Ein virtuos aufspielendes Duo mit Klarinette und Orgel beziehungsweise Klavier hat das erste Konzert der diesjährigen »Sommermusik« in der evangelischen Kirche zu einem vollen Erfolg gemacht.
Für ihr Programm »Klassik und Klezmer« setzten Klarinettist Christoph Wirz und seine musikalische Partnerin Susanne Moßmann wirkungsvoll arrangierte Stücke dramaturgisch geschickt in Szene. Der zwischen Wohlklang und rhythmisch akzentuierten Momenten wechselnde Vortrag gewann das Publikum im Handumdrehen. Dabei spielten Wirz und Moßmann so entspannt, als hätten sie das schon immer getan.
Poppige Klänge
Die musikalische Begrüßung der zahlreichen Gäste in der Kirche – »Share my Yoke« – stammt zwar nicht aus der Klassik-Epoche, ist immerhin aber ein »klassischer« Pop-Song aus den Swinging Sixties, mit dem die christliche Pop-Gruppe Joystrings Erfolg hatte. Christoph Wirz beeindruckte mit nuanciertem fließendem Spiel auf der Klarinette; feinfühlig das Interagieren mit der Organistin.
Ein musikalisches Repertoire, das von »Melancholie und Lebensfreude gleichermaßen« geprägt sei, hatte Kirchenältester Joachim Groß zu Beginn angekündigt. »Triptyque« aus der Feder des zeitgenössischen walisischen Komponisten Robert Jones bestätigte das umgehend: Ein reizvoller Wechsel von getragenen und pulsierenden Passagen zog sich durch die drei Sätze mit ihren Anleihen an die Ära der Dance Hall-Music.
Wunderbare poetische Miniaturen
Solistisch überzeugte Susanne Moßmann mit Barockmeister Bach. Anmutig bis energisch gestaltete sie an den Tasten der Kirchenorgel den 1. Satz aus dem »Concerto a-moll BMV 593«, wobei das zweimanualige Instrument stets klar und transparent erklang.
Der in Liechtenstein geborene Komponist und Musikpädagoge Josef Rheinberger, der zeitlebens in München wirkte, geistliche und weltliche Chormusik verfasste und auch für Kammerensembles schrieb, gilt heute als Repräsentant der ausgehenden klassisch-romantischen Epoche. Christoph Wirz’ biegsamer lyrischer Klarinettenton bei »Cantilène aus 0p. 148« verwies stilistisch darauf. Susanne Moßmann am Klavier begleitete den Solisten werkdienlich und eloquent.
Etwa 3.500 Volkslieder seiner Heimat soll der ungarische Komponist Zoltán Kodály gesammelt haben. Für ihn war die menschliche Stimme ursprünglich für die Musik. Die »Sechs Epigramme« aus dem Werk »Neun Vokalisen für eine Stimme und Begleitung« sind wunderbare winzige poetische Miniaturen, die von den beiden Instrumentalisten intensiv und spannend dargeboten wurden.
Melodien, die unter die Haut gehen
Das Larghetto aus Mozarts »Klarinettenquintett KV 581« ist so betörend schön, dass der Komponist selbst die Melodie wenige Monate vor seinem Tod noch einmal für das Klarinettenkonzert verwendet hat. Zweifellos geht die innige Melodie »unter die Haut«, gerade wenn man sie so zu Gehör bringt wie Christoph Wirz am Konzertabend in der Kirche.
Um dem von Mozart gewünschten tieferen Klang nahezukommen, verwendete der Solist statt der B-Klarinette ein auf »A« gestimmtes Instrument. Wirz modellierte das Larghetto mit pastos-weichem Ton, ließ die Klarinette geradezu singen. Und das mit eleganter Phrasierung und unglaublicher Atemtechnik. Das Publikum ging begeistert mit, spendete anhaltenden Beifall.
Die Vertonung des Psalmtextes »Achas sho àlti« (»Eines bitte ich vom Herrn …«) beeindruckte durch die nach innen gewandte Schlichtheit. Man kennt die Melodie und glaubte mit geschlossenen Augen eine menschliche Stimme zu hören, die den Melodiefluss formt.
Singende Instrumente
»Sol sajn sholem« des Berliner Komponisten Joachim Johow lässt die Klezmer-Klarinette jubilieren. Die in Mittel- und Osteuropa im Laufe der Jahrhunderte gewachsene Musikkultur des »Klezmer« (auf Deutsch in etwa »singendes Instrument«) erfreut sich dank des großen Interpreten Giora Feidman heute weltweit großer Beliebtheit, ist vielerorts zum »süffigen Mainstream« geworden.
Auch diese Musik geht »unter die Haut« und den Besuchern fiel es am Mittwochabend sichtlich schwer auf den Kirchenbänken sitzen zu bleiben. Besonders attraktiv, wenn Klarinette und Klavier geschmeidige Ostinato-Linien intonieren. Unter den Beifall der Hörer mischten sich die ersten »Bravo«-Rufe.
Mit einer Prise Humor
Atmosphärisch meditativ die Stimmung bei »Jerusalem of Gold«, während Béla Kovács Hommage an Giora Feidmann (»Sholem-alekhem, rov Feidman«) mit überbordender Spielfreude und Vitalität – auch mit einer Prise Humor – überraschte. Rasante Läufe trafen auf vitale Bocksprünge, spektakuläre Glissandi auf flatternde Mehrklänge. Das Duo feierte das Spielerische in der Virtuosität. Nicht enden wollender Jubel erfüllte den Kirchensaal. Auch nach der Zugabe weiter reicher Beifall.
Weitere Konzerte folgen im Abstand von vierzehn Tagen. Am 21. Juni gastiert der Chor »Gospel Generation«.