Große Trockenheit und starker Regen – zwei Extreme, die nur scheinbar nicht zusammen passen. Beide Wetterphänomene treten vermehrt auf. Wie ist es um den Hochwasser-Schutz am Entersbacher Dorfbach bestellt? Antworten versuchte die Ortschaftsratssitzung am Samstagnachmittag zu geben.



Am vergangen Samstag fanden sich rund ein Dutzend – zumeist betroffener – Bürger im Dorfgemeinschaftshaus ein, um sich erst dort und dann bei einer Begehung entlang des Dorfbachs über mögliche Objektschutzmaßnahmen zu informieren. Bereits Ende Januar wurde an gleicher Stelle über den Dorfbach und das Hochwasser gesprochen (wir berichteten). Damals vor vollen Zuschauerbänken.
Insbesondere Starkregen-Ereignisse sind für Unterentersbach in der Vergangenheit immer wieder problematisch gewesen. Warum das so ist, legte Experte Joachim Corbe vom Büro Wald & Corbe zunächst nochmals anhand der durchgeführten Flussgebietsuntersuchung in aller Kürze dar.
Die Problematik bei Starkregen-Ereignissen liegt in den hohen Spitzen, bei lang andauerndem Regen in der großen Fülle, erläuterte Corbe. In Zahlen ausgedrückt: Bei einem hundertjährigen Hochwasser fließen in der Unterentersbacher Dorfmitte rund 18 Kubikmeter pro Sekunde den Bach hinunter. Bewältigen kann er weniger als 5,5 Kubikmeter pro Sekunde. Bereits bei einem zehnjährigen Hochwasser ist der Bach überlastet.
Wie schon bei der ersten Vorstellung im Januar dargelegt, kommt der Bau eines Hochwasserrückhaltebecken oberhalb der Europa-Brücke nicht infrage. Damit es die geforderten 108.000 Kubikmeter Wasser zurückhalten kann, müsste es einen Damm von mindestens zwölf Metern Höhe haben (Vergleich Rückhaltebecken Steinach: ca. 6 Meter). Bei geschätzte Baukosten von 4,2 Millionen Euro würde es dennoch keinen vollumfänglichen Schutz bieten. In der unteren Hälfte des Orts müssten trotzdem zusätzliche Objektschutzmaßnahmen getroffen werden, da durch das Becken lediglich zwei Drittel der Wassermenge bei extremen Hochwasserspitzen zurückgehalten werden könnten.
Was also tun? Eine prinzipielle Möglichkeit zur Verbesserung der Situation ist es, das Gewässer, wo es möglich ist, zu verbreiten. Vorlandabgrabungen, Aufweitungen und Flutmulden – flankiert von Dämmen und Mauern – werden in zahlreichen anderen Gemeinden umgesetzt, wie Corbe anhand von Praxisbeispielen zeigte. Der Einsatz von mobilen Hochwasser-Schutzwänden ist ebenfalls vielerorts ein probates Mittel. Er ist jedoch nicht ganz unproblematisch, da die Gefährdungslage rechtzeitig und richtig eingeschätzt werden muss, um den Schutz aufbauen zu können. Mit zahlreichen Bildern zeigte der Experte dann im Bild den individuellen Objektschutz. Wie man Kellerabgänge und Lichtschächte sichern kann, Fenstern, Türe, Eingänge, Einfahrten und Garagenabfahrten. Corbe erinnerte daran, bei aktuellen Planungen den Hochwasserschutz stets im Auge zu behalten, zum Beispiel indem Fenster so hoch gesetzt werden, dass Hochwasser nicht hineinlaufen kann. Lagerflächen am Bach sollten vermieden werden, damit Abgeschwemmtes im Hochwasserfall nicht zu einer Verstopfung des Bachbetts führt. An bestehenden Gebäuden können Sperrputz angebracht und Rückschlagklappen installiert werden.
Nach dieser Einführung ging es nach draußen. Schließlich liegt das, worüber gesprochen wurde, fast direkt vor der Tür. An konkreten Beispielen konnte der Experte erklären, wo Hochwasser leichtes Spiel hat und wie man dagegen angehen kann.
Info
Was ist eine Flussgebietsuntersuchung?
Eine Flussgebietsuntersuchung besteht aus zwei Elementen: einem hydrologischen und einem hydraulischen Modell. Während das hydrologische Modell zeigt, wie viel Wasser abfließt, zeigt das hydraulische Modell die Wasserstände an und dadurch auf, welche Schwachstellen vorhanden sind.
Das Ziel:
Lösungsmöglichkeiten vergleichen und Hochwasserschutzmaßnahmen optimieren. Dafür werden abgelaufene Hochwässer nachgerechnet, um Prognosen erstellen zu können.