dp). Mit einer Prozession durch die Stadt zur Wallfahrtskirche »Maria zu den Ketten«, einem Gottesdienst und einem anschließenden kleinen Umtrunk im Klostergarten der Kapuziner beging die Seelsorgeeinheit das traditionelle Friedensfest.
Dem Zug durch die Stadt schloss sich eine Gruppe von Frauen und Männern an, die zu Fuß den Weg von Oberharmersbach nach Zell unternommen hatten. Die Polizei sperrte für die Prozession zeitweilig den Verkehr und die Feuerwehr sicherte zusätzlich mit Fahrzeug und Blaulicht den Weg.
Wie es seit Jahren Brauch ist, brachte die ausrichtende Pfarrei eine Votivkerze zum Gotteshaus. Brigitte Metzler und Barbara Christ vom Pfarrei-Team überreichten Bruder Markus, dem Guardian des Klosters, die Kerze als Zeichen der Verbundenheit von Seelsorgeeinheit und Kloster. Die Kerze war verziert mit Motiven des Sonnengesangs des hl. Franz von Assisi. Dessen Hymnus auf die Schöpfung bildete dann auch neben dem Evangelium den geistigen Mittelpunkt der Feier. Darin spricht Franz die Gestirne und Elemente als seine Geschwister an, denen er sich familiär verbunden weiß.
War der Himmel bei der Ankunft der Wallfahrer noch verhangen, sandte er pünktlich zum Vortrag des Sonnengesangs seine hellen Strahlen durch die hohen Fenster in das Gotteshaus; so als hätte der Himmel mitgehört. Statt der Predigt durch einen Geistlichen trugen zwei Frauen, Lilo Fix und Melitta Himmelsbach vom Liturgiekreis, eine Besinnung zum Schöpfungslied vor. Darin wurde erwähnt, dass Franz erstaunlicher Weise den Hymnus trotz Schmerzen und nachlassendem Augenlicht verfasst hat.
Glaube und Verantwortung
Dass es nicht beim bloßen Loben und Staunen über die Wunder der Natur bleiben darf, sondern daraus eine Verantwortung für die Natur resultiert, machten die von Jutta Uhl vorgetragenen Fürbitten deutlich. Da war z. B. vom notwendigen Abschied von der Energieverschwendung die Rede, um die Natur nicht auszubeuten, sondern ihre Kräfte möglichst schonungsvoll im Gleichgewicht zu halten. Nicht zuletzt wurde für die von der jüngsten Überschwemmungskatastrophe betroffen Bürgerinnen und Bürger gebetet, damit es ihnen beim Wiederaufbau nicht an Mut fehle.
Der Kirchenchor verzichtete darauf, eine einstudierte Messe zu singen und unterstützte stattdessen die Gemeinde beim gemeinsamen Gesang. Beim ein oder anderen neueren Lied, zeigte sich die Gemeinde für die sichere Begleitung dankbar. Vertraut war dagegen das Schlusslied »Maria breit den Mantel aus, mach Schirm und Schild für uns daraus«. Gerade in Zeiten von Corona tut Vertrauen not.
Pfarrer Gerner dankte allen, die zum Gelingen des Gottesdienstes beigetragen hatten, nicht zuletzt der Polizei und der Feuerwehr für die Sicherung des Prozessionsweges. Anschließend waren die Gottesdienst-Besucher zur Begegnung und einem kleinen Umtrunk in den Klostergarten eingeladen. Zahlreiche Gottesdienstbesucher folgten dieser Einladung, darunter auch die politischen Vertreter, so Bürgermeister Günter Pfundstein, Zell, Bürgermeister Richard Weith, Oberharmersbach, Ortsvorsteher Ludwig Schütze, Unterharmersbach und Ortschaftsrat Raimund Fritsch, Prinzbach. Ihr Dabeisein erinnerte daran, dass die Wallfahrt zum Fest Kreuzerhöhung 1698 von Gemeindevertretern als Friedensfest angeregt worden war.
Geschichtliche Wurzeln der Gelöbniswallfahrt
Offenburg und Gengenbach waren 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg von den Truppen Ludwigs XIV. eingeäschert worden. Weil ein Bruder von Ludwig mit Liselotte von der Pfalz verheiratet war, erhob Ludwig Erbansprüche auf die Pfalz und angrenzende rechtsrheinische Gebiete. Die Habsburger wollten diese Territorien den Franzosen nicht kampflos überlassen. In der Folge zerstörten die französischen Truppen die habsburg-hörigen Reichsstädte Offenburg und Gengenbach.
Der Reichsstadt Zell und den Orten seiner Umgebung drohte ein ähnliches Schicksal. Es kam jedoch nicht zur befürchteten Katastrophe. Als man sich von der lähmenden Bedrohung erholt hatte, erwachte der Gedanke einer Dankeswallfahrt. Im August 1698 schlugen die Vertreter von Biberach, Nordrach, Unter- und Oberentersbach dem Rat der Stadt Zell ein Friedensfest an der Wallfahrtskirche vor. Die genannten Gemeinden gehörten damals zum Stab der Reichsstadt Zell und waren von ihr abhängig. Als Tag für das dankbare Gedenken wurde das Fest der Kreuzerhöhung am 14. September vorgeschlagen.
Am Festtag sollten die Bürger von Zell, den Stabgemeinden und des Reichstals Harmersbach mit Kreuz und Fahnen zum Gottesdienst in »Unserer lieben Frauen Capellen« einziehen und einen Dankgottesdienst feiern. Wenn das Danklied »Te Deum laudamus« (Dich, Gott, loben wir) angestimmt wird, sollen die Schützen eine Salve abfeuern. Der Vorschlag wurde angenommen. Nach dem Gottesdienst bekamen die Teilnehmer von den Gemeinden Wein, Brot und Fleisch spendiert.
Quelle: Eintrag im Zeller Ratsprotokoll vom 22.8.1698.