Zum zweiten Mal hat Corona die Gastronomie lahmgelegt. Drei Zeller Wirte empfinden den jetzigen Lockdown schlimmer als den im Frühjahr und hoffen mehr denn je auf Planungssicherheit und Verlässlichkeit der Politik.


Auf dem Zeller Kanzleiplatz herrscht Schlechtwetterstimmung. Schneeflocken, ein kalter Wind, kaum Passanten auf dem sonst belebten Platz. Und der Wirt von »La Piazza«, Pietro Rendina, wartet heute vergeblich auf Gäste, die seinen Abholservice für ein feines Mittagessen in Anspruch nehmen wollen. »Hier ist tote Hose« sagt er. Unter der Woche sei kaum Betrieb. Lediglich am Wochenende kommen Gäste, die seine italienischen Spezialitäten zuhause genießen wollen. Doch das reicht nicht. Für sein Mitarbeiter-Team hat er Kurzarbeit angemeldet. Das war beim ersten Lockdown ganz anders. Pietro Rendina: »Das Geschäft lief gut, besonders am Wochenende. Meine Mitarbeiter waren voll ausgelastet, manche Gäste kamen täglich und ich konnte gut meine Unkosten decken.« Ähnliches hört man auch von anderen Wirten in Zell, alle warten auf Gäste.
Seit elf Jahren ist nun Pietro Rendina Chef im »La Piazza«. Mit seiner breitgefächerten italienischen Kochkunst, feinen Gerichten und seinem aufmerksamen und freundlichen Servicepersonal hat er die »Piazzeria« zu einem der beliebtesten Restaurants der Stadt gemacht. Oft sind am Wochenende alle Plätze belegt. Patron Pietro: »Wir fühlen uns wohl in Zell und sind gerne hier, alles nette Leute und ein sehr schönes Städtchen.«
Doch das sind Erinnerungen. Der sympathische Italiener muss in die Zukunft schauen. Jetzt überlegt sich Pietro, ob er über Weihnachten und Silvester öffnet oder den Schlüssel umdreht und den Betrieb bis Anfang Januar schließt. Wenn am 10. Januar wieder geöffnet werden darf, möchte er sein Restaurant 2021 durchgehend offenhalten, um die Verluste der letzten Monate wieder auszugleichen.
Mit Zuversicht ins neue Jahr
Wirtesprecher Paul Lehmann war fleißig in den letzten Tagen unterwegs, um Zell wieder zum berühmten Tannenbaumstädtle werden zu lassen. Jetzt sitzt er zuhause am großen Stammtisch mit seinen Söhnen Philipp, Sven und Schwiegertochter Sandra zusammen, um die festlichen Weihnachtsmenüs zusammenzustellen, die man an den beiden Weihnachtsfeiertagen und am 27. Dezember bei ihm bestellen und abholen kann. Paul Lehmann: »Jede Frau ist froh, wenn sie sich an Weihnachten auch an den gedeckten Tisch sitzen kann.« Sein Hotel mit Wellnessanlage und Schwimmbad bleibt zu. Die genehmigte Beherbergung von angereisten Familienmitgliedern hält Paul Lehmann für überflüssig: Wenn so enge Verwandte kommen, ist für sie auch immer für eine Schlafgelegenheit gesorgt. Bei uns hat bisher nur ein Gast aufgrund der Regelung gebucht.«
Ein Leuchten geht in der Runde über die Gesichter, als im Radio bekannt gegeben wird, dass ab 10. Januar wieder Gaststätten und Hotels öffnen dürfen. Doch Philipp Lehmann ist kritisch: »Hoffentlich ist das auch noch in fünf Wochen so, wenn der 10. Januar da ist.« Und Paul Lehmann erwähnt: » An der Verlässlichkeit auf solche Aussagen durch Politiker hat es oft gemangelt. Wir konnten nie richtig planen. Der Einkauf war schwierig und auch die Personalplanung.«
Noch anfangs dieser Woche musste er einen fest gebuchten Bus mit 60 Personen für 14 Tage und für eine weitere Gruppe für zwölf Nächte wegen der Ungewissheit, wann wieder geöffnet werden darf, absagen. Auch sonst steht das Telefon nicht still. Paul Lehmann: »Wir sind nächstes Jahr schon besser belegt als dieses Jahr. Anfragen aus ganz Deutschland, aber auch aus Holland und Österreich, liegen bei uns auf dem Tisch. Dazu kommen die vielen Anfragen von privaten Feriengästen. Manche haben in der Hoffnung, dass wieder geöffnet wird schon drei- oder viermal vergeblich gebucht. Dieses Jahr fehlen uns durch Corona 15.000 fest gebuchte Übernachtungen in der Bilanz.« Aber jetzt kommt erst mal Weihnachten. Trotzdem, dass nicht für die Öffentlichkeit geöffnet ist, hat Paul Lehmann Hotel und Gaststätte weihnachtlich geschmückt. Und alle Mitarbeiter bekommen wie im Vorjahr ihr wohlverdientes Weihnachtsgeld. Paul Lehmann; »Das gehört sich einfach so. Und ich bringe meine Dankbarkeit auch meinen Mitarbeitern gegenüber damit zum Ausdruck, dass unser Betrieb noch sehr gut dasteht, im Vergleich zu den vielen Kollegen, die um ihre Existenz kämpfen«.
Sehnsüchtig erwartet
Auch bei dem Wirtsehepaar Katarina und Vassilis Zampras des griechischen Restaurants »Poseidon« mit den Söhnen Kostas und Thomas beim Kreisel am Stadteingang herrscht große Freude, dass das Restaurant wieder am 10. Januar geöffnet werden darf. Wie ein Buschfeuer hatte sich diese Nachricht auch zu dem griechischen Wirten verbreitet. Vor fünf Jahren hatten sie das Restaurant vom ihrem Freund Tasso übernommen. Inzwischen zählt es besonders für die jüngere Generation mit zur Nummer 1. Auch Familien fühlen hier wohl. Das griechische Ambiente mit Säulen und Statuen und einem Kirchturm mit blauem Dach, günstige Preise und der Ouzo, den es nach jedem Essen gibt, lädt die Besucher ein. Die Speisekarte ist zweigeteilt, eine kleinere Karte von Dienstag bis Freitag und abends kann man sich alles von der Lammkeule bis zu Calamari auf der sechsseitigen Speisekarte bestellen. Vassilis Zampras betont, dass auch mittags unter der Woche bei ihm Essen – mal mehr und mal weniger – geordert wurde. Meist schnell hergestellte Gerichte und natürlich der Spitzenreiter Gyros. Ganz gut lief es an den Wochenenden. Vassilis Zampras: »Unsere Gäste sind uns treu geblieben.« Jetzt hoffen die Wirtsleute auch auf ein gutes Weihnachtsgeschäft. Sie und alle Gäste warten sehnsüchtig auf den 10. Januar, wenn im Restaurant Poseidon wieder griechische Musik erklingt und der Ouzo nach dem Essen kredenzt wird und der sehnlichste Wunsch von Familie Zampars in Erfüllung geht: Das Coronavirus soll endlich und für immer verschwinden