Nach einer coronabedingt kurzen Saison ist die Zeller Tennisanlage Mitte Oktober in den Winterschlaf geschickt worden. Dazu erfolgte ein Arbeitsaufruf an die Mitglieder, in dem es hieß: »Neben den üblichen Arbeiten, wo jede helfende Hand gebraucht wird – wie z.B. Linien abdecken, Netze und Sichtblenden abhängen, Bänke, Schirmständer und Besen verstauen, Anlage säubern und Laub entfernen – brauchen wir noch kräftige Männer, die Norbert bei diversen Instandsetzungsarbeiten unterstützen können.«



Gemeint ist Norbert Heilmann. Wann immer es seine beruflichen Pflichten und das Wetter erlauben, ist der 1962 Geborene nach Feierabend auf dem Zeller Tennisplatz zu finden. Ganz sicher auf jeden Fall Freitagabends. »Der ist gesetzt, da bin ich ab 18 Uhr hier und gebe Jugendlichen – oder dem, der will – eine Trainerstunde, das mache ich nebenher.«
Falls niemand dieses Angebot in Anspruch nimmt, »habe ich Zeit für andere Sachen«, sagt der 58-Jährige mit einem leichten Grinsen. Sei es, dass die Spülmaschine im Vereinslokal streikt oder das Licht ausgefallen ist, »ich bin Hausmeister für alles, mehr oder weniger, auf jeden Fall für alles, was elektrisch oder wassertechnisch anfällt.«
Vielfältige Aufgaben
Tatsächlich jedoch ist Norbert Heilmann viel mehr: Seit 2009 fungiert er als technischer Leiter, seit 2012 gemeinsam mit Zells Ex-Bürgermeister Hans-Martin Moll als geschäftsführender Vorstand. Um alle baulichen und technischen Angelegenheiten der sechs Tennis-Freiplätze und des Clubheims kümmert sich der Elektro-Ingenieur. Die Technik, das Pumpsystem und die Verrohrung der Platzbewässerung mit der dazugehörigen Elektrotechnik kennt er in- und auswendig; die elektrotechnische Steuerung der Beregnungsanlage hat er selbst geplant und umgesetzt.
Überdies versieht der Tennisbegeisterte– ebenfalls ehrenamtlich und völlig unentgeltlich – seit acht Jahren die Aufgabe des Platzwarts. Mit dem Ergebnis, dass er den größten Teil seiner freien Zeit auf der Tennisanlage verbringt. Und zwar meist nicht, um selbst dem Spiel mit der gelben Filzkugel zu frönen, sondern um dies anderen zu ermöglichen.
Als er vor elf Jahren gefragt worden war, ob er denn nicht dem Vorstand beitreten wolle, musste er nicht lange überlegen. Vor dem Hintergrund, dass er in seinen Anfangsjahren im Verein in den Genuss viel kostenlosem Training gekommen war, »habe ich mir gedacht, jetzt gibst du auch mal was zurück«, erzählt der in Hornberg berufstätige Zeller und schmunzelt mit leiser Selbstironie: »und auf einmal ist alles gewachsen und es wurde immer mehr, ich kann eigentlich nie nein sagen.«
Als Bub spielte er mit dem alten Tennisschläger seines Vaters »ein bisschen Tennis auf der Straße« – ob des geringen Autoverkehrs war das damals noch möglich. Und als 13- oder 14-Jähriger stand er dann stets am Tennisplatz und schaute von außen zu. Als es eines Tages hieß »Komm rein«, war es um ihn geschehen. »Von da an habe ich bis auf zwei oder drei Jahre immer in der Medenmannschaft gespielt«, nahm und nimmt also an den Mannschafts-Saisonspielen teil.
Wobei er sich von Anfang an auch außerhalb des Spielbetriebs für den Tennisclub engagierte, denn damals sorgten noch die Vereinsmitglieder selbst für die frühjährliche Platzinstandsetzung. »Wenn es hieß »Kommt alle«, dann waren wir mit 30 bis 40 Leuten auf dem Platz«, mit Wehmut erinnert sich Norbert Heilmann – weil der Gedanke »Wir tun was für den Club, dafür kriegen wir ja auch was«, damals noch stärker im Verein verankert gewesen sei, »das ist in meinen Augen heutzutage verlorengegangen, dabei waren die zu leistenden Arbeiten damals noch viel aufwändiger.«
Auch die Kinder trugen damals ihren Teil dazu bei. Indem sie sich auf den Boden setzten und mit dem Hämmer die Nägel aus den Begrenzungslinien der Spielfelder schlugen. Die waren den Winter über hochgefroren und standen auf den Nägeln über dem Boden, mussten neu vernagelt werden.
Zwölf Tonnen Abraum
Inzwischen werden zwar U-förmige Krampen zur Verankerung verwendet, dennoch frieren die Linien bei Frost hoch. Heutzutage ist es eine Firma, die die weißen Kunststoffschienen wieder festwalzt. Die überdies den alten Sand mit dem Abziehholz zusammenräumt und in Entsorgungscontainer füllt. Insgesamt 12 Tonnen Abraum, die es durch frisches rotes Ziegelmehl zu ersetzen gilt.
Anschließend ist die Arbeitskraft des unermüdlichen Platzwarts gefragt. Denn nun müssen alle sechs Plätze durchdringend gewässert, sprich eingeschlämmt, und mindestens einmal längs sowie einmal quer mit einer benzinbetriebenen 350-Kilo-Walze behandelt werden, »damit alles wieder fest wird.«
Für den Fall, dass Petrus sich unerbittlich gibt und auch jetzt noch Nachtfröste schickt, hat Norbert Heilmann zwei Möglichkeiten: Entweder er klopft mit dem Linienstampfer die erneut hochgefrorenen Linien zurück in den Boden. Oder er belädt einfacherweise eine Schubkarre mit Steinen und fährt die Linien ab, um diese mit dem Rad der beschwerten Karre wieder in den Boden zu drücken.
Überdies müssen nach der Frühjahrsinstandsetzung wochenlang Unebenheiten ausgebessert und loser Grobsand beseitigt werden. Zwei bis drei Schubkarren pro Platz sind das, entsprechend nachsanden und zwecks Befestigung wieder einschlämmen heißt es für Heilmann dann.
Sofern es nicht regnet, ist er darüber hinaus täglich mit Wässern beschäftigt: »Am Abend, wenn ich aus dem Geschäft komme, mache ich meistens zwei Plätze.« Bei großer Hitze jedoch ist alles zu wässern. Mit ebenso viel Verantwortungsbewusstsein wie Hingabe widmet sich
der Ledige seinem Tun für den Verein. »Anders geht’s nicht«, schmunzelt er, »wenn ich Familie hätte, wäre das in dem Maße wahrscheinlich nicht machbar.«
Hunderte von Stunden
Was aber, wenn er aus beruflichen Gründen einmal nicht kann? »Dann leiden die Plätze«, lacht er unfroh, »die Sensibilität der Mitglieder für die Platzpflege ist verlorengegangen.« Was schon damit anfange, dass viele Sportler den Platz nach dem Spielen nur bis kurz hinter die Feldlinien abziehen. Mit dem Ergebnis, dass Gras und Unkraut an den Platzrändern Wurzeln schlägt.
Musste früher nach dem Spiel noch mit dem Schlauch der Sandplatz eine halbe Stunde lang gewässert werden, so gibt es heutzutage dafür eine Beregnungsanlage. Als diese auf allen Plätzen ausgetauscht werden musste, erledigte Norbert Heilmann dies in Eigenarbeit, ersparte dem Verein damit Kosten in Höhe von weit über 10.000 Euro. 200 Stunden inklusive Urlaub wendete er in den letzten beiden Jahren alleine für dieses Projekt auf.
Ganz zu schweigen von all seinen anderen Einsätzen – ein Engagement, dem zu Ehren der »Center-Court« des Vereins seit dem vergangenen Frühjahr den Namen »Norbert-Heilmann-Court« trägt.