Vorweihnachtliche Bescherung für die Stadt Zell: Die Denkmalstiftung Baden-Württemberg unterstützt mit 50.000 Euro die Sanierung des Rundofens. Die Fördergelder stammen aus der Lotterie Glücksspirale. Zur Übergabe des symbolischen Förderschecks waren am gestrigen Dienstag Prof. Dr. Claus Wolf von der Denkmalstiftung sowie Regionaldirektor Bodo Schöffel von der staatlichen Toto-Lotto Baden-Württemberg auf die Großbaustelle nach Zell gekommen.
Seit dem offiziellen Baustart am 3. Juli 2019 hat sich viel getan. Das beauftragte Bauunternehmen hat ganze Arbeit geleistet und den eigentlichen Brennofen der Zeller Keramik freigelegt. Das Dach und eine Außenwand sind ebenso verschwunden wie die Zwischendecken des Gebäudes. Die steile Baugrube in Richtung Stadtpark ist gesichert und ein Stahlkorsett hält die restlichen drei Außenwände des Rundofen-Gebäudes zusammen. Eine grüne Kunststoffplane schützt den mehrstöckigen Ofen. Der Kamin ragt freistehend in den Himmel.
»Jetzt kann mit dem Aufbau der neuen Gebäudeteile begonnen werden«, erklärte Architekt Stephan Wussler von wwg-Architekten den Teilnehmern der Spendenübergabe. Die Arbeiten beginnen ganz unten mit einem neuen Fundament um den Rundofen und reichen bis zum Satteldach, das später den alten und neuen Gebäudeteil überdecken wird. Die ehemaligen Holzdecken der vier Stockwerke um dem Rundofen werden durch neue Stahlbetondecken ersetzt. »Die historischen Bauteile werden nur wenig oder gar nicht mehr behandelt«, berichtete Architekt Wussler.
Ein Kulturdenkmal in Großformat
Die Denkmalstiftung sieht in dem historischen Porzellanbrennofen ein wichtiges Zeugnis der Industriegeschichte Baden-Württembergs. Prof. Dr. Claus Wolf vom Vorstand der Denkmalstiftung, der im Hauptberuf Präsident des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart ist, unterstrich: »Der Rundofen ist ein Kulturdenkmal in Großformat.« Er dokumentiere anschaulich die Heimat- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt Zell und bezeuge, welche prägnanten Veränderungen die industrielle Revolution schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch abseits der großen Metropolen mit sich brachte.
Mit 10 Metern Durchmesser und 16 Metern Höhe ist der Zeller Rundofen vermutlich der größte historische Porzellanbrennofen in ganz Deutschland. Er wurde in den Jahren 1839 bis 1841 aus Backsteinen gemauert. Drumherum erhielt er ein vierstöckiges Backsteingebäude, aus dessen Dachmitte der Schornstein ragt.
Exakt 100 Jahre lang, von 1842 bis 1942, war der Rundofen in Betrieb. Nur in diesem speziellen Ofen wurden die besonders hohen Temperaturen erreicht, um Porzellan brennen zu können. Im Untergeschoss wurde das Feuer dazu auf bis zu 1.500 Grad Celsius geschürt. Es heizte die darüber liegenden drei Brandkammern je nach Stockwerkslage unterschiedlich stark auf. Als der Ofen stillgelegt wurde, endete auch die Porzellanproduktion in Zell. Danach beschränkte sich die Zeller Keramikproduktion, die seit 1794 dokumentiert ist, wieder auf Steingutwaren.
»Das Geld ist sehr gut angelegt«, zeigte sich Professor Claus Wolf bei der Übergabe der 50.000 Euro an Bürgermeister Pfundstein sicher. Insgesamt 55 Projekte hat die Stiftung bürgerlichen Rechts bisher in diesem Jahr unterstützt. Seit ihrer Gründung 1985 hat sie über 1.500 Vorhaben gefördert, um Baudenkmale vor dem Verfall zu retten. Zwei Drittel davon waren Anträge von Privaten, Fördervereinen und Bürgerinitiativen. Insgesamt gebe es in Baden-Württemberg rund 90.000 eingetragene Baudenkmale. Die Zahl der technischen Kulturdenkmale liege im niedrigen vierstelligen Bereich.
Möglich war dies, weil sie neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital auch erhebliche Mittel aus der Lotterie Glücksspirale enthält. Durch die Niedrigzinsphase, so Professor Wolf, haben sich die Erträge aus dem Stiftungskapital unter eine Million Euro jährlich mehr als halbiert.
Jeder Zeller ist ein Mäzen
»Das Fördergeld stammt von den Bürgern, die Lotto spielen. Jeder Zeller ist ein Mäzen«, veranschaulichte Lotto-Regionaldirektor Bodo Schöffel bei seinem Besuch in Zell a. H. den Geldfluss. In Baden-Württemberg fließen jährlich rund 28 Millionen Euro aus Lotteriemitteln in den Denkmalschutz. Aus der Glücksspirale werden weitere Mittel bereitgestellt. 2018 beliefen sich diese auf rund drei Millionen für die Denkmalstiftung in Bund und Land.
»Das Geld aus der Glücksspirale macht es der Denkmalstiftung möglich, wertvolle Kulturdenkmale zu erhalten«, betonte Bodo Schöffel. Damit leiste die staatliche Toto-Lotto einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.
Stadtsanierung und Leader-Fördermittel
»Die Spende wird sinnvoll für den Rundofen eingesetzt«, versprach Bürgermeister Pfundstein. Neben dem Zeller Stadtoberhaupt waren auch Stadtbaumeister Tobias Hoffmann, Thomas Seeger von der Finanzverwaltung, Alisa Dörfer vom Stadtmarketing und Gemeinderat Armin Reber von der Grünen Liste Zell zur Spendenübergabe gekommen.
Seit dem Jahr 1989 ist der Rundofen als Industriedenkmal eingetragen. Nun investiert die Stadt Zell 3,8 Millionen Euro in die Sanierung und in den Anbau. Entstehen wird ein multifunktionales Gebäude. Gefördert wird die Maßnahme vom Land Baden-Württemberg im Rahmen der Stadtsanierung. Die Stadt erwartet Fördermittel zwischen 1,2 und 1,4 Millionen Euro.
Eine Arbeitsgruppe hat für den Rundofen ein Nutzungskonzept erarbeitet, damit Leader-Fördergelder beantragt werden können. Weitere 300.000 Euro für Ausstattung, Beleuchtung und digitale Medien sollen nach Zell fließen.
Bürgermeister Pfundstein freute sich, dass die Denkmalstiftung Baden-Württemberg mit einer ihrer großen Spenden in Höhe von 50.000 Euro die Stadt Zell bei ihren Anstrengungen unterstützt. Alle Beteiligten werteten die gestrige symbolische Spendenübergabe als einen guten Tag für den Porzellanrundofen in Zell a. H.