»Wir wollen den neuen Entersbacher Ortsteilführer und den Wanderweg in den Fokus rücken, das heißt, den beschilderten Rundgang durchs und ums Dorf«, hoffen Josef Pfaff und Horst Feuer auf ein künftig gesteigertes Interesse.





Josef Pfaff ist Vorsitzender des Fördervereins »Schönes Entersbach e.V«. Dieser wurde anno 1996 von dem damaligen Ortsvorsteher und heutigen »einfachen Vorstandsmitglied« Horst Feuer initiiert – zwecks Förderung und Erhalt von öffentlichen kulturellen Einrichtungen und Baudenkmälern sowie zwecks Erhalt und Unterstützung örtlichen Brauchtums.
»Wir machen vieles, um das dörfliche und kulturelle Miteinander zu unterstützen«, betonen die beiden Vereinsmänner. Das jüngste Projekt bestand darin, im vergangenen Sommer eine zweieinhalb Kilometer lange »Dorfrunde« sowie einen rund acht Kilometer langen Wanderweg mit insgesamt 18 historisch interessanten Stationen zu beschildern und in einer Broschüre zu beschreiben. Die Zielgruppe: sowohl Einheimische als auch Fremde.
»Dafür haben wir in diesem Jahr insgesamt etwa 5.000 Euro ausgegeben«, erzählen Josef Pfaff und Horst Feuer. Doch zu ihrem Bedauern müssen sie feststellen: »Wirklich ins Bewusstsein der Bevölkerung und damit auch der Besucher des Ortes sind die beiden Wege noch nicht gerückt.«
In purer Dorf- und Landschaftsidylle führen diese an markanten Punkten vorbei, für deren »Sehenswürdigkeit« der Verein das Bewusstsein schärfen, sie aus der Selbstverständlichkeit des Alltags herausheben will. Mit dem Ziel, mithilfe von neu angebrachten Infotafeln historisches Wissen nicht nur zu vermitteln, sondern auch zu erhalten. Wissen zum ehemaligen Rathaus, das heutzutage unter anderem als Dorfgemeinschaftshaus genutzt wird. Wissen über das Gasthaus »Zum Pflug«, dem gleichzeitig letzten Hotel des Ortes. Oder Wissenswertes beispielsweise zu zwei alten Leibgedinghäusern (»Liblig«, andernorts vielfach »Libding« genannt), zum Dorfmittelpunkt mit Nikolausbrunnen, Kriegerdenkmal und Niko lauskirche, ebenso wie zum alten Schulhaus, zur Vesperstube »Schwarz-Weber’s«, alten Bauernhäusern sowie den früher als Wasch-, Brenn- und Backhäuser genutzten »Bachkuchinen«.
Ursprünglich Schluss bei der Gehrmatt
Nach dem Start am alten Rathaus führt besagte Dorfrunde mit ihren zwölf Stationen im Wesentlichen am Dorfbach entlang und schließlich über eine kleine Holzbrücke namens »Europabrücke« – warum sie so heißt, hat der Verein bislang nicht herausfinden können. Auf der Walderholungsanlage Gehrmatt dann hätte der – vom Förderverein mit blauen Wegweisern bestückte – Dorfweg nach Horst Feuers ursprünglichem Vorhaben enden sollen.
Vereinsmitstreiter Josef Pfaff jedoch ist ein ausgesprochener Wanderfreund. Und als solcher regte er einen Wanderweg rund um Entersbach an. Grün ausgeschildert führt dieser ab der Gehrmatt als erstes zur Friedenskapelle mit ihrem fantastischen Ausblick hinunter ins Harmersbach- und Kinzigtal. Von dort geht es durch den Wald zunächst in Richtung Steinach, dann aber am alten E-Werk vorbei Richtung Stöcken, zum Landgasthof Rebstock.
»Außenstationen«
Dieser stellt eine der drei historischen Entersbacher »Außenstationen« dar, die einzubinden Josef Pfaff wichtig war, fungierten die Rebstock-Wirte doch vom Jahre 1774 an sechs Dekaden lang als Posthalter der Reichsstadt Zell. Von hier aus führt der Weg den Wanderer Richtung Biberach, zum früheren Standort der »Spitzmühle« als mutmaßlichem Ort der Ersterwähnung Unterentersbachs in den Gengenbacher Klosterannalen anno 1075.
Als dritte »Außenstation« schließlich passiert man die ehemalige Papierfabrik, die ab dem Jahre 1580 über fast vier Jahrhunderte hinweg in Betrieb war, am Harmersbach zwischen Biberach und Zell gelegen. Am Zeller Galgenfeld – dem Hinrichtungsplatz der ehemaligen Reichsstadt – und schließlich dem ehemaligen Rittergut Gröbernhof vorbei geht es zurück nach Unterentersbach.
Die Beschilderung des Dorf- und des Wanderweges sowie das Aufstellen der Infotafeln lag in den Händen von Josef Pfaff und weiteren Vereinsmitgliedern, »aber um das Schriftliche hat sich der Horst gekümmert.« Dieser Arbeit des Hobby-Historikers gingen umfangreiche Recherchen voraus – auch in Form vieler Gespräche mit Einheimischen, vor allem mit den Besitzern der jeweiligen Gebäude.
Nichts verloren gehen lassen
»Von den Dingen, die jetzt auf den vom Verein aufgestellten Infotafeln stehen, würde andernfalls in zehn Jahren keiner mehr etwas wissen«, ist sich der pensionierte Lehrer sicher, »auf den Schildern steht vieles, was die Entersbacher selbst schon jetzt entweder nicht oder nicht mehr wissen – einfach, weil die Generation, die dieses historische Wissen hatte, mittlerweile weggestorben ist.« Dass sich im alten Rathaus dereinst eine Schule befand, »das weiß ja schon bald keiner mehr«, führt er als ein Beispiel von vielen an, »das sind alles Dinge, die verloren gehen oder die heutzutage nur noch die wenigsten wissen.«
Auch er selbst habe bei der Recherche manches erfahren, was ihm vorher nicht bekannt gewesen sei, betont Horst Feuer. Dazu gehört beispielsweise die Erkenntnis, dass sich im Garten des Gasthauses und Landhotels »Zum Pflug« früher das Feuerwehrgerätehaus befand, der sogenannte Brandschuppen.
Bei dem 1810 erbauten Hof des Jockelesbur wiederum fing das Recherchieren schon in Bezug auf die Schreibweise des Namens an. »Da kann man streiten, ob er zum Beispiel mit »gg« oder aber mit »ck« geschrieben wird, die ganze Familie war sich da uneins«, erinnert sich der Geschichtsinteressierte, »bis hin zu Heinrich Hansjakob hab’ ich wegen der Schreibweise recherchiert.«
Dabei fand er heraus, dass der aus Haslach stammende badische Heimatschriftsteller (1837-1916) den Jockelesbur in »Bauernblut« erwähnt hat. In diesem Band mit Erzählungen aus dem Schwarzwald ist zu lesen, dass der damalige Besitzer des Jockeleshofs zur Zeit der 1848er-Revolution zugleich Entersbachs Bürgermeister war. Kraft seines Amtes holte er die zum Militärdienst eingezogenen jungen Entersbacher Burschen aus dem Feldlager bei Offenburg wieder heim. Er werde doch seine »Bube« nicht totschießen lassen, »so ähnlich hat er das gesagt«, schmunzelt Horst Feuer.
Jetzt eigener Orts- und Wegführer
Für eine zusammenfassende Beschreibung sowohl des Unterentersbacher Dorfweges als auch des Wanderweges hat der – im Übrigen stets auf neue Mitglieder hoffende – Förderverein »Schönes Entersbach« überdies eine 17-seitige Broschüre erstellt. Kostenlos erhältlich ist sie beispielsweise in der Zeller Touristeninfo oder im Unterentersbacher »Zum Pflug« – in einer an das Design des Zeller Stadtführers angelehnten Aufmachung.
»Im alten Zeller Stadtführer war Unterentersbach zwar aufgeführt – aber ganz hinten und mit nur zwei Seiten«, erklären Josef Pfaff und Horst Feuer die Motivation des Vereins, einen eigenen Ortsteilführer in aller Umfänglichkeit zu erstellen. Als eine Art komprimiertes Geschichtsbüchlein zur Bewahrung historischer Begebenheiten könne man ihn betrachten. Keinesfalls aber ersetzt er das Erwandern der beiden Wege – weder vom eigenen Erleben noch vom Umfang dessen her, was sich an hoch Interessantem erfahren lässt.