1957 wurde Zell zum Standort einer landwirtschaftlichen Berufsschule für den unteren Teil des Kreises Wolfach bestimmt. Die Stadt stellte hierfür ein Grundstück im Oberen Eckfeld zur Verfügung. Das darauf errichtete Gebäude steht heute noch da; darin befinden sich das SBBZ (Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum) und der Kindergarten – Villa Regenbogen.





Aus Biberach haben sich die ehemalige Lehrerin Barbara Martin und die ehemalige Schülerin Elisabeth Pfaff zusammengetan, um aus ihren Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit zu berichten.
»Wir haben für das Leben gelernt. Es war eine schöne und wichtige Zeit für die Mädchen«, erklären beide übereinstimmend im Rückblick. Barbara Martin hat heute noch Kontakt zu den Schülerinnen ihrer 1. Klasse, die zu ihren Freunden geworden sind und sie den ganzen Lebensweg begleitet haben.
Selbstbewusstsein entwickelt und Freundschaften geschlossen
Elisabeth Pfaff ist im Jahr 1969 direkt nach der Hauptschule als 15-jähriges Mädchen zur Hauswirtschaftlichen Schule nach Zell gegangen, zusammen mit fünf weiteren Mädchen aus Biberach. »Es war für uns eine Gelegenheit, von zu Hause raus zu kommen, persönlich zu reifen und zu lernen«, erinnert sich die ehemalige Schülerin gerne an die einjährige Schulzeit zurück. Die reine Mädchenklasse habe allen gutgetan, ohne die Jungen konnten sie Selbstbewusstsein entwickeln und Freundschaften zu den Mitschülerinnen aus Zell, Entersbach, Nordrach und Oberharmersbach schließen. Die Unterrichtszeit dauerte oft bis in die Nachmittagsstunden, doch da die Mädchen zu Hause in der Landwirtschaft mithelfen mussten, »sind wir gerne länger in der Schule geblieben«, schmunzelt Elisabeth Pfaff heute rückblickend.
An Sonntagen war es für die Schülerinnen verpflichtend, das Sozialpraktikum zu absolvieren. Im Zeller Krankenhaus war es eine Ehre für die Mädchen, bei der Essensausgabe mitzuhelfen. »Gerne gesehen wurde auch der vorherige Gottesdienstbesuch«, erzählt Frau Pfaff.
Erziehungslehre war das Lieblingsfach der Schülerinnen
Die Lehrerin Barbara Martin kam im Jahr 1978 an die Schule und unterrichtete dort bis 1991. Die Selbstständigkeit der Haus- und Landwirtschaftlichen Schule in Zell erlosch in diesem Jahr. Die Schule wurde mit der Hauswirtschaftlichen Schule in Wolfach zusammengelegt. Hier unterrichtete Barbara Martin bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 2013 u.a. in folgenden Fächern: Ernährungslehre, Erziehungslehre, Nahrungszubereitung, Sozialpflege und Deutsch.
Die Schülerinnen lernten neben kochen und backen auch die schonende Verarbeitung frischer Lebensmittel sowie das Haltbarmachen. Damals vor allen Dingen Sterilisieren, Trocknen, Einlegen von Gemüse und Tiefgefrieren. Das Fach Ernährungslehre zeigte die Inhaltsstoffe der Lebensmittel auf und deren Bedeutung für den Körper. Unterrichtet wurden auch die Hausreinigung und der fachgerechte Umgang mit den verschiedenen Materialien im Haus wie Kupferpfannen, Silberbesteck, Pflege von Federbett, Bürsten und Besen.
In Erziehungslehre, dem Lieblingsfach der Schülerinnen, wurden Kenntnisse über Schwangerschaft und Geburt, Entwicklung und Erziehung des Kindes in den ersten sechs Lebensjahren vermittelt.
Elisabeth Pfaff erinnert sich noch an die Bedeutung der Umgangsformen bei Tisch, sowie die in den 60er-Jahren wichtige Frage: »Was brauche ich für die Aussteuer?« Das Fach Textilarbeit wurde in den ersten Jahren von der Schwester Isolde unterrichtet und beinhaltete Zuschneiden, Umgang mit der Nähmaschine, Bügeln und schrankfertig machen der Wäsche. »Die Abschlussarbeit war ein selbstgenähtes Dirndl«, erinnert sich Elisabeth Pfaff.
Sportunterricht fand in der Jahnturnhalle statt. Das Gelände um die Schule wurde als Garten genutzt, der von den Mädchen liebevoll und gern gepflegt wurde. Produkte aus dem Garten fanden selbstverständlich in den
Fächern Nahrungsmittelzubereitung Verwendung. »Heute sagt man „Bio“, dabei gab es das früher auch alles schon«, erklärt Barbara Martin. Hühnerhaltung auf dem Gelände gehörte ebenfalls zum Unterricht dazu und wurde in
den Anfangsjahren von Frau Lorenzl unterrichtet.
Pausen für die Buben- und Mädchenklassen zu unterschiedlichen Zeiten
Eine Schulklasse für Jungen ergänzte das Angebot der landwirtschaftlichen Schule, Lehrer war der Schulrat Thomas Kopp. »Es wurde streng darauf geachtet, dass die Pausen für die Buben- und Mädchenklassen zu unterschiedlichen Zeiten stattgefunden haben, da der Kontakt der Mädchenklasse zu den Jungen nicht erwünscht war«, ergänzt Elisabeth Pfaff.
Durch den Besuch der Hauswirtschaftlichen Schule haben die Schülerinnen die Berufsschulpflicht erfüllt. Sie konnten danach ihr eigenes Geld als Arbeiterinnen in den Fabriken verdienen oder eine Ausbildung absolvieren. Mit 16 Jahren gingen die Mädchen damals sehr jung in das Berufsleben. »Wir mussten Geld verdienen, da wir bis zur Heirat zu Hause wohnten und Kostgeld abliefern«, erinnert sich die ehemalige Schülerin Pfaff.
Hauswirtschaftliche Schule in Zell wurde 1991 geschlossen Durch die Schließung der Berufsschule im Jahr 1991 mussten die Schülerinnen aus den Talgemeinden die lange Bahnfahrt nach Wolfach auf sich nehmen. Doch die Mädchen fanden die Bahnfahrt spannend und ja, es war für damalige Verhältnisse weit weg von zu Hause, fast schon ein Erlebnis.
Mit der Einführung der Zweijährigen Berufsfachschule 1972 erhielten die Mädchen die Möglichkeit, die Mittlere Reife zu erlangen. Deshalb wird die zweijährige Berufsfachschule mit den Profilfächern Gesundheit und Pflege oder Hauswirtschaft und Ernährung in Wolfach gerne besucht.
Der Rückblick in die schulische Entwicklung vom Ende der 60er Jahre bis heute war aufschlussreich und bestätigt, dass das Wissen über Hauswirtschaft und Pflege heute wie damals wichtig ist und nachgefragt wird.