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Zell am Harmersbach | 10.01.2020

Umbau soll bis Ende 2020 abgeschlossen sein

Mehr Plätze für die Tagespflege – Sozialstation St. Raphael investiert rund 1,3 Millionen Euro in barrierefreie Sanierung des Engelbaus – Baugenehmigung erteilt

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Seit 1997 hat die Sozialstation St. Raphael ihren Sitz im denkmalgeschützten »Engelbau« der ehe­maligen Oberen Fabrik. Foto: Susanne Vollrath
von Susanne Vollrath

Die Aufgabe der Sozialstation St. Raphael ist es, pflegebedürftigen Menschen zu helfen, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen zu können, sagt Herbert Vollmer. Dafür bietet sie zwei große Dienste an: den ambulanten Dienst und die Tagespflege. Letztere ist an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen. Mit einem Umbau im Bestand soll das gesamte Engelbau-Gebäude barrierefrei erschlossen werden, um neue Plätze zu schaffen.

Foto: Susanne Vollrath
Foto: Susanne Vollrath
Architekt Christian Bruder, Michael Horst und Herbert Vollmer (von links nach rechts) kümmern sich um den Umbau des Gebäudes, damit bald mehr Tagespflegegäste in der Sozialstation St. Raphael begrüßt werden dürfen. Dafür werden rund 1,3 Millionen Euro investiert.
Foto: Susanne Vollrath
Das Flachdach wird zum Wintergarten samt Dachterrasse – und zum Rettungsweg im Brandfall.
Foto: Susanne Vollrath
Ansicht West: Das Flachdach erhält mit Wintergarten und Dachterrasse eine neue Nutzung.

Aktuell bietet der Engelbau 15 Tagespflegeplätze, in deren Rahmen Woche für Woche etwa 55 Personen betreut werden. Nicht jeder Gast kommt jeden Tag. So kommt die hohe Zahl zustande. Der Umbau ermöglicht es, fünf weitere Plätze für die Tagespflege einzurichten. Je nach Belegung kann die Sozialstation dadurch 25 Gäste mehr aufnehmen – etwa 70 insgesamt. Auch der Ambulante Dienst bekommt mehr Raum, um sich auf seine stetig wachsenden Aufgaben besser vorbereiten zu können. Mit im Maßnahmenpaket ist zudem eine umfassende Renovierung des Gebäudes. An Fassade, Böden und vieles andere hätte man sowieso rangemusst, erläutert Michael Horst, der neben Herbert Vollmer, Pfarrer Bonaventura Gerner, Detlef Kappes und Friedebert Stehle zur Vereinsvertretung zählt.

Die barrierefreie Erschließung des gesamten Gebäudes inklusive der nötigen Sanierungsmaßnahmen über alle Geschosse wird rund 1,3 Millionen Euro kosten. Nicht wenig, aber ein kompletter Neubau würde grob über den Daumen gepeilt wohl dreimal so teuer werden.
Die Finanzierung der Maßnahme ist durch Eigenmittel, Bankkredite und Zuschüsse gesichert. Seit einigen Jahren ist die Sozialstation nach dem Kraftakt der ersten Sanierung wieder schuldenfrei, konnte neues Kapital ansparen. Die Stadt Zell unterstützt den Einbau des Aufzugs mit bis zu 20.000 Euro und auch die Stiftung Deutsches Hilfswerk hat einen sechsstelligen Zuschuss zugesagt.

Hürden überwunden

Die Tagespflege in Zell existiert seit 1997. Begonnen hatte alles mit zehn Plätzen im Erdgeschoss. Als der Bedarf wuchs, wurde 2008 auf zwölf Plätze, 2012 auf 15 Plätze erweitert. Seit mehreren Jahren gibt es eine Warteliste. Die Sozialstation kann nicht mehr alle, die Interesse haben, in die Tagespflege aufnehmen. Eine erste Prüfung des Ausbaus im Engelbau war ernüchternd: Schier unüberwindlich schienen die Hürden des Denkmal- und Brandschutzes zu sein. Alternativen scheiterten an den Finanzen. So wurde schließlich doch noch mal genau auf den Engelbau geschaut und in Zusammenarbeit mit Architekt Rainer Lehmann aus Unterharmersbach, dem Denkmalamt und weiteren Behörden ein Plan entwickelt, der die Nutzung doch noch ermöglicht. Knackpunkte waren vor allem der Standort des notwendigen Aufzugs für die Barrierefreiheit, der Brandschutz und der Denkmalschutz gewesen.

Der Aufzug wird jetzt ins Treppenhaus integriert und fährt alle drei Geschosse an. Damit der »Überlauf«, der in einer Dachgaube untergebracht wird, nicht zu mächtig ausfällt, muss bei der Auswahl der Technik auf eine kompakte Bauweise geachtet werden. In Sachen Brandschutz konnte mit der Erschließung des Flachdachs vom Anbau eine Lösung gefunden werden, die den brandschutztechnischen Auflagen gerecht wird. Dort wird ein Wintergarten mit Terrasse entstehen, über die die Feuerwehr sich im Haus befindliche Personen im Notfall evakuieren kann. Durch konstruktive Gespräche mit den Behörden wurden zudem Wege gefunden, die den Einbau der Gauben und den Ausbau der Dachterrasse inklusive Wintergarten in dem denkmalgeschützten Gebäude überhaupt erst ermöglichen. Die Gauben ähneln optisch denen des Kultur- und Vereins­zentrums, so dass zum Hof ein geschlossenes Bild entsteht, der neue Wintergarten im westlichen Bereich erhält ein Ziegeldach.

Ziel: Bis Ende des Jahres fertig sein

Seit 13. November ist jetzt endlich die Baugenehmigung da. Zwischenzeitlich ist das Architekturbüro Christian Bruder mit ins Boot geholt worden, denn Architekt Rainer Lehmann hatte aus Altersgründen darum gebeten, das Projekt nach der Genehmigungsplanung an einen Kollegen zu übergeben. Nun ist es an Christian Bruder, die konkrete Baumaßnahme in den nächsten Wochen vorzubereiten, damit es im März mit den vorbereitenden Arbeiten und im April mit der eigentlichen Baumaßnahme losgehen kann. Ziel ist es, bis August mit den Rohbaugewerken zum Abschluss zu kommen, damit bis Jahresende der Ausbau fertiggestellt werden kann. Die Planung muss mit Umsicht geschehen, denn die Arbeiten sollen derart vonstatten gehen, dass der Betrieb nicht zu sehr beeinträchtigt wird. Dafür sind im Büro Bruder aktuell zwei Mitarbeiter mit nichts anderem als den notwendigen Vorbereitungen beschäftigt. „Das Objekt birgt sämtliche Schwierigkeitsstufen“, freut sich Christian Bruder, auch wenn er weiß, dass Bauen im Bestand nie einfach ist. Doch die Planungen des Kollegen Lehmann seien sehr gut und in sich schlüssig, so dass er sich sicher ist, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Künftig zwei Gruppen

Marijke Heitzmann ist die Leiterin der Tagespflege. Sie freut sich sehr auf die Erweiterung und die neuen Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben. Als besonders wertvoll bewertet sie den Wintergarten. „Im Wintergarten unten sitzen unsere Gäste unheimlich gern“, weiß sie und sie ist sich sicher, dass der Mix aus Blick aufs Leben auf der Straße und wärmenden Sonnenstrahlen auch im Obergeschoss gut ankommen wird.

Die insgesamt 20 Plätze sollen nach Abschluss der Baumaßnahmen in zwei gleichgroße Gruppen aufgeteilt werden. So können die Betreuungskräfte die Aktivierungsangebote noch besser auf die individuellen Bedürfnisse abstimmen. In die Tagespflege »abgeschoben«, wie es zu Beginn oft noch empfunden wurde, fühlt sich sowieso schon lange keiner mehr. Musik, Bewegung, Lachen und Gemeinschaft sind Jung- und Aktivbrunnen, die Tagespflegeeinrichtung so viel mehr als eine »Verwahranstalt« für ältere Menschen. »Die Tagespflege wie auch die Ambulanten Dienste sind als Module für eine bedarfsgerechte Versorgung zu sehen«, betont auch Michael Horst. Rund 75 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter kümmern sich mittlerweile um das Wohl der Menschen, die die Hilfe der Sozialstation St. Raphael in Anspruch nehmen.

Dienste präsentieren sich

Wie zu Beginn eines jeden Jahres lädt die kirchliche Sozialstation St. Raphael in Zell und der Arbeitskreis Sozialstation der Trägergemeinden am dritten Sonntag im Jahr – das ist heuer am 19. Januar zum Tag der Sozialstation ein. Die Gottesdienste der Seelsorgeeinheit Zell sowie der Evangelischen Kirche werden an diesem Sonntag durch die Anwesenheit von Mitarbeitern der Sozialstation bereichert. Ab 13.30 Uhr präsentieren sich die verschiedenen Dienste in der Sozialstation, Fabrikstr. 3 in Zell. Die Leiterinnen der Dienste stehen dort für Gespräche und qualifizierte Auskünfte zur Verfügung. Im Kultur- und Vereins­zentrum gegenüber wird ab 14 Uhr mit Kaffee, Kuchen und kalten Getränken bewirtet. Ab 14.30 Uhr werden die Original Geroldsecker Musikanten aufspielen. Auch die Planung für die Erweiterung der Sozialstation wird gezeigt und Nachfragen gerne beantwortet.

Die Veranstaltung endet gegen 17 Uhr. Die Organisation und Gestaltung erfolgt durch die Mitarbeiter der Sozialstation und den Arbeitskreis Sozialstation der Trägergemeinden.

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