»Für mich ist wichtig, dass die Rechte dieser Menschen gewahrt werden«, erklärt Karl Josef Willmann sein jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement für Menschen, denen ein gerichtlich bestellter Betreuer zur Seite gestellt wird.



Kämpferisch, sehr direkt und in der Sache durchaus streitbar: Wenn es um das Wohl Hilfsbedürftiger geht, nimmt der 65-Jährige kein Blatt vor den Mund -auch vor einem Richter oder Arzt nicht.
Er selbst ist von Geburt an körperlich gehandicapped. »Ich war eine Zangengeburt, von Tag eins an hat es schon immer geheißen: Entweder der Tod oder ich«, lacht er. Im Laufe seines Lebens dann musste ihm zunächst ein Unterschenkel amputiert werden, im Frühjahr dieses Jahres verlor er auch den zweiten. »Seit der ersten Amputation 1985 war es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Knochen abgesägt wird – Gottseidank bin ich kein Tausendfüßler«, lacht der gebürtige Zeller erneut, mit lautem Galgenhumor.
Zudem hat seine Sehkraft inzwischen so stark nachgelassen, dass er Menschen nicht mehr dem Gesicht nach erkennen kann, »sondern nur an der Stimme.« Womit ihm auch das Lesen nicht mehr möglich ist.
Trotzdem ist er noch immer für den Zeller Ortsverein des SKM tätig, dem katholischen Verband für soziale Dienste in Deutschland. 1912 in Essen als katholischer Männer-Fürsorge-Verein gegründet, nannte dieser sich aufgrund der inzwischen eingetretenen sozialen Änderungen ab 1962 »Sozialdienst katholischer Männer«. Die Öffnung auch für Frauen im Jahre 1980 führte schließlich zur heutigen Namensgebung, zudem steht der Verein auch Nicht-Katholiken offen.
Deutschlandweit sind es über 6500 Ehrenamtler sowie rund 1700 berufliche MitarbeiterInnen, die sich denen zuwenden, die aus unterschiedlichen Gründen an den Rand unserer Gesellschaft geraten sind. Die von hauptberuflichen Kräften geleitete Ortenauer Zentrale befindet sich in Offenburg.
Der Zeller Ortsverein mit seinen 26 rechtlichen BetreuerInnen stellt eine Ortsgruppe dar. Für über 60 ihnen anvertraute Personen sind die Betreuer bei Behörden und Verwaltungen ebenso aktiv wie bei Ärzten und Pflegepersonal. Sie erledigen Korrespondenz und Anträge, kümmern sich um Wohnungsangelegenheiten sowie um die Vermögens- oder Gesundheitssorge. Auch Teilbereiche kann die rechtliche Betreuung umfassen.
Wider die totale Entmündigung
»Die frühere Vormundschaft war allumfassend«, erklärt Karl Josef Willmann dazu, »der Betroffene wurde entmündigt.« Das hat man mit dem neu eingeführten Betreuungsrecht jedoch zurückgenommen und die Betreuung stattdessen aufgeteilt: »Wenn ein Mensch mit seinem Leben an sich klar kommt, aber aufgrund von beispielsweise geistiger Erkrankung, Alter oder von Kindesbeinen an bestehender Einschränkung Schwierigkeiten mit Rechnungs- und Vermögenssachen hat, dann kann man ihm genau für diesen speziellen Bereich einen gerichtlich bestellten Menschen an die Seite stellen, der ihn unterstützt«, so der Kundige, »sofern das im privaten Umfeld des Betroffenen niemand auffangen kann.«
Gleiches gelte zum Beispiel für den Gesundheitsbereich, wenn die Person nicht in der Lage sein sollte, für sich adäquate Entscheidungen zu treffen. Auf diese Weise »wird nicht der ganze Mensch entmündigt«. Stattdessen erhält er nur in jenem speziellen Bereich Hilfe, in dem er sie auch tatsächlich benötigt. »Das hat mit der Entmündigung von früher überhaupt nichts mehr zu tun«, betont Karl Josef Willmann.
Über 30 Personen hat er in seinen bald 30 Jahren SKM-Zugehörigkeit betreut, teils bis zu deren Tod. Wegen seines schwindenden Augenlichts musste er jedoch alle seine Schützlinge an Kollegen abgeben bis auf drei, einen weiteren dann im letzten Jahr. Erst 42 Jahre alt war dieser Klient, dessen Betreuung viel persönliche Ansprache und bürokratischen Aufwand erforderte – was Willmann aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen schließlich nicht mehr gewährleisten konnte, trotz der Hilfe durch seine Frau Donata: »Dieser Mann war einer, der dem Sozialamt nicht auf der Tasche liegt, sondern da muss man auch das Vermögen verwalten, mit bis zu 500 Buchungen im Jahr.«
Sozial kompetente Menschen
So betreut der Unermüdliche trotz seiner eigenen Handicaps nun noch immer zwei Menschen: »Einer ist so alt wie ich, und der andere lebt im Altersheim.« Gerade bei Leuten, die viel Hilfe benötigten, »kriegst du mehr innerliche Liebe zurück, als du reinsteckst«, hat Willmann dabei über die Jahrzehnte hinweg erfahren.
Den SKM mit seinen »sozial kompetenten Menschen« kennengelernt hatte er in den1980er Jahren, während seiner Zeit im Pfarrgemeinderat. Zunächst übernahm der selbstständige Einzelhandelskaufmann Betreuungsaufgaben, »als ich mein Geschäft aufgab, war für mich klar, dass ich mich sozial engagieren will«, seit 1991 hat er den Vorsitz des Ortsvereins inne.
In diesem Amt wird er von Antonia Hodler unterstützt. Die zweifache Mutter wandte sich nach der Kinderpause dem SKM zu, »weil eine Gesellschaft einfach daraus lebt, dass man für einander da ist. Jeder braucht jeden letztendlich.« So übernahm die studierte Sozialpädagogin aus Nordrach 2005 die Betreuung einer Frau, 2007 die einer zweiten, »ich weiß, dass sonst niemand für diese Menschen da ist.«
Seither betreut sie die beiden im Fußbacher Pflegeheim – und Betreuungsheim Ortenau Lebenden durchgehend. Denn wenn man sich gut versteht, man gut miteinander klar kommt, bleibt die Zuständigkeit bis zum Tod bestehen, das kann über Jahre oder Jahrzehnte gehen.
Weitere Betreuer hoch willkommen
Entsprechend viel Sorgfalt wird »auf das Matchen« von Betreuer und Schützling verwendet, denn zwischen beiden muss es menschlich passen – nicht zuletzt auch das Alter und Geschlecht betreffend.
Immer geht es bei der Betreuung darum, den Willen des Betreuten sowie dessen Rechte umzusetzen – zumindest so weit wie möglich, da es oft genug gleichzeitig erforderlich ist, die betroffenen Personen in beispielsweise
finanziellen Dingen vor sich selbst zu schützen.
»Die meisten, die bei uns unter Betreuung stehen, sind noch geschäftsfähig, wir als Ehrenamtler kriegen in der Regel also die leichterten Fälle.« erläutert das Vorstandsduo. Das ist immer auf der Suche nach weiteren Betreuern: »Es ist einfach wichtig, dass wir Menschen füreinander da sind.«