Der Schwarzwälder Drehorgeltag fand zum vierten Mal am Fürstenberger Hof statt. Die Besucher erlebten ein unterhaltsames und interessantes Programm und eine tolle Atmosphäre.






„Wir sind aus Waldkirch mit einer ganzen Menge an Drehorgeln angereist, weil wir eine ganz besondere Verbindung zu Unterharmersbach haben.“ Der Moderator, der am vergangenen Sonntag auf diese Weise das Publikum am Fürstenberger Hof begrüßte, heißt Bernd Wintermantel und ist ein direkter Nachfahre des Ignaz Blasius Bruder (1780 – 1845), dem weltweit bekannten Drehorgel- Erfinder.
Jener begnadete und zudem auch musisch hoch begabte Tüftler wurde in Unterharmersbach geboren. Er ging auf Wanderschaft, ließ sich schließlich mit seiner Drehorgelwerkstatt in Waldkirch nieder und gründete dank seiner vielköpfigen Kinderschar eine Orgelbauer-Dynastie. Deren letzte Werkstatt schloss 1941, doch noch heute werden in Waldkirch Orgeln gebaut.
Dafür sorgt der international aktive Waldkircher Orgelbaumeister Wolfgang Brommer. Gemeinsam mit elf weiteren weiblichen und männlichen Waldkircher Drehorgelfreunden ist er einer Einladung der Museumsfreunde des Unterharmersbacher Fürstenberger Hofs gefolgt, eingefädelt von Museumsleiter Hans-Peter Wagner.
Seit „13 oder 14“ Jahren sind die beiden Männer freundschaftlich verbunden. Und zum vierten Mal nun schon fand am Fürstenberger Hof der Schwarz wälder Drehorgeltag statt. „Der Ort hier ist uns heilig“, lacht Orgelbaumeister Wolfgang Brommer. Und meint es tief ernst. Die Instrumente, die seine Kameraden auf der Wiese hinter dem Heimatmuseum Fürstenberger Hof aufgebaut haben, hat die Waldkircher Orgelstiftung e.V. für das Ereignis zur Verfügung gestellt.
„Das ist original Unterharmersbacher Handwerkskunst, weltweit einmalig“, zeigt Wolfgang Brommer auf eine Drehorgel mit beweglichen Figürchen, die Ignaz Bruder 1840 und damit wenige Jahre vor seinem Tode gebaut hatte. Bis auf wenige restauratorische Eingriffe befindet sie sich noch im Originalzustand. Rund eine Dekade zuvor, 1829, war Ignaz Bruder das Kunststück gelungen, die weltweit erste Drehorgel zu bauen, deren Figürchen sich im Takt zur Musik drehen. „Bewegte Figurenbühne“ nennt man das, und es handelte sich um „absolute Einzelstücke“, um seltene Unikate.
Muskelkraft oder Dampf
Insgesamt zehn kleine Drehorgeln reihten die Waldkircher auf der Museumswiese auf. Und dazu: eine große – für einstige Verhältnisse allerdings eher kleine (und heutzutage motorgetriebene) – Jahrmarktorgel. Wobei bei Jahrmarktorgeln in punkto Kampf ums Publikum galt: Je lauter, desto besser. Teils wurden sie in Karussells eingebaut, entweder von Dampf betrieben oder von Hand gedreht. War die Lochkarte entsprechend lang, konnte eine solche Orgel bis zu zwei Stunden am Stück spielen – oder auch endlos.
Dem Aufbau der Instrumente am Fürstenberger Hof vorangegangen war ein kleiner Wetter-Krimi. Denn: Bei Regen sollte die Veranstaltung ausfallen. Mit Vertrauen auf den Wetterbericht hatte man sich gegen eine Absage entschieden, doch eine Dreiviertelstunde vor dem geplanten Veranstaltungsbeginn um elf Uhr ging ein langer Wolkenbruch nieder.
Zwar hörte der halbwegs rechtzeitig wieder auf, für eine viertelstündige Verspätung der Vorbereitungsarbeiten sorgte er dennoch. Kaum aber tauchten die ersten Zuschauer auf – eine große Gruppe von Familien mit vielen Kindern – legte einer der „Leierkastenmänner“ auch schon los. Gekonnt gleichmäßig drehte er die Kurbel, die einsetzende Melodie eines Heimatliedes im Orgelsound sorgte für Faszination bei Groß und Klein.
Neben dem charakteristischen und doch so unterschiedlichen Klang der einzelnen Instrumente bekamen die Zuschauer viel Interessantes zu hören: Auf anschauliche und immer wieder auch heitere Weise vermittelte Moderator Bernd Wintermantel Wissenswertes zu Geschichte und Technik der einstmals als „High-Tech“ geltenden Drehorgeln, „Waldkirch war sozusagen das frühere Silicon Valley.“
Zudem demonstrierte die Waldkircher Familie Reich in Wort und Bild und herrlich schräg, wie von Ort zu Ort ziehende Bänkelsänger dereinst die Drehorgel als musikalische Unterstützung nutzten, um bestimmte Vorfälle – vorzugsweise „Moritaten“ – in Form von lustigen Liedern weiterzutragen: „Das war die frühere Bildzeitung.“ Aber auch im Brauchtum wurde häufig zur Drehorgel gesungen. Heimat-, Volks- und Kinderlieder kamen dann zum Tragen.
Mit dem Verlauf des Drehorgelfestes zeigte sich Museumsleiter Hans-Peter Wagner „voll zufrieden“ – und rief im Namen der Drehorgelfreunde Waldkirch dazu auf, deren Orgelstadt zu besuchen. Hier kann man bei einer Führung beispielsweise Instrumente besichtigen, die niemals für die Straße gebaut wurden, sondern für Salons und reiche Leute oder auch für Gasthäuser, die sich diese Technik leisten konnten.
Für das leibliche Wohl während des Schwarzwälder Drehorgeltages sorgten die Museumsfreunde des Fürstenberger Hofs, an liebevoll mit Blumen geschmückten Tischen, unter lauschigen Bäumen.
Bereits um 14 Uhr waren alle Plätze voll belegt und es mussten neue Bänke und Tische aufgestellt werden. Die Begeisterung der Gäste, die Zahl der Besucher und auch die Vorführungen machten das Drehorgelfest 2023 zu einem schönen Erfolg.