Unter den 20 Anwesenden, die sich am vergangenen Mittwochabend im Kultur- und Vereinszentrum zur Mitgliederversammlung des »Caritas Seniorenzentrum St. Gallus e.V.« eingefunden hatten, konnte Vorsitzender Pfarrer Bonaventura Gerner auch den Zeller Bürgermeister Günter Pfundstein sowie die Biberacher Bürgermeisterin Daniela Paletta begrüßen.
Dem derzeit 66 Mitglieder zählenden Trägerverein gehören sowohl die katholische Kirchengemeinde als auch die politische Gemeinde an. Im Zuge einstimmig erfolgter Neuwahlen wurde das bisherige Vorstandsteam in seinen Ämtern bestätigt: Neben dem Vorsitzenden sind das Finanzreferent Karl-Heinz Heitzmann, Schriftführer Ferdinand Hug sowie die Beisitzer Maria Fonteiner und Hubert Schmieder.
Für den stellvertretenden Vorsitz, der seit der letzten Mitgliederversammlung im Jahre 2018 vakant war, konnte Wilhelm Bleier – Bankkaufmann im Ruhestand – gewonnen werden. Als dritter Beisitzer wird künftig Zells Stadtbaumeister Tobias Hoffmann fungieren.
Pfarrer Gerner, Vorsitzender kraft seines Amtes als Pfarrer der katholischen Seelsorgeeinheit, dankte den Vorstandskollegen, der Heimleitung sowie Wirtschaftsprüfer Markus Welte für eine gute und sehr intensive Zusammenarbeit. »Es waren bewegte Zeiten bis heute«, betonte er in seinem Rückblick auf die vergangenen drei Jahre – mit einer Vielzahl ordentlicher sowie außerordentlicher Sitzungen. Das wesentliche Thema war die Frage, wie die Einzelzimmerforderung der Landesheimbauverordnung umzusetzen sei. Da man eine – über lange Zeit hinweg im laufenden Betrieb erforderliche – Renovierung des bislang mit Doppelzimmern ausgestatteten Seniorenheims weder Bewohnern noch Mitarbeitern zumuten wollte, fiel die Entscheidung für einen Neubau.
»Wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht. Aber unser Ziel ist es, das sehr gute Image des Seniorenzentrums St. Gallus zu halten – das ist unser Pfund, mit dem wir wuchern sollten.« Denn auch, wenn das derzeitige Bestandsgebäude in die Jahre gekommen sei: »Die Pflege, das Menschliche im Haus kommt sehr positiv an, das wurde uns auch zur 50-Jahr-Feier 2018 immer wieder bestätigt.«
»Das Heim ist eines meiner Hauptarbeitsgebiete gewesen«, betonte Pfarrer Gerner, getragen von der Sorge, das Haus nicht nur zu halten, sondern gut und somit wettbewerbsfähig in die Zukunft zu führen. In sämtlichen Sitzungen ging es daher auch um die wirtschaftliche Konsolidierung, um die Voraussetzung dafür zu schaffen, einen solchen Neubau finanziell zu stemmen – mit Themen wie Controlling, Stellenschlüssel, Bildung und Weiterbildung von Mitarbeitern, Belegungssituation und Qualitätsmanagement.
Neue Dienstleistungen statt Entlassungen
Michael Schlosser, geschäftsführender Heimleiter, erläuterte zu den zuvor genannten Schlagworten einige Details. »Als ich hier vor vier Jahren anfing, hatten wir einen Stellenüberhang von knapp sieben Stellen.« Um Entlassungen zu vermeiden, wurden im Bereich Hauswirtschaft die Dienstleistungen sehr stark ausgebaut. »Zum anderen haben wir geschaut, ob die Bewohner des Seniorenheims richtig eingestuft sind und vor allem im ambulanten Bereich einiges nachgeschärft.«
Zu den verschiedenen neuen Dienstleistungen, die kreiert wurden, gehört auch das »Essen auf Rädern«. 14 Fahrer betätigen sich hier inzwischen, darunter Schüler, Studenten und Senioren, »unser ältester Mitarbeiter geht gegen 80.« Während der Pandemie hat sich das St. Gallus-Geschäft mit »Essen auf Rädern« um 20 Prozent gesteigert. »Aufgrund der Nachfrage könnten wir sogar noch mehr Essen verkaufen, doch derzeit ist die Kapazitätsgrenze im Hinblick auf die Logistik erreicht.«
Von derzeit insgesamt etwa 100 Mitarbeitern mit knapp 87 Vollzeitstellen arbeiten etwa 10 im ambulanten Dienst und 68 in der stationären Pflege. Betrachte man die Einnahmen aus beiden Bereichen, so stelle der ambulante Bereich inzwischen ein Fünftel, »er wächst und wächst«, erläuterte Michael Schlosser, ganz wichtig sei dabei auch die Kooperation mit anderen Trägern, wie beispielsweise der Zeller Sozialstation St. Rafael.
»Unser Kapital sind natürlich unsere Mitarbeiter«, hob er hervor. Neun junge Menschen hat das Seniorenheim in den letzten vier Jahren ausgebildet, »sechs davon arbeiten aktuell bei uns – es ist uns gelungen, die Leute am Ort zu halten.« Sorge bereite ihm jedoch der aktuell geringe Nachwuchs in der generalistischen Pflegeausbildung – eine neue zeitgemäße Pflegeausbildung, die die bisherigen Ausbildungen der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege verbindet.
Voraussichtlich Sommer 2023
»Wir werden den Park vermissen«, bedauerte der Heimleiter mit Blick auf den im St. Gallus-Park entstehenden Neubau. Dennoch sei er mit dem gefundenen Kompromiss sehr zufrieden. Von den 14 Millionen Euro, die das dreistöckige (aus Rücksicht auf die Nachbarn nicht vierstöckige) und mit Gas beheizte Projekt kostet, »stemmen wir selbst zwei Millionen, in 40 Jahren gehört die Hütte dann uns«, schmunzelte er.
Die bisherige Belegungszahl im St. Gallus beläuft sich auf 119, das neue »autarke« Gebäude wird 90 Plätze haben, mit Einzelzimmern in einer Größe von 20 m² sowie sechs (statt wie minimum vorgeschrieben drei) Appartements für Paare, die aus zwei miteinander verbundenen Einzelzimmern bestehen. »Was ich schön finde: Es gibt sehr große Balkone«, freute sich Michael Schlosser.
Der Spatenstich erfolgte am 1. Oktober 2021. Für die Bauzeit werden 18 Monate veranschlagt, so dass die Fertigstellung inklusive Einrichtung für Mai/Juni 2023 geplant ist. Betrieben werden soll das Haus in Anlehnung an das Hausgemeinschaftsmodell, mit sechs Wohngruppen á jeweils 15 Pflegeplätzen.
Leistungen wie Verwaltung, Hauswirtschaft und Speiseversorgung werden ausgelagert und trägerseitig übernommen. Zudem sollen die sich zwischen den einzelnen Geschäftsfeldern (stationär, ambulant, teilstationär) ergebenden Synergie-Effekte genutzt werden. Bis zum Bezug des Neubaus muss die Zahl der Planbetten im Bestandsgebäude den Anforderungen durch die Landesheimbauverordnung sukzessive angepasst werden.
Angebot für adipöse Senioren?
Für das bisherige Gebäude gibt es Überlegungen zu zwei neuen Pflegesonderformen: zum einen im Bereich der Kurzzeitpflege, zum anderen möglicherweise ein Angebot für adipöse Senioren. Für dieses Klientel sei es derzeit sehr schwer, einen Platz in einem Seniorenheim zu finden, da eine besondere Ausstattung sowie besonders ausgebildetes Personal erforderlich ist. »Das wäre ein Alleinstellungsmerkmal«, so der Heimleiter, zumal man für das Bestandsgebäude »auch in Richtung Rehabilitation denke.«
Markus Welte, der seit 2017 für das St.-Gallus-Seniorenheim tätige Wirtschaftsprüfer von der WEKO respond Unternehmensgruppe, stellte die wirtschaftlichen Zahlen für die Jahre 2017 bis 2020 vor. Die Jahresergebnisse 2017 bis 2019 waren von Stabilität geprägt, das Corona-Jahr 2020 hingegen von einer erheblichen Reduktion der Pflegeleistungen. Doch dank der gewährten Corona-Zuschüsse durch das Land »war das Haus nicht defizitär. Der Schutzschirm hat gehalten, was die Politik versprochen hat«, betonte Markus Welte.
Im Personalbereich hob er die gute Ausstattung bei Betreuung und Pflege hervor, mit einer hohen Fachkraftquote von 70 Prozent. Die Liquidität des Hauses beurteilte er als nicht ausreichend. »Im Falle einer Krisensituation reichen die liquiden finanziellen Mittel nur für einen Monat, aus unserer Erfahrung heraus müssten sie das Zwei- bis Dreifache betragen.« Um dies sukzessive zu erreichen gelte es, das laufende positive Betriebsergebnis stabil zu halten.