Die Gedenkfeier in der Schwarzwaldhalle wurde gestaltet von der Bürgerwehr, der Feuerwehr, der Musikkapelle und dem Männergesangverein. Ortsvorsteher Ludwig Schütze hielt die Ansprache.
Seine Rede stellte Ortsvorsteher Schütze unter das Thema »Volkstrauertag im Umgang mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine«. Traditionell sei der Volkstrauertag ein Tag des stillen Gedenkens an alle Opfer von Krieg und Gewalt, begann Schütze.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in der Ukraine sei es heute auch ein Tag der Empörung und Entrüstung über diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Er zitierte Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Walter Steinmeier, die in ihren Reden in letzter Zeit von einer »Zeitenwende« und »Epochenwende in der Geschichte« seit dem Überfall auf die Ukraine gesprochen haben. Er bestätigte die Einschätzung der beiden Politiker und nannte stellvertretend für all die Gräuel des Krieges das Massaker von Butscha: Insgesamt wurden dort 458 Leichen gefunden, von denen 419 Anzeichen dafür trugen, dass sie erschossen oder gefoltert wurden.
Über 100 ukrainische Flüchtlinge leben in Zell
»Durch die Ankunft ukrainischer Flüchtlinge ist der Krieg auch bei uns in Unterharmersbach angekommen«, erklärte Schütze. Insgesamt leben über 100 ukrainische Flüchtlinge in Zell, davon die meisten in Unterharmersbach. Ukrainische Kinder besuchen die Schule und den Kindergarten.
Besonders berührt habe Schütze der Besuch bei Herrn Su Song Lin anlässlich seines 80-jährigen Geburtstages in der Flüchtlingsunterkunft »Eckwaldblick«. Herr Su hat chinesische Wurzeln und musste als 16-jähriger mit seiner ukrainischen Mutter während der Kulturrevolution vor den Maoisten aus China in die Ukraine fliehen. Herr Su und seine Frau stammen aus Donezk in der Ukraine. Donezk liegt im Donbass. Der Donbass ist von Russland annektiert und von russischen Truppen besetzt. Herr Su und seine Frau sind vor der Besetzung im September 2022 geflohen und kamen so mit ganz wenig Hab und Gut nach Unterharmersbach.
Wieder zitierte Ludwig Schütze den Bundespräsidenten Steinmeier, der erklärt hat, dass »diese Krise verlangt, dass wir wieder lernen, uns zu bescheiden«. Doch im Vergleich zum Schicksal der Familie Su, der Millionen Flüchtlinge, zum Schicksal der 6.430 Todesopfer in der ukrainischen Zivilbevölkerung – darunter 400 Kinder – und zum Schicksal zigtausender gefallener und verwundeter Soldaten auf beiden Seiten des Krieges »ist es ein bescheidenes Opfer, was wir zu tragen haben«, betonte Schütze.
Auf unsere freiheitliche Demokratie vertrauen
Am Ende seiner Rede rief er dazu auf, uns nicht durch Fake-News, Demagogen und Verschwörungstheroretikern verunsichern zu lassen, sondern auf unsere Werte, auf unsere Verfassung, auf unsere freiheitliche Demokratie zu vertrauen. »Diese gilt es zu verteidigen! Nach innen und außen«
Zu Beginn der Gedenkfeier spielte die Musikapelle unter Leitung von Patrick Friedmann zwei Choräle. Der Männergesangverein trug unter Leitung von Thomas Dreher das Lied »Von guten Mächten wunderbar geborgen« vor. Nach zweijähriger Corona-Pause wurde der Auftritt des Chores erstmals wieder möglich und mit viel Aufmerksamkeit bedacht.
Nach der Feier in der Halle erfolgte die Aufstellung von Bürgerwehr, Musikkapelle, Feuerwehr und Ortschaftsrat beim Kriegerdenkmal vor der Schwarzwaldhalle. Die Bürgerwehr präsentiert und ehrt alle Kriegstoten und die Musikkapelle spielte nochmals das Lied »vom guten Kameraden«. Mit der Ehrensalve der Bürgerwehr endete die würdige Gedenkfeier.