Am Samstagabend war die Zeller Bürgerwehr geschlossen angetreten, um Werner Faißt zum Geburtstag zu gratulieren. Gemeinsam schritten Hauptmann Paul Gutmann, Bürgermeister Günter Pfundstein, Landesehrenkommandant Bernhard Lehmann und Jubilar Werner Faißt die Ehrenformation ab.


Mit einem großen Aufmarsch ehrte die Freiwillige Bürgerwehr der Stadt Zell ihren Ehrenhauptmann Werner Faißt, der am gestrigen Sonntag seinen 95. Geburtstag feiern konnte. Im Jahr 1949 gehörte der Jubilar nach den Kriegsjahren zu den Gründungsmitgliedern und ist seither »seiner« Bürgerwehr aufs Engste verbunden.
Gemeinsam mit Kommandant Paul Gutmann, Ehrenlandeskommandant Bernhard Lehmann und Bürgermeister Günter Pfundstein durfte Werner Faißt die Ehrenformation abschreiten. Die Trachtenfrauen, Ulanen, die Gewehrträger mit Fahnenabordnung und der Spielmannszug waren mit über 60 Teilnehmern fast vollzählig angetreten, um ihrem Ehrenhauptmann zum Geburtstag zu gratulieren. Der Stellv. Kommandant und Oberleutnant Lothar Schober leitete die Zeremonie, die mit einem krachenden Ehrensalut für Werner Faißt abgeschlossen wurde.
In seiner Laudatio erinnerte Hauptmann Paul Gutmann daran, dass schon der Großvater von Werner Faißt in den 1930er Jahren der Wiedergründer der Ulanen und Rittermeister in der Bürgerwehr war. Auch sein Vater Fritz Faißt war Oberleutnant in der Zeller Bürgerwehr.
Werner Faißt wurde nach dem Besuch der Schule und Klosterschule in den Krieg eingezogen und war vier Jahre in englischer Gefangenschaft in Belgien. »Danach war es nur zu verständlich, dass er nichts mehr mit Gewehren zu tun haben wollte«, stellte Paul Gutmann fest. Werner Faißt ließ sich von seinem Großvater und Vater dennoch überreden und wurde Ulan der Zeller Bürgerwehr. Somit gehörte er im Jahr 1949 zu den Gründungsmitgliedern des wieder entstandenen Vereins.
Weitere Stationen waren Tambour, Leutnant, Oberleutnant, dann 18 Jahre Hauptmann und stellvertretender Vorsitzender. Zweimal hat Werner Faißt in dieser Zeit den Zapfenstreich kommandiert. Seit 1992 trägt Werner Faißt den Titel des Ehrenhauptmanns. Dreißig Jahre lang führte er das Amt des Schriftführers. »Deine handgeschriebenen Protokollbücher sind eine Augenweide«, lobte Kommandant Paul Gutmann. Werner Faißt war auch Mitverfasser der Bürgerwehrchronik »Die Zeller Schützen«.
Der Jubilar habe in allen Abteilungen der Bürgerwehr gedient, nur nicht bei den Trachtenfrauen, merkte der Vorsitzende schmunzelnd an. Viele Ehrungen wurden Werner Faißt in seiner Laufbahn zuteil, weshalb seine Uniform mit den vielen Orden oft bewundert werde. Auch wenn er heute nicht mehr aktv mitmarschieren könne, so sei der Jubilar doch stets gutgelaunt, manchmal auch wehmütig mit einer Träne im Auge, am Straßenrand dabei, wenn die Freiwillige Bürgerwehr aufmarschiert.
Hauptmann Paul Gutmann wünschte Werner Faißt, dass »wir dich noch lange haben dürfen«. Die Glückwünsche der Stadt Zell zum 95. Geburtstag überbrachte Bürgermeister Günter Pfundstein. Auch er würdigte die bemerkenswerte Laufbahn des aktiven Bürgerwehrmanns. Als besonderes Zeichen der Wertschätzung lud er Werner Faißt zum Empfang der Stadt Zell am morgigen Silvesternachmittag ein, um ihm nochmals vor großem Publikum zu seiner 70-jährigen Vereinszugehörigkeit zu gratulieren.
Geburtshaus stand in der Oberstadt
Dort wo am Samstagabend der Aufmarsch der Bürgerwehr stattfand, stand am 29. Dezember 1924 die Wiege von Werner Faißt. Er war der einzige Sohn von Fritz und Berta Faißt, die damals im Haus Maier in der Oberstadt wohnten. Einige Jahre später wechselte die Familie in das Haus der Strickschullehrerin Karoline Schülli im Gewann Steinrücken in Unterharmersbach, wo seine Mutter aufgewachsen war. Im Jahr 1949 heirateten Werner Faißt und seine Frau Elsa geb. Hug,
die aus Unterharmersbach stammte. Aus ihrer Ehe gingen die beiden Töchter Rita und Cornelia hervor. Heute gehören vier Enkelkinder und acht Urenkel zur Familie. »Die ältesten Urenkel holen mich schon mit dem Auto ab«, macht Werner Faißt deutlich, dass er schon ein stolzes Alter erreicht hat.
Die berufliche Heimat des Jubilars waren die Prototyp-Werke. Nach seiner Schulzeit absolvierte er dort eine Lehre und ab 1946 waren die Prototyp-Werke bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1984 sein Arbeitgeber. In bester Erinnerung sind bei den älteren Prototyplern die Aktivitäten von Werner Faißt zusammen mit seinem Kollegen Berthold Lehmann bei den Betriebsfesten.
Neben der Bürgerwehr war Werner Faißt aktiver Theaterspieler bei der Kolpingfamilie. Er war Mitbegründer der Harmonika-Freunde und 14 Jahre Mitglied der damals bekannten Tanzkapelle »Hoppe«. Beim Weihnachtstheater des Turnvereins war Werner Faißt ein glänzender Star. Die Unterharmersbacher Ortsgruppe des heutigen Wander- und Freizeitvereins hat Werner Faißt zu ihrem Ehrenmitglied ernannt. Von 1984 bis 1990 war er 1. Vorsitzender des Schwarzwaldvereins und leitete die Einsätze auf dem Kuhhornkopf und bei Vereinsfesten.
Vor zehn Jahren ist Werner Faißt in das Betreute Wohnen im Seniorenzentrum »St. Gallus« gezogen, wo auch seine schwer erkrankte Frau Elsa gepflegt wurde und der er aktiv zur Seite stand. Vor zwei Jahren musste Werner Faißt von seiner Frau Elsa Abschied nehmen, mit der er 68 Jahre lang verheiratet war.
Täglich besucht Werner Faißt die Heimbewohner im 1. und 2. Wohnbereich, von denen er viele noch persönlich kennt. Eine lange Freundschaft aus frühen Prototyp-Jahren verbindet den Jubilar auch mit dem Nordracher Fabrikanten Erwin Junker, der ihm ein Elektromobil schenkte, als Werner Faißt nicht mehr Auto fahren konnte.
Mit dem E-Scooter ist Werner Faißt mit seinen 95 Jahren regelmäßig im Zeller Städtle anzutreffen. Er versorgt sich noch selbst, kocht gerne mal eine gute Nudelsuppe oder einen Braten. Werner Faißt liest gerne Bücher und genießt schöne Sommerabende auf seinem Balkon. Die Bildergalerie und die Urkunden in seiner Wohnung erinnern an viele schöne Erlebnisse. Er genießt die gute Nachbarschaft, die im Gallusheim gepflegt wird und freut sich, dass er von seiner Familie und auch von Paul Gutmann von der Bürgerwehr stets so tatkräftig unterstützt wird.
»Wenn ich meinen Humor nicht gehabt hätte, dann hätte ich die letzten zehn Jahre nicht geschafft«, verrät Werner Faißt sein Lebenselixier. In diesem Sinne schließt sich auch die Heimatzeitung »Schwarzwälder Post« allen Gratulanten an und wünscht Werner Faißt noch viele erfüllte Jahre.