»Wir sind Wächter der Tradition – Zell ohne Fasend, das geht nicht, was sollen unsere Enkel mal denken?!« Die stellte Zunftmeister Clemens Halter anlässlich des traditionellen Dreikönigstreffens am gestrigen Donnerstag klar, vor dem Hintergrund der im letzten Jahr Corona-bedingt ausgefallenen »Fünften Jahreszeit«.


Mit einem umso eindringlicheren »Hoorig isch die Katz« hatte er zuvor 14 Vertreter der Zeller Fasendgemeinschaften sowie sechs Kollegen aus dem Narrenrat begrüßt – entgegen der Tradition nicht im gemütlich engen Narrenkeller, sondern im Großen Saal des Zeller Kulturzentrums. Die Zahl der Vertreter pro Gemeinschaft war zudem auf zwei beschränkt worden. Zutritt hatte nur, wer geimpft, genesen oder geboostert war und dringend angeratener Weise einen überdies negativen Schnelltest vorwies. Ganz im Zeichen der Pandemie stand denn auch die gleich zu Anfang erfolgende Verkündung einer jüngst erfolgten Absage, die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) betreffend: Nach langem Überlegen findet das für 2022 anberaumte VSAN-Landschaftstreffen der Fasnachtslandschaft Oberschwaben-Allgäu in Bad Saulgau nicht statt.
Als Pilotprojekt für ein Narrentreffen unter Einhaltung der Pandemie-Bestimmungen war es geplant, ohne jedoch »eine vernünftige Lösung finden zu können«, wie Narrenrat Stefan Polap erklärte. Das aber wolle man nicht so einfach hinnehmen, betonte Zunftmeister Clemens Halter: »Zwei Jahre vorher werden wir eingeladen und halten uns die Termine frei, aber dann findet die Veranstaltung kurzfristig nicht statt.« Was den Zeller Narrenrat dazu veranlasst hat, selbst ein närrisches Landschaftstreffen auf die Beine stellen zu wollen, und zwar eines der Fasnachtslandschaft Schwarzwald.
Ein bis zwei Wochen vor den Hochtagen der Fasend soll es stattfinden, im klein gehaltenen Rahmen. »Wir machen sozusagen ein eigenes Pilotprojekt für ein Narrentreffen in Pandemiezeiten«, verdeutlichte Clemens Halter und bekräftigte mit tiefernst zu nehmendem närrischen Trotz: »Das ziehen wir durch.«
»Das klappt«, sind sich auch Stefan Polap und Ratskollege Mathias Schwarz sicher, »das ist nicht so schwierig wie die Fasend selbst«. Statt einer Erklärung lachen die beiden voller Zuversicht: Die Bevölkerung solle sich überraschen lassen, Weiteres werde aus den Medien zu erfahren sein.
Ein entsprechendes Grundkonzept muss zunächst allerdings vom Sozialministerium bewilligt werden. Die bisher »ganz gut« gelaufenen Gespräche schüren Hoffnung auf den Segen des Amtes – ist dieser erteilt, wird das Konzept dem Zeller Stadtrat präsentiert.
Fasend trotz schwerer Zeiten
»Wir möchten, dass die Narren zu uns nach Zell kommen«, fasste Zunftmeister Clemens Halter zusammen, »um den Leuten zu zeigen: In so schweren Zeiten kann man trotzdem Fasend machen.« Gleichzeitig betonte er, nicht zu viel Werbung machen zu wollen, »damit nicht zu viele Zuschauer ins Städtle kommen.« Nach Telefonaten mit allen Zunftmeistern haben zwölf und somit die Hälfte der in Frage kommenden Zünfte ihre Bereitschaft zum Kommen bereits zugesagt.
Sicher auf jeden Fall ist, dass die Zeller Altstadt im Unterschied zum letzten Jahr wieder mit bunten Straßenwimpeln geschmückt wird. Aufgehängt werden sie am 29. Januar, abgehängt am 5. März. Treffpunkt ist jeweils um 14 Uhr im Gasthaus »Sonne.«
Sicher zum Zweiten ist auch, dass es in puncto Zunftabend 2022 keine Hallenveranstaltung geben wird. Was mit der pandemie-bedingten Beschränkung der Saalbelegung zusammenhängt. »Stattdessen werden wir versuchen, auf dem Kanzleiplatz auf offener Bühne etwas zu machen, so dass wir wenigstens ein bisschen Fasend erleben dürfen«, erläuterte der Narrenrat am Dreikönigstreffen. Dass die noch vor vier Wochen geltende Beschränkung auf 750 Personen für Großveranstaltungen im Freien inzwischen auf 500 Personen reduziert wurde, macht die Sache nicht einfacher, »deswegen versuchen wir, Fasend »unter uns« zu machen und nicht Publikum von außen zu holen.«
Besonders an die Kinder denken
Wie genau eine solche Veranstaltung aussehen könnte, auch in puncto der Ehrung verdienter Narren, wurde von der Versammlung lebhaft diskutiert. Gleiches galt für den Schmutzigen Dunschdig. »Wir machen, was wir machen dürfen«, unterstrich der Narrenchef, »vor allem für Kinder, das liegt mir besonders am Herzen.« Nach zwei oder gar drei Jahren ohne Fasend wüssten diese andernfalls nicht mehr, »was das ist«. Wo doch die heutigen Kinder diejenigen seien, die in der Zukunft die Fasend machten.
»Corona ist nicht nur eine Epidemie der Bevölkerung, sondern auch eine Epidemie der Vereine«, meldete sich Ehrenzunftmeister Berthold Damm zu Wort, »dem sollte man entgegenhalten durch Veranstaltungen, die im Rahmen der Pandemie möglich sind.« Denn wenn auch in diesem Jahr keine Fasend stattfände, werde es im kommenden Jahr noch schwieriger.
»Was gesetzlich geht, werden wir auch machen«, bekräftigte Damm-Nachfolger Clemens Halter, »wichtig ist, DASS wir etwas machen.« Noch allerdings heißt es abwarten. Im Laufe der nächsten Woche treffen sich die Fasnachtsverbände, um das weitere Vorgehen gemäß der von der jüngsten Ministerkonferenz getroffenen Corona-Beschlüsse zu besprechen, »was dabei herauskommt, erfahren wir am nächsten Samstag.« Will heißen: Erst dann liegen der Zeller Narrenzunft die Rahmenbedingungen vor, innerhalb derer sie versuchen wird, eine Zeller Fasend zu konzipieren.
Zeller Kartennarro in Dubai
Deren organisatorisches Oberhaupt scheut sich trotz aller Zuversicht dennoch nicht, dem schlimmsten aller möglichen Fälle ins Auge zu sehen: »Habt Ihr Euch Gedanken gemacht«, setzte er beim Dreikönigstreffen eine erneute Diskussion in Gange: »Falls wir gar nichts machen dürfen, wollen wir was online machen?«
Dennoch wusste Clemens Halter am Ende der Veranstaltung für gelöste Stimmung zu sorgen. Mit dem Hinweis darauf, dass die Vereinigung der Schwäbisch Alemannischen Narrenzünfte mit einer kleinen Abordnung auf der Expo in Dubai vertreten sein wird – darunter ein Zeller Kartennarro, »darauf können wir ein Stück weit stolz sein.«
»Wir freuen uns alle auf eine glückselige Fasend«, wandte sich der Zunftmeister abschließend an alle Mitstreiter, »wie auch immer sie aussehen wird, wir sind mit dem Herzen dabei.«