Mitgliederstarke Jugend- und Kinderfeuerwehr – künftig „training on the job“.
„Von der Zahl der Einsätze her war 2022 ein Rekordjahr“, betonte Florian Lehmann als stellvertretender Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Zell bei seinem Jahresbericht. Den stellte er anlässlich der Jahreshauptversammlung vor, die am vergangenen Samstagabend im Kulturzentrum „Obere Fabrik“ stattfand.
Waren es im Vorjahr noch 93 Einsätze, so trat die Feuerwehr im Jahr 2022 insgesamt 120 Mal in Aktion, mit 1848 Einsatzstunden, zwei Personen konnten leider nur tot geborgen werden.
Rein rechnerisch „hatten wir alle drei Tage einen Einsatz“, so Florian Lehmann, allerdings gab es im August 2022 wegen eines Unwetters 33 Einsätze an einem einzigen Tag.
Und dennoch: „In den vergangenen fünf Jahren, von 2018 an, hat sich die Zahl unserer Einsätze verdoppelt“, berichtete der stellvertretende Kommandant. Zu 24 Brandeinsätzen (23 Kleinbrände, ein Mittelbrand) wurden die Kameraden gerufen („glücklicherweise sind wir von einem Großbrand verschont geblieben“). Florian Lehmann wies auf sich häufende Falschmeldungen angeblicher Vegetationsbrände hin, „wegen der Trockenheit und den Nachrichtenbildern von katastrophalen Bränden andernorts sind die Leute sehr schreckhaft geworden, wenn irgendwo im Wald eine Rauchfahne zu sehen ist.“
Generell gab es im Berichtsjahr 20 Fehlalarme, 13 davon durch Brandmeldeanlagen verursacht. Dreimal leistete die Zeller Feuerwehr Sicherheitswachdienste. Das Gros der Einsätze jedoch entfiel mit 73 auf Hilfeleistungen, von denen nahezu die Hälfte wegen Wasserschäden und Hochwasser erforderlich waren, „das wird uns in den nächsten Jahren weiterhin begleiten, klimabedingt.“
„Nichts, was es nicht gibt“
Darüber hinaus hatten die Wehrleute jeweils fünf Öl- und Sturm- sowie drei ABC-Einsätze. Auch zu unter anderem Verkehrsunfällen, Türöffnungen und Gasaustritten wurden sie gerufen – und zu Tierrettungen, „auch die nehmen in den letzten Jahren zu.“ Sogar eines in einem Garten gefundenen jungen Uhus nahmen sie sich an, „bei der Feuerwehr gibt es nichts, was es nicht gibt.“ Insgesamt 18 Einsätze galten der Überlandhilfe, bis hin nach Wolfach und Offenburg.
Florian Lehmann unterstrich die hervorragende Zusammenarbeit mit anderen Blaulichtorganisationen – wie bei einem Einsatz wegen eines abgerutschten Hangs in Grün, „jeder bringt seine Kenntnisse und sein spezielles Wissen ein, das ist immer sehr schön.“
Zu den sonstigen Tätigkeiten der 1863 gegründeten Zeller Feuerwehr gehörten unter anderem die Vorstellung des Feuerwehr-Bedarfsplans im Zeller Gemeinderat sowie sechs behördliche Aufträge wie Umzugsabsicherung/ Ordnungsdienst. Vor allem aber konnten nach Corona nun wieder gemeinsame theoretische Ausbildungen und „endlich wieder“ gemeinsame Übungen im Zugverband durchgeführt werden.
Die Freude der Wehrführung darüber, dass man mit dem Ende der Pandemie wieder in den geregelten Betrieb übergehen konnte, war umso größer, als sich die Befürchtung sinkender Mitgliederzahlen nicht bewahrheitet hat. Das Gegenteil trat vielmehr ein. Mit dem Ergebnis, dass die Wehr aktuell 91 Aktive zählt, 20 Mitglieder in den Altersabteilungen und sage und schreibe 64 Jugendliche und Kinder, „das ist zahlenmäßig ein höchst erstaunliches Verhältnis zu den Aktiven.“
Der Jugend größte Aufmerksamkeit widmen
Für die – seit 1899 bestehende – Jugendfeuerwehr berichtete Jugendwart Michael Florin auch im Namen der Jugendgruppenleiter von 37 Mitgliedern aus Zell, Unter- und Oberharmersbach sowie Unterentersbach. Sie trafen sich zu 36 planmäßigen Veranstaltungen, wobei 92 feuerwehrtechnische Übungsstunden beziehungsweise 70 Stunden allgemeine Jugendarbeit abgehalten wurden.
Daniel Erdrich wiederum, einer der fünf Ausbilder der Kinderfeuerwehr, berichtete von derzeit 32 Wehrkindern und deren vielfältigen Aktivitäten, inklusive der Brandschutzerziehung der Jüngsten. Im nächsten Jahr wird die Zeller Kinderfeuer ihr 10-jähriges Bestehen feiern können. Bereits 33 Kinder konnten seit der Gründung an Jugendfeuerwehren übergeben werden, und in diesem Jahr wurden die ersten beiden in den aktiven Dienst der Feuerwehr übernommen.
Neues Modell: training on the job
„Meine größte Sorge bei der Gründung der Kinderfeuerwehr 2014 war, dass wir niemanden finden, der das Projekt betreut“, gestand der stellvertretende Kommandant Florian Lehmann mit Dank an die Beteiligten, „dass wir das jetzt seit zehn Jahren am Leben erhalten und so den Nachwuchs sichern, hätte ich damals nicht geglaubt.“
Damit die Gruppen ob des hoch erfreulichen Zuspruchs nicht zu groß werden, müsse es jedoch genügend Leute geben, die sich kümmern. „Deshalb möchten wir ein TOJ gründen.“ Diese Abkürzung steht für „Training on the Job“ und lehnt sich an das Modell der Berufsfeuerwehr Bochum an.
„Die älteren der Jugendfeuerwehr werden eine eigene Löschgruppe bilden, die dann auch gemeinsam mit den Aktiven im Löschzugverband proben darf“, erklärte Florian Lehmann das Konzept und wandte sich an die jungen Kamerad:innen: „So lernt ihr die Abläufe kennen und die Ausbilder der Jugendfeuerwehr werden entlastet.“ Das Projekt funktioniere aber nur, wenn sich Aktive fänden, die bei dieser Art der Ausbildung mitmac
en, appellierte er an die Versammlung.
Mit Nachdruck bedankte er sich bei allen für die im vergangenen Jahr ehrenamtlich geleistete Arbeit. Insbesondere galt sein Dank zum einen den Arbeitgebern, „ohne deren Unterstützung wir sicherlich im Bereich der Tagesverfügbarkeit ein massives Problem hätten“. Zum anderen dankte er den Partnern und Familien der Feuerwehrkameraden.
chließlich komme ein Einsatz stets völlig unvorhergesehen, was für die Beteiligten auch eine Belastung darstelle. „Ohne die Unterstützung und das Verständnis der Familie lässt sich das Ehrenamt „Feuerwehr“ nicht ausüben“, stellte der stellvertretende Kommandant klar.
Kommandant Philipp Schilli ist zurückgetreten
Zum Schluss wandte er sich dem Umstand zu, dass Kommandant Philipp Schilli sich aus persönlichen, familiären Gründen im April gezwungen sah, von seinem Amt zurückzutreten. Ende August wurde er von Bürgermeister Pfundstein offiziell aus seinem Amt entlassen, satzungsgemäß muss nun binnen drei Monaten ein neuer Stellvertreter gewählt worden sein.
Bis dahin werden Florian Lehmann, Vater von drei Kindern, und der ebenfalls familiär eingebundene zweite stellvertretende Kommandant Torsten Wiucha „das Schiff übergangsweise als Team schaukeln“, wenngleich völlig ungeplant. Umso mehr dankten die beiden für die unverzichtbare Unterstützung aus den Reihen der Wehr. Dies gelte auch für die Vorbereitung der Jahreshauptversammlung, beispielsweise durch die Jugendfeuerwehr. „Die hat gestern Abend hier im Kulturzentrum alles aufgebaut – das lief wie am Schnürchen, ich war erstaunt, wie schnell das ging“, freute sich Florian Lehmann. Abschließend lud er die rund 60 Anwesenden zu Speis´ und Trank ein, mit Dank an die Stadt.