Noch bis zum 9. Juli 2023 ist die Sonderausstellung »Begehrte Schaffhauser Tonwaren 1828 bis 1973« zu sehen. Die Keramikschau war das Ziel des Fördervereins Rundofen. Das besondere Augenmerk galt dabei den Arbeiten des gebürtigen Zeller Keramikkünstlers Gustav Spörri.




19 Personen, Mitglieder des Fördervereins Rundofen und Freunde der Keramik, starteten mit dem Zug Richtung Schaffhausen zur Besichtigung der Sonderausstellung »Ziegler Keramik – Begehrte Schaffhauser Tonwaren«. Abgeholt wurden die Teilnehmer am Bahnhof in Schaffhausen von Johann B. Schreiber, einem Zeller und Mitglied des Fördervereins Rundofen, der schon lange in der Schweiz lebt.
Das bedeutendste Museum der Region
Das Ziel der Teilnehmer war das Museum zu Allerheiligen in der Stadtmitte von Schaffhausen. Das bedeutendste Museum der Region vereinigt Archäologie, Geschichte, Kunst und Naturkunde unter einem Dach. Das Allerheiligen-Museum gehört zu den flächenmäßig größten Museen der Schweiz und wird von zwei Stiftungen maßgeblich unterstützt.
Untergebracht ist die Sonderausstellung in einer Halle der ehemaligen Kammgarnspinnerei, (Schaffhauser Wolle) die auch zum Museum gehört. Diese ist durch eine gedeckte Passerelle über die Baumgartenstrasse mit dem Museum, das in der ehemaligen Benediktinerabtei seit 1938 seinen Platz gefunden hat, verbunden.
Ein Kapitel Schweizer Industriegeschichte
Die Sonderausstellung würdigt umfassend die Pionierleistung des Firmengründers Jakob Ziegler (1775 – 1863) und seiner Nachfolger. Im Fokus stehen ferner die Künstler Johann Jakob Oechslin (1802 – 1873) und Gustav Spörri (1902 – 1976), die für die Tonwarenfabrik bedeutende keramische Werke geschaffen haben. Ergänzt durch Zeitzeugen-Interviews, Filme und Fotos ermöglicht die Ausstellung einen spannenden Einblick in ein Kapitel Schweizer Industriegeschichte.
Vor 195 Jahren begann in Schaffhausen der Siegeszug des bedeutenden Schweizer Keramikunternehmens. Dank Qualität und innovativer Produktionsmethoden eroberten die Erzeugnisse der Tonwarenfabrik den Schweizer Markt. Die Ausstellung spürt dieser Erfolgsgeschichte nach.
Die Vielfalt der präsentierten Keramiken veranschaulicht die formalen und technologischen Entwicklungen der europäischen Keramikproduktion. Beeindruckend auch in Schaffhausen die verschiedenen Formen und Dekore.
Wie bei der Zeller Keramik spiegeln sie den Zeitgeist, die gesellschaftlichen und modischen Strömungen wider. Ein weiteres wichtiges Standbein der Firma war die Entwicklung und Fertigung von Tonröhren für die Wasserversorgung.
Eine Lehre in der Zeller Keramik absolviert
Das Hauptinteresse der Fördervereins-Mitglieder galt jedoch den Werken des gebürtigen Zellers und fast vergessenen Künstlers, Gustav Spörri. Sein Vater war ein aus dem schweizerischen Tösstal eingewanderter junger Töpfer.
Gustav Spörri wurde als jüngster Sohn von neun Kindern 1902 in Zell a. H. geboren. Der Vater arbeitete 50 Jahre in der »Zeller Keramik«. Gustav Spörri absolvierte eine Lehre in der Fabrik von Georg Schmiders »Vereinigten Zeller keramischen Fabriken«. Spörri lernte Porzellan- und Keramikmaler und wurde schon nach der Lehrzeit mit größeren Aufgaben, wie Entwerfen von Formen und Dekoren beauftragt.
Studienjahre in Dresden und Wien
Bald zog es ihn in die »Fremde« nach Karlsruhe in die Staatliche Majolika, wo er von Professor Max Läuger viel lernen konnte. Spätere Studienjahre folgten: Kunstgewerbeschule Dresden und Kunstakademie Wien und zuletzt 16 Jahre künstlerischer Leiter der Fa. Villeroy und Boch in Dresden und Kunstbeirat der Staatl. Porzellan-Manufaktur in Meissen.
1946 gerät Gustav Spörri in Dresden, in russische Gefangenschaft und wird zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Dank Unterstützung aus Bern kommt er 1948 wieder über Berlin in die Schweiz.
Ab 1948 arbeitet Spörri wieder in der Schweiz. Zuerst in einer Töpferei bei Thun, dann bei der Tonwarenfabrik Ziegler und war von 1949 bis 1964 in der Kunstkeramischen Abteilung der Ziegler Tonwarenfabrik als künstlerischer Leiter tätig. Von 1965 bis 1976 arbeitet er ausschließlich im Atelier im eigenen Haus, seinem »Trubeguetli«.
Gespannt auf die Ausstellungsstücke von Spörri
Nach einer kurzen Kaffeepause im Museum startete dann die Führung durch die Sonderausstellung »Ziegler« mit Kurator Daniel Grütter. Besonders gespannt waren alle auf die Ausstellungs stücke von Gustav Spörri.
Zu Beginn seiner Führung erwähnte Daniel Grütter auch die Bedeutung von Schaffhausen als größte Industriestadt der Schweiz in der Vergangenheit: Gründung der Aluminiumproduktion, Silberverarbeitung, Spielkartenindustrie, Textilverarbeitung, um nur einiges zu nennen.
Nun erwartete die Besucher in der obersten Etage des Industriegebäudes, einer weiträumigen und lichtdurchfluteten ehemaIigen Industriehalle der »Schaffhauser Wolle«, eine beeindruckend gestaltete Ausstellung. Eine Vielfalt an Exponaten, entsprechend gut verständlichen Erklärungen, kleinen Hörstationen mit Zeitzeugen und zeitgenössischen Fotos ausgestattet. Auch waren verschiedene Dekorstempel (Bodenmarken) an der Wand aufgemalt, Spruchteller als ganzer Block sowie viele kleine Podeste mit den Unikaten und vieles mehr. »Wir waren beeindruckt.«
Nach der Darstellung des Wirkens der Familie Ziegler konnte man sich den Werken des Künstlers G. Spörri widmen. Daniel Grütter erläu terte und erzählte sehr eindrucksvoll über die Arbeit Spörris, die verschiedenen Stilrichtungen und Techniken z.B. nachdem die nach Spörris Entwürfen in Freiform gedrehten Keramikvasen oder Teller engobiert und der Rohbrand abgeschlossen war, trug Spörri flüssige Gummimilch (Latex) auf die Stellen der Gefäßoberfläche auf, die nach dem Glasurbrand unglasiert bleiben sollten. Nach dem die mit Gummimilch gezeichneten Muster und Motive angetrocknet waren, wurden die Farbglasuren aufgetragen. Nach deren Aushärtung wurde die Gummimilch entfernt, worauf der Glasur brand folgen konnte. Ein neues Kunstwerk war fertig. Spörri experimentierte auch mit einer besonderen sogenannten Rauchglasur.
Sein Werk ist beinahe in Vergessenheit geraten
Gustav Spörris umfangreiches keramisches Werk ist beinahe in Vergessenheit geraten. Dem wirkt ein 2013 erschienener Bildband des Spörri-Sammlers Markus Peter Strübin entgegen. Zum Wirken von Gustav Spörri zählen nicht nur Keramiken, sondern auch Mosaiken, Ölbilder und Aquarelle.
Erfüllt mit vielen neuen Eindrücken, Anregungen und Gesprächen begleitete J. Schreiber die Gruppe wieder zum Bahnhof zur Rückfahrt nach Zell. Den Abschluss fand die Exkursion bei gutem Essen und angeregter Unterhaltung in Zell. Der Dank geht an Dr. Dieter Petri, der die Fahrt organisiert hat.
Anmerkung: Ein »Spörri-Teller« mit Widmung auf der Rückseite als Geschenk an G. Schmider zum 70. Geburtstag, kann im Museum am Storchenturm betrachtet werden.