Pfarrerin Claudia Roloff liest aus dem Roman „Von Erde bis Du genommen“ und schlägt die Brücke zur Gegenwart.
Prädikant Dr. Eberhard Müller begrüßte interessierte Zuhörer zu einer matineehaften Lesung mit einer sich anschließenden Gesprächsrunde. Leider war Gottfried Zurbrügg, der Autor des Romans „Von Erde bist Du genommen“ aus gesundheitlichen Gründen verhindert. Aus diesem Roman hatte er allerdings eine aussagekräftige Passage für die Lesung ausgewählt, die das Thema Frieden und Krieg thematisiert. Schließlich war dies eine der neun Veranstaltungen, die die Ausstellung „Frieden und Klima“ zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen im Rundofen von Zell konkretisieren sollten.
Eberhard Müller oblag es zunächst, den Roman kurz vorzustellen als gelungene erzählerische Wiedergabe der Anfänge der Zeller Keramik. An diesem Werk fasziniere, dass auf der Grundlage intensiven Quellenstudiums der Autor den Leser teilhaben lasse an den Sorgen und Nöten der einheimischen Bevölkerung der damaligen Zeit und an dem unternehmerischen Geist der Fabrikgründer. Nicht ohne sich dichterische Freiheiten zu gestatten, zum Beispiel durch erfundene Protagonisten.
Pfarrerin Claudia Roloff (Evangelische Erwachsenenbildung Ortenau) gelang es, nach weiteren einführenden Worten in den Roman und in den Kontext der Romanstelle, ihre Lesung so zu gestalten, dass der Zuhörer ergriffen wurde vom geschichtlich tatsächlich Geschehenen: Der Rekrutierung und Abführung von Hunderten freiwilliger junger Männer aus dem Harmersbachtal und aus Biberach. Wie sie sich von der engen Bindung in Familie und heimischer Umgebung eine Befreiung erhofften, sicher auch verbunden mit Abenteuerlust. Wie sie aber, kaum von Stöcken entfernt, sich wiederfanden, gebunden an ein fluchtverhinderndes Seil und vor sich Tausende von Fußmarschkilometern nach Russland und in den Tod des letztlich erfolglosen napoleonischen Russlandfeldzugs.
Die Frage der Gesprächsrunde im Anschluss an die Lesung war: Was hat diese historische Situation – von Zurbrügg mit erzählerischer Verve gestaltet – mit heute zu tun ? Und was können wir heute für Frieden tun?
Claudia Roloff moderierte das Gespräch in ausgewogener Weise bei der zum Teil sehr kontroversen Diskussion im Anschluss: Bei aller Fragwürdigkeit von ansatzweisem Vergleich mit historischen Kriegsgeschehnissen: Ist es nicht überlegenswert, auf Krieg zu verzichten und den Frieden absolut durchzusetzen? Welche Präferenzen sind anzustreben? Frieden und/oder soziale Gerechtigkeit? Friedensprogramme gegenüber Aufrüstung? Wie steht es mit den Männern, die in der Ukraine für den Krieg im Lande bleiben müssen, wie um die Männer, die in Russland zwangsrekrutiert werden ? Wie behandelt man Russen und Ukrainer, die den Krieg durch Flucht umgehen wollen? Ist es nicht voll gerechtfertigt, wenn sich ein Land gegen einen Angriffskrieg mit militärischen Mitteln wehrt? Denk- und Handlungsansätze vor Ort, zum Beispiel in der Kommune: Was kann jeder Einzelne tun, um Frieden und friedliches Zusammenleben zu fördern bzw. zu verwirklichen?
Auch wenn die meisten dieser Fragen offen bleiben mussten, verblieb bei den meisten der Teilnehmer der Eindruck, dass solche Fragen immer wieder gestellt und diskutiert werden müssen.