Rundofen-Förderverein betrachtet sich als Partner der Stadt, er hat viel zu tun und noch viel vor – große Jubiläumsfeier am 19. Juli.
Der Rundofen-Förderverein wurde vor 25 Jahren gegründet, die Zeller Keramikfabrik entstand vor 230 Jahren: Das wird am 19. Juli ab 18 Uhr gefeiert, mit einem großen Sommerfest samt Live-Musik. Dies nun ist der dritte und letzte Teil unserer im Vorfeld veröffentlichten Serie: Heute unterhalten sich Michael Dahlke und Albert Braun – im Oktober 2023 zum ersten respektive zweiten Vorsitzenden gewählt – über die Gegenwart und Zukunft des Fördervereins und damit auch des Rundofens, nicht zuletzt in dessen Funktionals städtisches Aushängeschild.
„Mit der offiziellen Neu-Eröffnung des sanierten Rundofens im Jahr 2022 hat für den Förderverein eine neue Zeit angefangen“, stellt dessen Führungsduo fest, „es ist nicht so, dass der Verein seine Mission erfüllt hätte und nun nicht mehr gebraucht wird. Ganz im Gegenteil.“
Michael Dahlke: „Als Erstes notwendig war die Aufsichtsbesetzung während der Öffnungszeiten und die Organisation von Führungen. Das war explizit auch im Sinne der Stadt, weil sie dafür kein Personal stellen kann. Die ehrenamtliche Tätigkeit geriet hier also komplett in den Fokus: Im Jahr finden im Rundofen mehr als 150 Aufsichten statt, die wir uns mit dem Historischen Verein teilen, hinzu kommen etwa 80 Führungen.
Rund 15 Fördervereinsmitglieder sind es, die an den Aufsichtstagen Dienst machen – donnerstags, freitags und sonntags. Über die Besucher werden Strichlisten geführt und Spenden gesammelt, weil wir uns als Verein selbst finanzieren, die Mitgliedsbeiträge von 15 Euro pro Jahr aber sehr moderat sind. Es gibt Tage, da bin ich den Aufsichten dankbar, dass sie sich das antun, weil sich dann vielleicht mal drei Leute in den Rundofen verirren. Mitte Januar etwa, wenn es dunkel ist.
Aber es gibt auch Tage, an denen man sich vor Leuten nicht retten kann, und dann brummt es hier und es macht einfach irren Spaß, wie die Leute auf den Rundofen reagieren und auf das, was wir zu erzählen haben, und letztlich spielt ja auch die Architektur eine große Rolle und die fachliche Begeisterung der Leute im Verein. Das alles versuchen wir voran zu bringen. Dazu gehört auch, dass diejenigen, die hier ehrenamtlich Aufsicht machen, sich mitgenommen fühlen und nicht nur als Erfüllungsgehilfen im Sinne von ´na ja, die Tür ist auf, setz´ dich mal dahin´. Dass wir als Verein eine Einheit kriegen, mit Zukunftsvisionen auch – das ist mein Ziel.“
Zwei große Säulen
Albert Braun:„Bezüglich seiner Tätigkeitsmerkmale steht der Verein auf zwei großen Säulen. Das ist einmal der Rundofen an sich, und das sind die Keramikbestände der Stadt Zell mit mehr als 10000 Teilen, was der Öffentlichkeit bislang wohl gar nicht so bewusst war.“
Michael Dahlke: „Darum kümmern sich Fachleute, zu denen ganz klar Albert Braun als gelernter Keramiker gehört, zusammen mit Professor Fritz Riehle und Johann Schreiber. Ich selbst bin mehr derjenige, der versucht, sich um das Operative zu kümmern, was den Rundofen angeht. Dazu gehört insbesondere der Kontakt zur Stadt.“
Albert Braun: „Die Bestände der Zeller Keramik sind inzwischen zwar digital katalogisiert. Diese Katalogisierung wird aber nie abgeschlossen sein, weil immer wieder Neues hinzu kommt. Aus der Insolvenz im Jahr 1989 der Familien Haiss, Harter und Rinkenbach hatte die Stadt bereits 9000 Teile übernommen. Aus der nun endgültigen Insolvenz 2024 haben wir alte Keramikteile, die wir fotografieren und in die bestehende Datenbank einfügen.
Gleiches gilt für jede Spende, die von auswärts kommt. Die gibt es verstärkt, seit der Rundofen ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist. Im letzten November hatte ich eine Führung mit einer ehemaligen Schulklasse aus Haslach, alle um die 85 Jahre alt. Da war jemand dabei, der zuhause Bildergeschirr von der Zeller Keramik hatte, aus dem Zeitraum 1830 – 1840. Dieser Schatz wurde uns gespendet.
Es gibt auch viele Menschen, die uns Zeller Keramik spenden wollen. Manchmal habe ich das Gefühl, seit dieser Rundofen hier aktiv dargeboten wird: Jeder Zeller geht in den Keller und schaut, was er dort noch hat. Vor allem für – möglichst alte – Porzellanspenden ist der Förderverein dankbar, damit sind wir vom Stadtfundus her nicht so gut bestückt. Mit der Oberen Fabrik verbinden die Leute in der Regel die Fertigung von Steingut. Aber dass dort 100 Jahre lang Porzellan gefertigt wurde, bis 1940, das war nicht so im Fokus. Dennoch haben wir inzwischen auch viele alte, wertvolle Porzellanteile.
Außerdem bin ich mit Fritz Riehle weltweit über Ebay auf der Jagd nach seltenen Stücken, um die Sammlung der Stadt zu komplettieren. Wir zielen dabei auf ganz seltene Stücke, die wir vielleicht selber noch nie gesehen haben, nicht kennen.“
Teils abenteuerliches Arbeiten
Michael Dahlke:„Nach der Insolvenz der Keramikfabrk hatten wir das Haus Auer in einer Hau-Rück-Aktion ausgeräumt, aufgrund einer Anfrage von Bürgermeister Günter Pfundstein. Wir haben – unter der Leitung von Albert Braun – alles gerettet und gesichert, was wichtig war, für uns als Verein und für die städtische Sammlung. Die Räumlichkeiten dann bis Ende Februar komplett leer zu räumen und besenrein zu kriegen, war ordentlich Arbeit.
Die Kisten aus den Auflösungsbeständen wurden bei strömendem Regen mit dem Hubsteiger von außen ins Dachgeschoss der Alten Kanzlei transportiert und dort erst einmal abgestellt, damit sich Fritz und Albert dann weiter darum kümmern können. Alleine um die 80 Euro-Kisten wurden auf diese recht abenteuerliche Weise verschafft, und da war Gewicht drin, richtig Gewicht!“
Albert Braun: „Neben der normalen verkaufsfähigen Ware aus der Unteren Fabrik gab es das kleine Museum im Keller des Hauses Auer, wo bis zu 100 Jahre alte und teils sehr schöne Sachen standen, das waren sicher noch einmal acht bis zehn Kisten. Und in der Unteren Fabrik gibt es derzeit noch zwei Regale, in denen zum Teil ebenfalls sehr altes Geschirr steht, datiert um 1850. Allerdings sind auch Teile umliegender Keramikfirmen wie Hornberg oder Schramberg dabei. Auch viele Modelle und Urformen sind da noch vorhanden: Mutterformen aus Gips, die vom Modell abgegossen wurden.
Und wir haben etwas entdeckt, das wir eigentlich schon verloren glaubten: Es gibt noch Teile des Keramikzauns, der früher an der Straße nach Biberach in der Unteren Fabrik stand. Vielleicht könnte man zwei dieser Zaunelemente auf der grünen Wiese präsentieren. Aber das ist Zukunft. Darüber hinaus steht wunderschöne Keramik im Storchenturm-Museum, und das in großen Mengen. Da wäre es jetzt auch einmal eine Aufgabe, diese Objekte aus neuer Sicht zu präsentieren. Hier steht der Förderverein Rundofen gern beratend zur Verfügung.“
Michael Dahlke: „Zu unseren weiteren Aufgaben gehören befristete Ausstellungen. Die erste war im Herbst 2022 nach der Eröffnung des sanierten Rundofens, mit dem in der Keramikfabrik produzierten Geschirr als Abbild der Fabrikgeschichte vom Anfang bis heute. Diese Ausstellung in zwölf Vitrinen war sehr groß. Erst kürzlich dann haben wir gemeinsam mit dem Historischen Verein und dem Förderverein Zeller Kunstwege die Keramikausstellung Johann Schreibers im Rundofen organisiert und betreut. Und als er in diesem Zuge eine 22-köpfige, hochrangige Delegation der Schweizer Keramikfreunde durch den Rundofen geführt hatte, hatte der Förderverein die Begrüßung samt Ansprache und Bewirtung übernommen.“
Lebendig halten, lebendig machen
Albert Braun: „Aufgrund des großen und wertvollen Fundus an Zeller Keramik, der sich im Eigentum der Stadt befindet, hatte der Bürgermeister den Gedanken, dass der Förderverein jedes Jahr im Rundofen Ausstellungen präsentiert, zu unterschiedlichen Themen. Um das Interesse für historische Schätze in Zell zu wecken, und aus Sicht der Stadt nicht zuletzt mit dem Ziel, Leute aus nah und fern ins Städtle zu bringen, die Geld mitbringen und etwas davon hierlassen. Pro Jahr aber zwei oder gar drei solcher Aktionen sind aufgrund des enormen Aufwands für die Vorbereitung einer Ausstellung, die vielleicht vier Wochen im Rundofen zu sehen ist, nicht machbar.“
Michael Dahlke: „Wir haben vor, in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres eine Ausstellung zum Thema `Frauen in der Keramik` auf die Beine zu stellen, auch wenn es bis dahin noch ein langer Weg ist: Ein hochspannendes Thema, wo die Fabrik ja doch eigentlich eine Männerdomäne war. Hier wird es dann nicht nur um Künstlerinnen wie Schmidt-Pecht gehen, sondern beispielsweise auch und gerade um die `einfachen´ Frauen, die hier in der Fabrik ihren Mann gestanden haben. In der Mittagsprause sind sie schnell nach Hause, um sich um das bereits vorbereitete Essen zu kümmern und die Kinder zu versorgen, um dann am Nachmittag wieder in der Fabrik zu arbeiten, der Not gehorchend. Hierher gehört sicherlich auch das Thema „Heimarbeit“, die es in der Rohfertigung noch in den 70er-Jahren gab.
Auf jeden Fall hoffen wir auf lebende Zeitzeuginnen. Eine Idee ist, mit ihnen in loser Folge im Rundofen eine Art Talk-Show zu machen – was hat man erlebt, welche Anekdoten gibt es, was waren besondere Erlebnisse. Wir wollen das Ganze hier lebendig halten, aber auch lebendig machen. Von einer Zeitzeugin weiß ich zum Beispiel, dass sie sich in Kriegszeiten mit ihrem Mann im Rundofen vor den einrückenden Franzosen versteckt hatte.“
Albert Braun: „Und wir haben noch einige weitere Ideen. Zum Beispiel gibt es teils sehr gute historische Schwarzweiß-Fotos, die man in der zweiten Foyer-Etage aufhängen könnte, ohne dass wir aber etwas zupflastern wollen. Außerdem wollen wir in der Brennkammer in der ersten Etage einen besonders illuminierten Bereich installieren, der zeigt, wie der Ofen damals bestückt wurde.“
Partner und Botschafter der Stadt
Michael Dahlke: „Außerdem gibt es alte Gerätschaften von Johann Schreiber, von denen man ausgewählte Stücke aufarbeiten und präsentieren könnte. Der Rundofen soll kein Museum werden. Aber es muss für Besucher einen neuen Anreiz geben, vielleicht nochmals in den Rundofen zu kommen, um noch mehr zu Gesicht zu bekommen.“
Albert Braun: „Auch eine große Schautafel wollen wir am Eingang des Gesamtareals anbringen, um den Bestrebungen der Stadt und vieler anderer Köpfe entgegenzukommen, den Begriff „Obere Fabrik“ zu einer Marke zu machen. Die Um setzung all des Genannten wird natürlich sukzessive erfolgen.“
Michael Dahlke: „Wobei wir uns als Partner der Stadt verstehen – das der Stadt begreiflich zu machen und als Partner respektiert zu werden, ist uns sehr wichtig. Auch versteht sich der Förderverein als „Botschafter“ der Stadt Zell, immerhin verzeichnet der Rundofen als Industriedenkmal jährlich rund 4000 Besucher allein durch Führungen, Ausstellungen und reguläre Öffnungen.
Ebenso wichtig ist uns der runde Tisch, den wir gemeinsam mit den Museumsfreunden Fürstenberger Hof sowie Storchenturm, dem Förderverein Zeller Kunstwege, dem Historischen Verein und der Stadt bestreiten: Uns allen ist bewusst, dass wir zusammen agieren müssen. Dazu wird derzeit ein Flyer erarbeitet, und auch der Rundofen-Förderverein selbst hat einen Flyer in Arbeit. Der wird den Rundofen mit seiner Historie und in seiner heutigen Bedeutung als Multi-Event- Location darstellen.“