Viele Seniorinnen und Senioren folgten der Einladung des FORUM älterwerden Zell in das Pfarrheim St. Symphorian. Im Mittelpunkt des Nachmittags stand die Betrachtung des Kreuzweges der Pfarrkirche St. Symphorian in Zell mit Dr. Dieter Petri.
Entstehung der Kreuzwege
Pater Leonhard Lehmann eröffnete mit einem Vortrag über die Entstehung der Kreuzwege. Den historischen Ursprung hat der Kreuzweg im Heiligen Land. Den Weg, den Jesus einst mit dem Kreuz gegangen sein soll, kann man heute in Jerusalem selbst nachgehen. Der Weg heißt »Via Dolorosa« – wörtlich »Der Weg der Schmerzen«.
Der Kreuzweg betrachtet den Leidensweg Jesu von seiner Verurteilung durch Pontius Pilatus über den Tod am Kreuz bis hin zur Ruhe im Grab.
Bereits 1217 waren die ersten Franziskanermönche in Jerusalem. Diese warben für Pilgerfahrten ins Heilige Land. Sie führten die Besucher auch auf den Weg, den Jesus vor seiner Kreuzigung gegangen sein soll. Es waren auch die Franziskaner, die die Nachbildungen des Leidensweges in andere christliche Länder brachten. So entstanden die Kreuzwege, die in vielen Kirchen und Kapellen und im Freien zu finden sind.
Kreuzwege, wie wir sie heute kennen, gibt es schon 1500 Jahre nach Christus. Die Anzahl der Stationen entwickelte sich jedoch erst mit der Zeit: Zu Beginn gab es oft sieben, später wurden es vierzehn Stationen.
Nach der Einführung durch Pater Leonhard, begann Dieter Petri mit der Kreuzweg-Betrachtung des Zeller Kreuzweges, der 14 Stationen umfasst. Brunhilde Kriele am Klavier sorgte für die musikalische Begleitung.
Der Künstler des Zeller Kreuzweges
Konrad Schmider (1859-1898), geboren in Wolfach-Langenbach, war der Künstler, der im 19. Jahrhundert die Leidensweggeschichte Jesus Christus, den Zeller Kreuzweg, in Bildern geschaffen hatte.
Das Werk des Kunstmalers dürfte zwischen 1880 und 1890 entstanden sein. ,Die Zeller Stadtpfarrkirche war damals bereits 100 Jahre alt. Es war in der Zeit des »Nazarenerstils«. Im Mittelpunkt stand Jesus von Nazareth. Er trug stets ein langes Gewand, sein Gesicht war fast immer lieblich.
Kreuzweg-Betrachtung
Dieter Petri wählte für seine Betrachtung sechs Stationen aus. Anhand von Fotos von Franz Huber vollzog er den Leidensweg in einer anschaulich und besinnlichen Andacht nach. Petri beschrieb, was Konrad Schmider malte und übertrug die Szenen auf Lebenssituationen der Seniorinnen und Senioren. So konnten sie sich in eigenen Lebenserfahrungen wiederfinden. Zu einzelnen Stationen sprach er Fürbitten. Durch ausgewählte Lieder wurde die Andacht ergänzt.
Dieter Petri begann mit dem Bild der Station 1 »Jesus wird verurteilt und weggeführt«. Sein Denkanstoß: Warum war Jesus vielen Menschen seiner Zeit im Weg? Der Hohe Rat verübelte Jesu, dass er sich als Sohn Gottes verstand und sah darin eine Gotteslästerung, die den Tod verdient. Pontius Pilatus, der römische Stadthalter in Jerusalem, ordnete die Hinrichtung am Kreuz an, obwohl er keine Schuld bei Jesus fand. Zum Zeichen, dass er selbst keine Verantwortung übernehmen will, wäscht er sich die Hände.
Die Station 2: »Jesus nimmt das Kreuz an«. Das Kreuz war für Jesus immer ein allwärtiges Zeichen für die Belastungen des Lebens. Hier spricht Petri an, dass es oft schwer fällt, bei einer Erkrankung die nötige Geduld aufzubringen oder gesundheitliche Einschränkungen zu akzeptieren. Mit einer Fürbitte wird die Betrachtung dieser Station beschlossen.
Bei der Betrachtung der Station 4 »Jesus begegnet seiner Mutter« meinte Petri, dass die Mutter Jesu mehr an der Ausweglosigkeit leide als ihr Sohn selbst.
Diese Station zeigt, wie wichtig es ist, einander nicht im Stich zu lassen. Und das auch, wenn die schmerzliche Realität nicht mehr geändert werden kann. Sterbende zu begleiten sei daher ein wichtiges Zeichen der Nächstenliebe.
Hierzu wurde das Lied »Christi Mutter stand mit Schmerzen« gesungen. Angst, Trauer und der Schmerz der Mutter Jesus wird damit ausgedrückt.
Zur Station 11 »Jesus wird an das Kreuz genagelt« ging Petri auf Kreuzigungen als Strafe und vor allem ihrer unbeschreiblichen Brutalität ein. Sie gehörten bei den Römern zu den gängigen Formen der Bestrafungen vor allem von Schwerverbrechern. Jesus wurde ein Opfer von Vorurteilen. Petris Denkanstoß hierzu: Müssen wir uns nicht fragen, ob wir es uns manchmal mit unserem Urteil zu einfach machen? Sollen wir nicht genauer hinsehen, um ein genaueres Bild zu bekommen?
Die Station 12 »Jesus stirbt am Kreuz« zeigt, dass er nicht in völliger Einsamkeit starb. Bei ihm waren Maria Magdalena, Johannes, sein Lieblingsjünger und der römische Hauptmann. Dieser blieb nicht freiwillig. Der Hauptmann musste so lange warten bis Jesus das Leben ausgehaucht hatte.
Der Evangelist Markus berichtete, dass Jesus den Psalm betet, indem Gott gefragt wird, warum er den Beter verlassen habe. Obwohl diese Worte etwas verstörend klingen, habe Jesus aber auch als Mensch das Recht seine verzweifelte Stimmung herauszurufen, betont Petri.
Einer der Evanglisten soll gehört haben, wie Jesus am Ende seines Lebens, sein Leben in die Hände des Vaters gelegt hat. Ein anderer, Johannes, sagte: »Es ist vollbracht!« Petri meinte dazu: »Darin liegt eine gewisse Zufriedenheit mit dem Lebenswerk, zu dem sich Jesus gerufen fühlte.«
Bei Jesus haben demnach im Sterben nicht nur Ergebenheit, sondern auch Zweifel mitgeschwungen. Um wie viel mehr müsse man daher Verständnis zeigen, wenn manche Sterbende sich gegen ihr Ende stemmen und keinen Frieden fänden.
Abschließend folgte Station 13 »Jesus stirbt am Kreuz«. Konrad Schmider stellt in diesem Bild dar, wie Johannes nachdenklich die vom Kreuz entfernten Nägel in der Hand hält. Maria streichelt ein letztes Mal das Gesicht des Verstorbenen. Josef von Arimathäa kümmert sich um den Toten und bietet an, den Leichnam in seine Grabkammer aufzunehmen. Darüber sind die mittellosen Anhänger von Jesu sehr dankbar. Ansonsten hätten sie ein Grab ausheben lassen müssen und den Leichnam in einem einfach gezimmerten Sarg versenkt.
Mit dem bewegenden Lied »O‘ Haupt voll Blut und Wunden«, das vom Leiden Jesus erzählt, wurde die Kreuzweg-Betrachtung feierlich abgeschlossen.
Hoffen auf eine bessere Welt
Dieter Petri sprach die verschiedenen Formen von Bestattungen an, die heute möglich sind. Er betont, dass die Toten Respekt verdienen. Sie halten nicht zuletzt unser Bewußtsein von der eigenen Sterblichkeit lebendig. Nach dem Tod geht es nach unserem Glauben weiter. »Wir dürfen im Blick auf das Kreuz auf Gottes bessere Welt hoffen«, meint Petri. Mit dem Lied »Wer nur den lieben Gott lässt walten« endete die besinnliche Kreuzweg-Betrachtung.
Das Team FORUM älterwerden bedankte sich bei Dieter Petri, Pater Leonhard, Brunhilde Kriele und Franz Huber mit einem kleinen Präsent.