Seit Freitag wissen es die Storchenfreunde endlich genau: Im Fröschbacher Nest und auf dem Rietsche-Kamin wachsen jeweils drei Jungtiere auf. Der Nachwuchs in Unterentersbach und auf dem Storchenturm hat jeweils als Einzelkind die volle Aufmerksamkeit der Eltern. Die Nester auf der Alten Kanzlei und dem Rathaus waren leider leer.
Mit Unterstützung der Drehleiter der Zeller Feuerwehr waren die Nabu-Naturschützer Paulette Gawron und Gérard Mercier sowie Storchenvater Franz Trautwein am Freitagnachmittag unterwegs, um die Jungtiere zu beringen. Sah es letztes Jahr noch so aus, als ob künftig vielleicht nicht mehr alle Storchenkinder einen »Personalausweis« ans Bein bekommen können, standen diesmal aber doch wieder genügend Ringe bereit. »Im Elsass und in der Rheinebene gibt es dieses Jahr sehr wenige Jungstörche«, bedauerte Mercier. Dort war das Frühjahr erheblich nasser als im Kinzigtal, wo in fast jedem Nest drei Jungstörche ihre Kinderstube haben.
Akute Wohnungsnot
Im Schnitt werden fünf Eier pro Paar gelegt, von denen 1,5 bis 2,5 Junge die kritische Zeit überstehen. Zehn bis 15 Prozent wachse die Population jährlich, erläuterte der Vogelexperte. Eine Zahl, die jedem, der durchs Tal fährt, plausibel erscheint. Bis zu 20 Störche sieht man manchmal in Gruppen auf den Matten stehen. Das Wachstum der Population bedeutet für die Vögel aber auch akute Wohnungsnot. Selbst bauen ist schwierig und dauert. Man braucht Geschick und den richtigen Platz. Alles nicht einfach, wie sich bei den Baumeistern vom Rathausdach bereits mehrmals gezeigt hat. Deshalb versuchen manche Störche lieber, die Bewohner bereits bewährter Nester zu vertreiben. Die Attacken blieben in diesem Jahr jedoch erfolglos. »Wird ein Nest erobert, werden bereits vorhandene Jungtiere getötet«, erklärt Mercier die rauen Sitten im Tierreich. »Das geht mit einem Schnabelhieb«.
Balduin fährt Drehleiter
Sind in einem Nest mehrere Junge, bringt Gérard Mercier manchmal einen mit nach unten, damit interessierte Kinder und Erwachsene
einen nahen Blick darauf werfen können. Sogar streicheln ist erlaubt, denn Störche riechen so schlecht, dass die Berührung durch Menschenhand – anders als bei anderen Wildtieren – nicht zum Verstoßen des Nachwuchses führt. Dass sich das Jungtier während der ganzen Prozedur nicht bewegt, liegt an einem Reflex – der sogenannten Thanatose. In der Natur schützt dieser Mechanismus vor Fressfeinden. Im Falle der Beringung trägt der kleine Adebar keine Schäden davon, denn sobald er wieder im Nest ist, streicheln die Eltern ihn mit ihren Schnäbeln wieder munter. In diesem Jahr durfte der kleine »Balduin« vom Rietsche-Kamin mit der Drehleiter nach unten fahren. Dort nahm ihn Patin Doris Rappenecker in Empfang. Anschließend wurde er von kleinen und großen Naturfreunden ausgiebig bestaunt. Kurz darauf ging‘s mit dem sicheren Feuerwehr-Lift wieder nach oben ins gemütliche Nest.






