Zu Beginn der 3. Sommermusik begrüßte Pfarrer Reinhard Monninger die etwa 60 Besucher zu einer Zeitreise in die Welt von Johann Sebastian Bach.
Der berühmte Komponist hatte es sich nicht nehmen lassen, für seine zweite Frau Anna Magdalena ein »Notenbüchlein« mit zahlreichen Stücken zusammenzustellen. Gedacht waren sie für eine Darbietung im kleinen häuslichen Kreis. Diesem Schatzkästlein hat Winfried Erb, Musikpädagoge i. R., eine Reihe von Kostbarkeiten entnommen und für das Konzert in der Ev. Kirche aufbereitet.
Eingeleitet hat Winfried Erb den Abend am Klavier mit einem heiter gestimmten »Präludium«, auf das ein Menuett und eine Polonaise folgten. Im Anschluss sangen seine beiden Töchter Judith und Felicitas den gefälligen Choral »Dir, dir, Jehova, will ich singen«.
Beide Sopranistinnen zeichnen sich durch schöne und klare Stimmen aus, denen es sichtliche Freude machte, die barocken Lieder nach Inhalt und Klang aufleben zu lassen.
Der Wechsel von instrumentaler Klaviermusik und Liedern, die jeweils am Klavier begleitet wurden, erwies sich als publikumsfreundlich. Auch dass die beiden Töchter mal im Duett und mal als Solistinnen sangen, war geschickt gewählt. Eine Vielfalt zeigte sich auch in den Themen. Es überwog – wie kann es bei J. S. Bach anders sein – das religiöse Thema. Aber die Stücke galten auch so unterschiedlichen Szenen wie der Jagd und der Liebe.
»Schafe können sicher weiden, wo ein guter Hirte wacht. Wo Regenten wohl regieren, kann man Ruh und Frieden spüren, und was Länder glücklich macht.« Dieser Text aus einer Jagdkantate spiegelt die Begeisterung für den Fürsten. Sie kennzeichnet die Zeit des Barock, die alle Hoffnung auf den Monarchen setzt und der sich »von Gottes Gnaden« erwählt fühlt. Die Huldigung des Fürsten hatte aber auch ganz praktische Gründe, sie sorgten schließlich dafür, dass die Kunst nicht brotlos blieb.
»Willst du dein Herz mir schenken, so fang es heimlich an, dass unser beider Denken, niemand erraten kann«, so der Text einer Arie. Ob diese Empfehlung dem heutigen Zuhörer einleuchtet, darf bezweifelt werden. Vielleicht hat sie mehr in einer Gesellschaft überzeugt, wo Beziehungen nur innerhalb desselben Standes öffentlich gemacht werden durften. An Eheschließungen über die Standesgrenzen hinweg war schon gar nicht zu denken. So blieb den Verliebten nur die Heimlichkeit.
»Bist du bei mir, geh ich mit Freuden zum Sterben und zu meiner Ruh. Ach wie vergnügt wär so mein Ende, es drückten deine schönen Hände mir die getreuen Augen zu.« Wie dieser Text einer weiteren Arie beschäftigte sich ein Drittel der Lieder mit dem Sterben. Die Menschen im Barock hatten keine Hemmungen über den Tod zu sprechen. Nach millionenfachem Sterben im 30-jährigen Krieg ließ sich der Tod nicht verschweigen. Die Neigung, ihn derart stark zu thematisieren, veranlasste Pfarrer Monninger in seinem Dankeswort zum spontanen Ausruf: Ich will aber noch nicht sterben!
Winfried Erb, der mit großer Sorgfalt in der Musikgeschichte forscht und die Schätze mit Hingabe am Klavier zum Klingen bringt, hat mit seinen beiden Töchtern Felicitas und Judith die Reihe der Sommermusik bereichert. Dies bestätigte der anhaltende Applaus. Johann Sebastian Bach, mit dem der Musikfreund normalerweise mächtige Orgelkonzerte und gewaltige Oratorien verbindet, erschien mit musikalischen Miniaturen in einem häuslichen Umfeld. Es wundert nicht, dass der Ehemann das musikalische Album, das er für seine Gattin zusammengestellt hat, mit goldenen Initialen versehen hat.