»Ich mach die Landwirtschaft arg gern – aber auch, wenn mir jemand viele Tausend Euro geben würde, ich würde es nicht wieder rückgängig machen wollen«: Klaus Waidele und seine Frau Simone sind heilfroh über ihre Umstellung auf die Berufsimkerei.
Nun hat sie wieder angefangen: Die Zeit, in der Klaus Waidele mit dem immer früher einsetzenden ersten Morgenlicht draußen bei seinen Bienenständen ist.
Fünfzehn bis sechzehn Stunden währt für ihn ein Arbeitstag, sommers wie winters, »obwohl viele meinen, wenn die Bienenflugsaison vorbei ist, hätten wir Freizeit.« Seit elf Jahren geht das so. Zuvor hatte der heute 57-Jährige nicht weniger gearbeitet, beileibe nicht. Und doch sah sein Leben anders aus. Da war der heutige Imkermeister im Hauptberuf als staatlich geprüfter Wirtschafter im Land- und Waldbau zugange. Und half im Nebenerwerb seiner Frau den von seinen Eltern übernommenen Hof zu bewirtschaften. Sieben Hektar klein, doch mit großem Einsatz verbunden.
»Die Hälfte davon war Ackerbau, Kartoffeln und Dickrüben zum Beispiel«, auf der restlichen Fläche sowie auf fünf hinzugepachteten Hektar wurde vor allem Mais angebaut. In den Ställen standen 22 Milchkühe, zwölf Mutterschweine – und seit einem halben Jahrhundert der Gemeinde-Eber, der die Schweine der umliegenden Höfe zu decken hatte. Bis es sich durchsetzte, dass der Tierarzt die Besamung vornahm.
»Als dann die dritte Tochter zur Welt gekommen ist, habe ich irgendwann gesagt: Ich schaffe das nicht mehr alleine«, erzählt Simone Waidele. Ihr Mann reduzierte seinen Hauptberuf auf Teilzeit und baute gleichzeitig die Imkerei aus. Mit seinem Vater hatte er – parallel zur Vieh- und Landwirtschaft – »schon immer eine relativ große Imkerei mit 150 bis 200 Bienenvölkern.« Einen eigenen Bienenstock betreuen durfte er bereits mit dem vierten Lebensjahr.
Wider das Milchpreisdilemma
Doch auch so konnte es nicht weitergehen. Denn dem Ehepaar war damals schon klar, dass irgendwann das Milchkontingent fallen würde, und damit auch der Milchpreis. »Und es hatte auch damals schon angefangen zu bröckeln und weniger Milchgeld zu geben«, erinnern sich die beiden nur zu gut. In der Haushaltskasse wurde es eng, zu eng. Im Spätjahr 2005 fassten die Waideles dann den Entschluss, nur ein halbes Jahr später war es so weit: Zum 1. April waren alle Tiere vom Hof, das hinzu gepachtete Ackerland abgetreten und das eigene an den Nachbarn verpachtet.
Die Umbauarbeiten jedoch haben fünf Jahre in Anspruch genommen. »Eigentlich sind wir immer am Umbauen«, lachen die beiden Berufsimker. Was auf dem im Jahre 1681 erbauten Hof allemal Tradition ist. Denn über dem scheint ein Schutzengel zu wachen: »Er ist nie abgebrannt, nur immer wieder umgebaut worden«, klopfen die Hofeigentümer auf Holz.
Aus Kostengründen wird alles möglichst in Eigenregie gemacht. Sauwohl kann Mensch sich inzwischen im ehemaligen Schweinestall fühlen, dem »Honigstüble« genannten Schauraum der Imkerei: Wo einst bis zu 70 Ferkel wuselten, duftet es nach allerlei Produkten aus Honig und Bienenwachs. Landfrauen-, Imker- und sonstige Vereine können hier während einer der Führungen rasten, kosten und sich informieren. Auch für Schulklassen steht die Imkerei offen – für die gibt es einen eigenen Seminarraum in dem ehemaligen kleinen Stall im Haupthaus, der einstmals elf Kühen Platz bot. Wo heutzutage Kinder Wissenswertes über das nützliche Tun der Bienen erfahren, stellt Klaus Waidele in einem abgetrennten Räumchen zudem seine Bienenwachskerzen her.
Um die Zahl der Milchkühe verdoppeln zu können, wurde die Herde in ein anderes Gebäude umgesiedelt. Und so befand sich direkt neben dem heutigen Honigstüble dereinst der vergrößerte Kuhstall. Der wird heutzutage als Lager für mit Honig gefüllte Fässer genutzt, deren Befüllung einen Raum weiter erfolgt, im ehemaligen Futtergang. Von sonnig gelben Wänden umgeben stehen hier unter anderem zwei umgebaute Milchtanks. Einer von ihnen nimmt den Honig auf, der aus dem darüberliegenden Schleuderraum hier unten durch ein Klärbecken läuft, auf diese Weise beispielsweise von Wabenresten befreit wird.
Aus alt mach neu
Den zweiten Milchtank hat Klaus Waidele mit einem Rührwerk versehen, kann in dem riesigen Gefäß nun bis zu 600 Kilogramm Cremehonig herstellen. Indem er den verflüssigten Honig drei Mal am Tag fünf Minuten lang rührt, bei vier Umdrehungen pro Minute, das verhindert das Kristallisieren mit dem typischen Hartwerden des Honigs.
Das vorherige Schleudern erfolgt schon längst nicht mehr manuell – wenngleich die alte Handschleuder noch im Kinder-Ferienprogramm zum Einsatz kommt – sondern automatisch. Eine entsprechende Maschine ist auf der früheren Heubühne in einem eigenhändig im Stecksystem gebauten, wärme-isolierten Raum untergebracht. Die große handwerkliche Begabung des Berufsimkers zeigt sich hier in einem weiteren Detail. Denn ein selbst konstruierter und gebauter Mini-Kran sorgt dafür, dass die schweren hölzernen Wabenmagazine nicht mehr von Hand gehoben werden müssen.
»Ich kann Schreinerarbeiten machen, schweißen, Motoren reparieren, ich kann alle Arbeiten machen«, lächelt Klaus Waidele mit leisem Stolz. Und zeigt, wie er – ganz unspektakulär – im Winter neben der dann ruhenden Schleuder sitzt, um auf in dünne Holzrahmen gespannte Drähte selbst hergestellte Wabenplatten zu löten.
4000 dieser sogenannten Mittelwände hat er dieses Jahr hergestellt, sie in 400 Magazine eingesetzt. In weiteren 300 bis 500 Magazinen »sitzen noch Bienen drin.« Magazine mit von den fleißigen Insekten bereits ausgebauten, aber noch nicht bebrüteten Waben wiederum lagern in einem ehemaligen Maissilo, das der Tüftler zum Schutz vor der gefräßigen Wachsmotte zu einem Kühlraum umfunktioniert hat: »Das erspart uns das Abtöten der Motte mit Flüssigschwefel.«
Wenn er ab dem Frühjahr mit seinen Immen bis in die Rheinebene auf Wanderschaft geht, profitiert der Allroundmann, der seine Königinnen selbstverständlich selbst züchtet, auf besondere Weise von seinem Erfindungsreichtum: Denn er hat einen ausgedienten Sitzrasenmäher zu einem Mini-Gabelstapler mit speziellem Halte-Arm umgebaut, mit dem er bis zu vier Völker auf einmal verladen kann. Früher hingegen musste er jeden einzelnen der bis zu 100 Kilo schweren Bienenkästen von Hand wuchten – eine stundenlange Arbeit, die dank seines Geräts jetzt innerhalb von 35 bis 40 Minuten erledigt ist.
Seuchen im Blick
Das Wandern ist für die Berufsimker unerlässlich: »Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, kann man nicht Standimker sein wie ein kleiner Hobby-Imker«, erklärt Simone Waidele. In ihrem »ersten« Leben war sie gelernte Friseurin und Kosmetikerin, mit Weiterbildung in Nageldesign, Lymphdrainage und medizinischer Fußpflege. Doch hier oben auf dem über dem Tal gelegenen Hof hat sie ihre Bestimmung gefunden.
Weil die Bienen tagsüber fliegen, ist das Wandern, das heißt das Umherfahren der Bienenvölker, nur des nachts möglich. Teils zur Blütentracht in der Rheinebene geht es dann, teils zur Rapstracht im Schwarzwald oben auf der Baar. »Dann guckt man weiter: Wie sieht´s aus?«, erklären die beiden Umtriebigen: »Kommt die Akazie, kommt die Linde oder ist der Wald interessanter?« Wobei es ein Gesundheitszeugnis an den Bienenvölkern anzubringen gilt. Denn die müssen im Vorfeld auf die bösartige Faulbrut untersucht werden. Und zwar von Bienensachverständigen, wie auch Klaus Waidele einer ist: »Wir sind in Freiburg vom Tiefhygienischen Institut als Seuchenwart geschult worden.«