Am 5. März 1941 wird im beschaulichen Oberentersbach ein Mann verhaftet und ins Offenburger Gerichtsgefängnis eingeliefert. »Schutzhaft wegen Verbrechen nach § 5 des Sonderstrafrechts im Kriege« lautet die Anklage der Oberstaatsanwaltschaft. Was war geschehen, was war da los in Oberentersbach?
Zwei Brüder, einer davon »politischer Leiter«, hatten Anzeige bei der Gendarmerie in Zell gegen einen Einwohner erstattet und waren am 4. März im Rathaus in Oberentersbach von der angereisten Gestapo zur Sache vernommen worden. Beide sagten aus, dass der Beschuldigte ein Gegner des nationalsozialistischen Staates sei, der wiederholt abfällige Bemerkungen über den Führer Adolf Hitler und die Kriegslage gemacht habe.
Beispielsweise: Der Führer ist schuld am Krieg, diesmal verlieren wir den Krieg, da haben sie sich schwer verrechnet mit England! Oder auch: Der Führer und die anderen werden alle aufgehängt, wenn der Krieg verloren geht. Wenn die weg sind, dann werden die anderen kommen und werden die Gerechtigkeit bringen.
Vorgemerkt!
Der eine der Brüder hatte den Eindruck, dass dann diejenigen kommen, die es sind, zu denen der Beschuldigte sich zählt. Ob dieser aber einer Organisation angehört, wisse er nicht.
An einem Sonntag im Dezember 1940 soll der Beschuldigte auch gesagt haben, dass die Italiener nächstes Jahr nicht mehr in Afrika seien und die Amerikaner in Südafrika Flugzeugfabriken gebaut hätten, wo sie täglich 2.000 Flugzeuge fertigten. Als ihm vorgehalten wurde, dass er früher auch den Krieg gegen Frankreich als verloren prophezeit hatte, erwiderte er, dass wir den Krieg doch noch verlören und die Deutschen auch nicht nach England kämen.
Bei einem, von den beiden benannten weiteren Zeugen, habe er auch geäußert, dass die politischen Leiter und Amtsträger »vorgemerkt« wären! Er habe durch all diese Äußerungen die Leute im Tal aufgehetzt, denn er habe oft solche Reden geführt. Die Brüder ärgerten sich darüber und sähen auch eine Gefahr.
Man weiß es nicht
Auch zum Beschuldigten selbst erfahren wir einiges: Er kam erst im Februar 1940 nach Oberentersbach, ist angeblich Schlosser und war zuerst zwei bis drei Monate bei dem Vater der Brüder auf dem Hof. Aber er kam nicht überein, hat sich nicht vertragen und wollte sich nichts sagen lassen. Er »haust« nun bei einem benachbarten Bauern, bei dem er eine Waschküche gemietet hat, wo er in einem darüber liegenden Raum in »primitivsten Verhältnissen« lebt.
Wovon er eigentlich lebt, wäre nicht ersichtlich, er habe sich schon mit dem Bau von Turbinen befasst, mache derzeit Besen, wovon er aber noch keinen verkauft habe und koche sich selbst. Er fahre auch öfter mit dem Fahrrad weg, angeblich zum Beispiel nach Offenburg oder Freiburg. Was er dort tut, wisse man nicht, er spräche auch nicht darüber. Nach seinen Angaben ist er schon sehr weit in der Welt herumgekommen. So will er in Spanien, Italien, der Schweiz und so weiter gewesen sein. Ob das alles stimme, wissen sie nicht. Auffallend ist aber auch, dass er über alles sehr gut orientiert war und noch ist.
Ein lediger Küfergeselle
Bereits am nächsten Tag, am 5. März 1941 wird der Beschuldigte ohne Haftbefehl in sogenannte Schutzhaft genommen und ins Offenburger Gefängnis eingeliefert und noch am gleichen Tag von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) einem Verhör unterzogen.
Im Protokoll erfahren wir dann Näheres zur Person des nun Angeklagten: Es ist der 1888 in Waiblingen/Württemberg geborene ledige Küfergeselle Karl Herborn. Er ist Deutscher, evangelischen Glaubens und beide Eltern sind deutschblütig. Er ist selbstständig und verdiene bis zu 25 Reichsmark am Tage mit Besenbinden und anderem.
Soldat im Ersten Weltkrieg
Er hat weder einen Reisepass, noch Führerschein, keinen Jagdschein oder Rentenbescheid und gehört auch keiner Partei oder ähnlichem an. Nur zum Wehrdienst, gibt es Angaben:
Er diente von 1909 bis 1911 als Infanterist beim Badischen Grenadier-Regiment und war von 1914 bis 1916 Kriegsteilnehmer, bevor er nach Operationen und Typhus entlassen wurde. Auch ist er zweimal wegen Beamtenbeleidigung (1922, 1927) vorbestraft.
Mit dem Fahrrad nach Spanien
Seinen Angaben zum Lebenslauf entnehmen wir, dass es ihn nach Volksschule und Küferlehre zur Arbeit in die Fremde zog. Mannheim, Düsseldorf, Frankfurt, Zürich und Hamburg waren Stationen. 1908 wurde er in Freiburg gemustert und war dann bis zum Dienstantritt ein Jahr später in Stuttgart.
Nach der Entlassung aus dem Kriegsdienst 1916 arbeitete er dann für immerhin acht Jahre bei den Frankfurter IG Farbwerken, ehe er für Bauernvereine in Baden und Hessen landwirtschaftliche Vorträge hielt. In dieser Zeit fuhr er mit dem Fahrrad nach Spanien und Italien und führte Edelreiser zur Züchtung neuer Obstsorten ein.
Von 1925 bis 1927 war er dann mit kurzen Unterbrechungen bei einer Ziegelei in Gernsbach beschäftigt und von 1927 bis 1934 stellte er Entseuchungsplatten und Entgiftungsmittel für verdorbenes Getreide her.
Danach lebte er sechs Jahre in Siegelau bei Waldkirch, wo er landwirtschaftliche Geräte fertigte und verkaufte, bevor er im Februar 1940 in Oberentersbach zuzog. Hier stellt er Holzgeräte und Holzwatte her. Solange seine Maschine nicht geht, mache er aber Besen und für seinen Arbeitsraum bezahle er jährlich 100 Reichsmark an Miete.
Allgemein gesagt
Soviel zur Person, und ja, schon eine außergewöhnliche Vita – ganz bestimmt! Bestimmt konträr zu den bodenständigen, heimatverbundenen Bauern im Oberentersbacher Tal, für die eine geregelte Arbeit, ein regelmäßiges Einkommen und ein »ordentliches« Leben ganz sicher so nicht aussahen!
Und dann zur Sache: Ausführlich, eloquent und geschickt nimmt der Beschuldigte zu jedem einzelnen Vorwurf Stellung. Er bestreitet die Vorhaltungen nicht grundsätzlich, sondern nur in manchen Teilformulierungen und versucht Sinn und Inhalt seiner Aussagen so zu erklären, zu deuten, abzuschwächen oder zu verallgemeinern, dass ihm daraus kein strafbarer Tatbestand erwachsen kann.
Umgedeutet
So gibt er zum Beispiel zu Protokoll, dass es nicht wahr ist, dass er gesagt habe, Hitler ist schuld am Krieg, sondern richtig wäre, dass er gesagt habe, so wie unsere Regierung aufgebaut ist, musste der Krieg kommen und er ist unvermeidlich. Das soll heißen, dass durch die Ziele, die die Regierung verfolgt, der Krieg unvermeidlich geworden ist, weil das Ausland auf diese Forderungen nicht eingeht.
Es ist richtig, dass er gesagt habe und zwar sinngemäß, dass Hitler schuld ist am Krieg, aber er meinte das nur so, dass Hitler durch seinen Machtantritt und seine Ziele, die von den ausländischen Regierungen nicht anerkannt werden, den Krieg ohne sein Wollen verursacht hat und dass es so unbedingt zum Krieg kommen musste. Damit habe er aber niemals sagen wollen, dass der Führer den Krieg gewollt hätte. Und so wie er es gemeint hat, sei es auf unzähligen Versammlungen der NSDAP von Rednern vorgetragen worden!
In diesem Sinne sagte er auch, dass wenn Deutschland den Krieg verliere, es den politischen Leitern und Führern schlecht ginge und sie aufgehängt würden, denn dies sagte ihm selbst ein politischer Redner der NSDAP. Im »Rebstock« in Obersimonswald sagte der nämlich: »Was meinen Sie, meine Herren, was die mit uns machen würden, wenn wir verlieren, sie würden uns aufhängen, denn sie kennen uns ja alle und unsere führenden Persönlichkeiten sind ja überall bekannt.« Und der Führer selbst hat ja in seinen Reden darauf hingewiesen, wie es uns schlecht ginge, wenn wir kapitulieren.
Es sei auch richtig, dass er gesagt hat, der Amerikaner baue Flugzeuge in Kapstadt. Dies habe ja vor Jahren schon in der Zeitung gestanden. Es stand auch in der Fachzeitschrift, Abhandlungen über die Modelle und die Leistungsfähigkeit stehen ja immer in der Fachpresse.
Es wäre nicht richtig, dass er gesagt habe »wir verlieren den Krieg«. Nein, er habe gesagt: »Wir verlieren am Krieg!« Es sei doch tatsächlich so, dass an einem Krieg der Sieger und der Besiegte verliert. Man darf da nur an die Menschenleben und die wirtschaftlichen Verluste denken.
»Geistig reger Mensch«
Er erklärt, dass er niemals die Absicht hatte, Leute aufzuhetzen und negativ zu beeinflussen. Ihm sei wohl bekannt, dass manche Bauern ihn aus dem Tal heraushaben wollten, weil er ihnen schon oft die Meinung gesagt habe, wegen ihres schäbigen Verhaltens bei Sammlungen und wegen ihrer Preise, die sie schon oft unverschämterweise verlangt hätten.
Am Ende macht er deutlich, dass er keiner Partei oder Parteiorganisation angehört und seine Einstellung zum nationalsozialistischen Staat zum Großteil dafür und zu einem Teil dagegen ist. Das Dagegen beschränkt sich dabei auf Leute, welche sich als Nationalsozialisten bezeichnen, aber anders handeln.
Im letzten Teil des Verhörprotokolls – dem Schlussbericht – fasst der vernehmende Gestapobeamte auf zwei Seiten die Aussagen zusammen, bewertet diese und kommt zu dem Schluss, dass es dem »geistig sehr regen Menschen durchaus nicht schwerfällt, den Sinn seiner Äußerungen ins Gegenteil zu verkehren, und da er sehr redegewandt sei und zugibt sich auch an anderen Orten geäußert zu haben, ist seine Tätigkeit besonders gefährlich!«
Da er von der Anzeige gewusst habe, hat er sich ohne Zweifel auf die Vernehmung vorbereitet und durch geschickte Redensarten den Eindruck erweckt, nicht gegen den nationalsozialistischen Staat eingestellt zu sein. Seine Bemerkungen zum Krieg bewiesen aber, dass er durchaus der Meinung sei, dass wir keinen Krieg hätten, wenn wir eine andere Regierung hätten, und damit beschuldigt er den Führer und die Regierung den Krieg heraufbeschworen zu haben.
Er äußere auch kein Wort des Bedauerns für den Fall eines verlorenen Krieges und die damit verbundene Aufhängung des Führers und anderer führender Persönlichkeiten von Partei und Staat. Er ist ein Zweifler schlimmster Sorte und er hat diese Zweifel am Sieg in die Bevölkerung getragen und damit die Wehrkraft des deutschen Volkes geschädigt.
Verdächtiger Teetrinker
Dass in Oberentersbach die nationalsozialistisch gesinnten Bauern keinen Wert auf seine Anwesenheit dortselbst legen, sei selbstverständlich. Und obwohl der Beschuldigte gegen den Anzeiger als politischen Leiter besonders eingestellt sei, kann Herborn sich schon über ein Jahr dort aufhalten, obwohl seine Einstellung allgemein bekannt sei. Was auch zeigt, dass nicht alle Bauern seinen Redereien gegenüber abwehrend seien.
Von einer positiven Arbeit des H. könne keine Rede sein, immer bastele er an etwas herum, ohne je zu einem Schluss oder Ergebnis zu kommen. Der tägliche Verdienst von etwa 25 Reichsmark sei nichts als reine Fantasie. Er gehe sehr schlecht gekleidet, erstehe seine Lebensmittel meist auf Pump, er unternehme seine Reisen mit dem Fahrrad, trinke keinen Alkohol, aber dafür täglich mehrere Liter Tee! Aha?
Verschrobener Naturmensch
Abschließend könne gesagt werden, dass der Beschuldigte bewusst und mit Absicht die Bauern im Tal in ihrem Glauben an den Sieg schwer beeinträchtigt und dadurch das deutsche Volk in seiner Wehrkraft geschädigt hat. Damit hat er sich im Sinne der Anzeige schuldig gemacht!
Am 11. März 1941 beantragt die Gestapo bei der Oberstaatsanwaltschaft Offenburg einen Haftbefehl, damit die bestehende Schutzhaft aufgehoben werden kann. Dieser Haftbefehl wird am 17. März ausgestellt. Es bestehe Verdunkelungsgefahr und dass der Beschuldigte Zeugen zu falschen Aussagen verleite, wenn er sich auf freiem Fuß befinde. Außerdem seien die Erhebungen noch bei Weitem nicht abgeschlossen.
Mit Schreiben vom 20. März 1941 fordert der Oberstaatsanwalt des Sondergerichts in Freiburg dann die Gestapo in Offenburg auf, weitere Ermittlungen durchzuführen. Da zwischen dem Beschuldigten und den Familien der Anzeiger Streitigkeiten bestehen, genügen deren Aussagen allein nicht, weitere Zeugen seien zu suchen.
Am 27. März wird der von den Anzeigern bereits benannte weitere Zeuge, ein 28-jähriger lediger Landwirt, von der Gestapo auf das Oberentersbacher Rathaus vorgeladen und befragt. Wohl ganz entgegen aller Erwartungen entlastet der Zeuge Herborn in eigentlich allen Punkten. Sie hätten ab und zu miteinander über allgemeine Dinge und die Landwirtschaft gesprochen. Herborn habe ein sehr gutes Allgemeinwissen und könne über alles Auskunft geben. Er sei wohl ein ausgesprochener Naturmensch mit gewissen verschrobenen Ansichten.
Über Politik hätten sie sich nur selten unterhalten und es wäre ihm nie aufgefallen, dass H. irgendwie schimpfte oder Kritik an Maßnahmen der Regierung übte oder abfällige Bemerkungen machte. Hätte H. dies getan, wüsste er das genau.
Zu einzelnen Vorhaltungen befragt, führte der Zeuge aus, dass Herborn zum Beispiel im Zusammenhang mit »seien vorgemerkt« nicht das Wort »politische Leiter« und »Amtsträger« gebrauchte, sondern es um diejenigen ging, die sich heute am Krieg bereichern und die Kriegsverhältnisse in eigennütziger Weise ausnutzten, wo die Werkstoffe immer schlechter und alles teurer würde.
Am Ende gibt der Zeuge an, dass sich der Beschuldigte nie in staatsfeindlichem Sinne geäußert und ihm auch nicht bekannt sei, dass er dies anderweitig getan habe. Mit der Bereitschaft des Zeugen seine Angaben auch zu beeiden, endet das Protokoll.
Keine weiteren Zeugen
Auf den Auftrag der Oberstaatsanwaltschaft vom 20. März eingehend, berichtet die Gestapo dann, dass auf nahezu allen 23 Einzelhöfen Oberentersbachs Erhebungen über Gespräche mit dem Beschuldigten gemacht wurden. Da Herborn eine gewisse Fertigkeit im Reparieren und Basteln von landwirtschaftlichen Geräten besitzt, wurde er öfter von Bauern dafür angegangen und ist daher den Leuten im Allgemeinen bekannt.
Diese könnten sich aber nicht erinnern, dass sich Herborn staatsfeindlich ausgelassen habe. Durchweg wird Herborn aber von den Bauern als ein heruntergekommener Mensch bezeichnet, sie können es nicht verstehen, dass er sich in ihrer Gegend aufhält und sich mit allerlei Dingen befasst, anstatt einer nutzbringenden Arbeit nachzugehen.
Fazit: Trotz intensiver Nachforschungen konnten weitere Zeugen nicht ermittelt werden!
Verfahren eingestellt
Im Ergebnis der ange führten Ermittlungen und Verhöre kommt der Oberstaatsanwalt als Leiter der Anklagebehörde beim Son dergericht in Freiburg mit Schreiben vom 31. März 1941 zum Beschluss: »Das Verfahren wird eingestellt«.
Begründung: »Der Beschuldigte bestreitet die ihm zur Last gelegten Äußerungen in den entscheidenden Punkten. Weitere Zeugen als der Anzeiger und seine Angehörigen sind nicht zu ermitteln. Der vom Anzeiger benannte Zeuge konnte dessen Angaben nicht bestätigen.
Wenn der Beschuldigte auch verdächtig und der Eindruck begründet ist, dass er sich in geschickter Weise durch Umdeutung von Sinn und Wortlaut versucht hat herauszureden, so genügen doch die Angaben des Anzeigers und seines Bruders nicht, um den Beschuldigten mit der zu einer Verurteilung erforderlichen Sicherheit zu überführen. Dies zumal da beide Zeugen, ebenso wie ihr Vater mit dem Beschuldigten verfeindet sind.«
Am 2. April bereits geht beim Amtsgericht in Offenburg das Ersuchen der Oberstaatsanwaltschaft ein, den Haftbefehl vom 17. März aufzuheben, dem Beschuldigten die Einstellung des Verfahrens in geeigneter Form zu eröffnen und ihn eindringlich zu verwarnen. Sodann sei der Beschuldigte auf freien Fuß zu setzen, zuvor aber der Geheimen Staatspolizei – Außendienststelle Offenburg – von der bevorstehenden Freilassung Nachricht zu geben.
Noch am selben Tag wird Herborn um 18 Uhr weisungsgemäß in Offenburg aus der Haft entlassen.
Was für eine Geschichte! Nach den Aussagen der Anzeiger war das nun sicher nicht das Ergebnis, das man hätte erwarten können, nein, bestimmt nicht.
Mut und Zivilcourage
Die Denunziation des Außenseiters, dieses unangepassten Individualisten, dieses den Vorstellungen der gleichgeschalteten Volksdeutschen aber auch in keiner Weise entsprechenden »Herumtreibers und heimatlosen Gesellen«, führte tatsächlich nicht zur gewünschten Verurteilung und Bestrafung.
Es hätte auch anders enden können, Herborn wäre für Jahre im Gefängnis oder im KZ verschwunden oder noch Schlimmeres. Wahrscheinlich hat ihn die doch »mutige« Aussage des dritten Ober entersbacher Zeugen gerettet, der gegen die Erwartungen der Brüder und auch der Gestapo dem »Hergelaufenen« beistand und ihn so wohl vor Strafe bewahrte.
Auch der Umstand, dass sich keine weiteren Zeugen fanden, die dem Beschuldigten schaden wollten, ist doch auch bemerkenswert, gerade in einer Zeit, als Schuldzuweisungen und Anschuldigungen zuhauf vorkamen.
Und doch saß Herborn immerhin dreißig Tage unschuldig und sicher auch unnötig im Gefängnis und so finden wir heute in dem aufgezeigten Fall auch ein gutes Beispiel dafür, wie in dem historischen Umfeld der Nazi-Diktatur und des Weltkriegs menschliche Schwächen, aber auch Mut und Zivilcourage in das Leben und den Alltag der Menschen, auch in unserer engeren Heimat eingreifen konnten.
Nicht alles war immer so weit weg, wie man oft glauben mag.
Quelle: Staatsarchiv Freiburg, A 47/1, Nr. 59