabei die Rolle des Rudelführers zu.
Die Siberian Huskys – einst die treuen Begleiter bei den sibirischen Nomadenvölkern – gelten als intelligent und aufmerksam, zugleich als temperamentvoll und ausdauernd. Ausgewachsenen Tiere haben ein Gewicht von 20 bis 25 Kilogramm und sind auffallend schlank und drahtig. »Es sind perfekte Sportler«, lobt Sum sein Sleddog-Team, das er je nach Tagesform der Vierbeiner unterschiedlich zusammenstellt: Mal sind Master und Pollux die Leittiere, mal Chip oder Bumblebee.
Rennen aus Leidenschaft
Ein Musher kennt seine Vierbeiner genauestens, muss sie pflegen und ihnen viel Zuwendung geben. Auch wenn nicht gelaufen wird, brauchen die Tiere Beschäftigung und einen festen Zeitplan. Tausende von Stunden dauert es, bis sich die Hunde aneinander gewöhnt haben, das Zuggeschirr wie selbstverständlich tragen und auch auf die Begegnung mit Spaziergängern oder Fahrzeugen auf der Strecke eingestellt sind.
Das könne schon mal brenzlig werden, wenn jemand plötzlich im Weg stehe, meint Babs Carduff; auch sie eine begeisterte und erfolgreiche Sleddog-Musherin (Cup-Siegerin und Schweizer Meisterin). Mit ihren norwegischen Schlittenhunden hat sie zwei »Top-Athleten« in puncto Kraft und Schnelligkeit. Der Greyster wird seit Mitte der 1980er Jahre in Norwegen speziell für den Schlittenhundesport gezüchtet und erinnert entfernt an einen Windhund. Mit seinem harmonischen Körperbau eine geradezu majestätische Erscheinung. Er rennt aus Leidenschaft und liebt die Zugarbeit. Da brauche es weder Druck noch Peitsche, versichert Babs. Die Hunde sind sensibel und haben eine gute Auffassung. Damit lasse sich gut und ausdauernd trainieren.
Als super eingespieltes Sleddog-Team wieder ein internationales Sprint-Rennen bestreiten zu können, ist für die beiden Musher ein großer Zukunftswunsch. Froh und dankbar sei man über die Hilfe verschiedener Unterstützer und Sponsoren, sagt Roland Sum. »Sie machen es erst möglich, draußen in der Natur Sport zu treiben mit den besten Hunden als Partner«. – Auch auf dem »Trail« über den Kinzigdamm.
Info: Beitrag im SWR-Fernsehen
Auch das SWR-Fernsehen war im Kinzigtal vor Ort und wird über die beiden Hundeschlitten-Fahrer Roland Sum und Babs Carduff und ihre Hunde berichten. Der Beitrag von SWR-Redakteurin Sonja Schrecklein ist am Dienstag, 2. Februar 2021, in der Landesschau zu sehen.