Wer Bruder Konrad im Zeller Kapuzinerkloster sprechen will, der muss nur in den Klostergarten gehen. Hier findet man ihn bei der Arbeit. Nicht in der braunen Kutte, sondern in einer grünen Schnittschutzhose. Sein Arbeitstag beginnt morgens um acht Uhr und endet meist erst kurz vor dem Abendessen. Was die Geschichte so besonders macht? Bruder Konrad pflegt selbst mit 85 Jahren noch den großen Zeller Klostergarten.




Rund 8.000 Quadratmeter umfasst der Zeller Klostergarten, aus denen der Klostergärtner nach harten Rodungsarbeiten einen Garten gemacht hat, in dem man sich erholen und die Seele baumeln lassen kann. Und nicht nur das: Im Klostergarten wächst Gemüse aller Art. Angefangen bei Kohlrabiköpfen, bis hin zu Roter Bete und Sellerie, Mangold, Blumenkohl, Rotkraut, Lauch, Tomaten, Spinat und Wirsing. Alles fein säuberlich in Reih und Glied gepflanzt.
Es muss schmecken
Natürlich fehlt auch des Deutschen und der Kapuziner liebste Beilage, die Kartoffel, nicht. Mit den Gästen und Tagungsteilnehmer des »Haus der Begegnung«, sitzen manchmal bis zu 40 Esser am Tisch. Sie loben das Essen und die Küche: Hier wird noch gekocht wie bei Mutter daheim. Frische Zutaten und Gewürze, knackige Endivien- oder Kopfsalate, sind das I-Tüpfelchen auf dem Klosterküchenzettel. Was auf den Tisch kommt, bestimmt der Guardian oder die Köchin oder beide zusammen. Es gibt nur eine Regel: Es muss schmecken. Glücklich ist derjenige unter den Brüdern, der Geburtstag hat. Er darf zur Feier des Tages für alle sein Lieblingsessen bestimmen.
Früchte für den Vorrat
Die Bäume und Sträucher im Klostergarten tragen viele Früchte. 40 Obstbäume stehen im Klostergarten. Sie werden von Bruder Konrad mit Liebe gehegt und gepflegt. Meisenknödel an den Ästen sind die Lieblingsspeise der Vögel, die hier ihr Zuhause haben. Bruder Konrad weiß: Auch der heilige Franziskus hat die Vögel täglich gefüttert. Die Franziskusstatue im Klostergarten zeigt den großen Heiligen, wie er seine Arme zu einem Korb zusammenlegt, in dem die Vögel Futter holen können.
Mit zur Arbeit gehört der Frühschnitt in der Obstanlage. Bäume, die nicht mehr tragen oder alt sind, werden von ihm stark zurückgeschnitten. Was dürr ist, muss weg, damit die gesunden Äste Früchte hervorbringen. »Das gibt eine gute Ernte«, freut sich Bruder Konrad. Zwischendurch probiert er immer wieder die Früchte. Und er ist zufrieden: »Die schmecken wunderbar.« In der Klosterküche werden die Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Mirabellen in Gläser eingemacht oder zu Marmelade eingekocht. Andere Früchte, besonders Äpfel und Birnen, werden auf den langen Pritschen des Klosterkellers eingelagert. Der Winter ist lang und die knackigen, festen Äpfel und Birnen schmecken viele Monate wie frisch geerntet.
Ohne Garten?
Alle im Kloster müssen satt werden. Klöster, die keinen eigenen Garten hatten, schickten früher die Brüder im Herbst in die Nachbardörfer zur sogenannten »Kollekte«. Höflich baten sie die Bewohner um Obst und Gemüse für den Winter. Und meist wurde reichlich gegeben. Wintergemüse, Kartoffeln, Äpfel und Birnen. Klöster, die in ihren Mauern Klosterschulen unterhielten, schickten die Schüler, zwei-, dreimal im Jahr zu den Bauern, wo sie bei der Kartoffel-, Kirschen, Äpfel- und Birnenernte halfen. Für die Schüler war das oft eine willkommene Abwechslung. Es wurde gesungen auf den Kirschbäumen, um Pflücker abzuhalten, zu viele Kirschen zu essen. Dafür wurden die Erntehelfer von den Bäuerinnen mit einem herrlichen Abendessen verwöhnt, bevor es wieder gemeinsam und mit Früchten gut beladen ins Kloster zurückging.
Erst Küfer, dann Mönch
Als Klostergärtner Bruder Konrad mit seinem weltlichen Namen Franz Zanger von seinem beschaulichen Leben im dörflichen Münchweier in die Bensheimer Klosterschule für Spätberufene Priester kam, ahnte er von diesem Leben noch wenig. Täglich von morgens bis abends lernen, wo er doch immer gerne an der frischen Luft war, war nicht das, was er sich gewünscht hatte. Da traf es sich gut, dass Pater Rafael vom Kloster Bensheim vom Münchweirer Pfarrer auf den jungen Mann aufmerksam gemacht wurde, der immer wieder den Wunsch geäußert hatte, einmal Kapuziner zu werden. In weiteren Gesprächen mit Pater Rafael festigte sich der Wunsch. Und Pater Otto, der gefürchtete Chef des Bensheimer Klosters, nahm den Franz aus Münchweier in die Spätberufenen Schule auf, wo er hätte in der Hälfte der üblichen Zeit das Abitur machen können.
Zu diesem Zeitpunkt stand Bruder Konrad schon vor der Gesellenprüfung als Küfer. Sollte er die Küfer-Gesellenprüfung ablegen oder gleich in den Kapuzinerorden eintreten, fragte er bei Pater Otto an. In dem Antwortbrief legte der Rektor ihm nahe, dass er als begabter Handwerker am besten die Küferlehre ablegen sollte, um dann im Kloster in seinem Beruf zu arbeiten.
Wüste in Krefeld
Franz Zanger stimmte zu und trat in das Kloster ein, zunächst als Postulant und dann als Novize im Kloster Stühlingen. Seinen bisherigen Namen Franz legte er ab und bekam den neuen Namen Konrad. Danach wurde Bruder Konrad als Gärtner ins Kloster Krefeld versetzt. Der Guardian gab ihm folgende Regel mit auf den Weg: »Ein Klostergärtner ist verantwortlich, dass es immer genug zu kochen und zu essen gibt. Er muss auch dafür sorgen, dass die Kirche und das Kloster stets mit Blumen zur Ehre Gottes geschmückt sind«. Bruder Konrad erinnert sich: »Ich sah keinen Garten, sondern nur eine riesige Graswüste vor mir. Um weiterzukommen, plante ich für das unwirtliche Gelände richtige Wege. Danach teilte ich Flächen zwischen den Wegen in Beete für die Früchte ein. Es war ein großes Glücksgefühl für mich, als ich dann nach einem Jahr ernten konnte.«
Ein Sportplatz für alle
Doch das Glücksgefühl war von kurzer Dauer. Er wurde aufgrund seines außergewöhnlichen Talentes als Gärtner nach Münster in Westfalen versetzt, wo sich der größte Garten der Provinz mit rund 30.000 Quadratmetern befand. Im Kloster wohnten viele Patres und Studenten, die jeden Tag Hunger hatten. Um in Münster mit dem Garten voran zu kommen, transportierte er aus dem verlassenen Kloster Krefeld mit zwei LKW-Ladungen sämtliche landwirtschaftliche Maschinen ab und richtete sich mit Werkstatt und Abstellräumen in Münster neu ein. Sogar einen Sportplatz baute er, auf dem die Kinder und Jugendlichen der Nachbarschaft spielen durften. Höhepunkt war am Samstagabend immer das heiß umkämpfte Spiel Kapuziner gegen die Nachbarn. Es ging heiß her, bei den Grillwürsten, die Bruder Konrad auf seinem selbstgebauten Grill brutzelte, waren beide Mannschaften und die Zuschauer glücklich und zufrieden. Manchmal waren es über 500 Würste, die mit Heißhunger verschlungen wurden.
Grillwürste in Zell
2015, mit fast 80 Jahren, baten die Oberen Bruder Konrad, sich um den Zeller Klostergarten zu kümmern und aus ihm wieder ein Kleinod zu machen. Gerne sagte Bruder Konrad ja, denn sein Heimatort Münchweier liegt nur 32 Kilometer von Zell entfernt. Jetzt war er wieder im Kloster und zugleich ganz in der Nähe, wo er vor seinem Ordensleben daheim war. Seine Würste konnte er hier immer noch grillen, jetzt eben für die Wallfahrer. Im Zeller Kloster ist es Brauch, dass die Wallfahrer aus ganz Baden mit Brot und Getränken bewirtet werden, bis alle satt sind. Genau wie am See Genezareth bei der Brot- und Fischvermehrung. Mit dem kleinen Unterschied, dass es im Zeller Klosterhof Grillwürste der Marke »Konrad« statt Fische gibt.