Am kommenden Montag, 24. Juni, findet die konstituierende Sitzung des Zeller Gemeinderats statt. Ob Erzieherin Elvira Schilli ihr Amt antreten kann, ist indes noch unklar. Hinderungsgrund könnte sein, dass sie bei der Stadt Zell am Harmersbach angestellt ist. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2017 muss es sich allerdings um eine Beschäftigung handeln, mit der sie inhaltlich Einfluss auf die Verwaltungsführung nehmen kann.
»Wäre Elvira Schilli Leiterin des Kindergartens in Unterentersbach, dann wäre der Fall klar. Ob das Urteil nun auch für eine Erzieherin gilt, darüber kann man diskutieren«, macht Hauptamtsleiter Ludwig Börsig das Dilemma deutlich. Bis zum Jahr 2017 hat die Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg vorgeschrieben, dass die Beamten und Angestellten einer Kommune nicht dem Gemeinderat angehören dürfen. Im Jahr 2017 kam es dann zu einem Rechtsstreit, ob diese Einschränkung zulässig ist. In letzter Instanz entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass bei der Art der Beschäftigung die Möglichkeit bestehe, inhaltlich Einfluss auf die Verwaltungsführung nehmen zu können. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff klärt nun nicht eindeutig, ob diese Einschätzung im konkreten Fall für eine Erzieherin gilt.
Es kann keine Lex Zell geben
»Der Fall ist immer noch in der Prüfungsphase«, informiert Hauptamtsleiter Ludwig Börsig. Der Gemeinderat müsse über die Zulassung von Elvira Schilli entscheiden, das Kommunalamt des Ortenaukreises wiederum müsse prüfen, ob die Entscheidung rechtmäßig ist.
»Es kann keine Lex Zell geben«, stellt Ludwig Börsig fest. Die Frage, ob eine Erzieherin einer Stadt Gemeinderätin werden kann, müsse generell geklärt werden. In Zell habe es jedenfalls einen solchen Fall der Wahlunsicherheit bei den bisherigen Gemeinde- und Ortschaftsratswahlen noch nicht gegeben, erinnert sich Ludwig Börsig.
Nicht nur in Zell gibt es aktuell eine strittige Kandidatur. In der Schwarzwaldgemeinde Todtmoos wurde der Wassermeister in den dortigen Gemeinderat gewählt. Dort wird am kommenden Dienstag bei der Sitzung des Gemeinderats das Waldshuter Landratsamt die rechtliche Seite beleuchten.
Klare Signale vom Landratsamt
Klare Signale kommen auf Anfrage unserer Zeitung aus dem Landratsamt Offenburg. Amtsleiter Herbert Lasch vom Kommunalamt betont: »Die Zuständigkeit für die Entscheidung liegt allein beim bisherigen Gemeinderat, der diese nachvollziehbar begründen muss. Ist dies geschehen, so besteht keine Veranlassung des Landratsamtes als Rechtsaufsichtsbehörde, diese Entscheidung zu beanstanden.«
Auch Amtsleiter Lasch verweist auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2017, das ausgeführt hat, dass Arbeitnehmer, die nicht überwiegend körperliche Arbeit leisten, nicht grundsätzlich am Eintritt in den Gemeinderat gehindert sind. Stattdessen muss in jedem Einzelfall auf der Grundlage der aktuellen Aufgabenbeschreibung zum Zeitpunkt nach der Wahl geprüft werden, ob eine Ausnahme vorliegt. Dazu hat das Innenministerium Baden-Württemberg Hinweise gegeben, die allen Kommunen vorliegen. Wesentliches Kriterium ist insbesondere die denkbare Einflussmöglichkeit auf die Verwaltungsführung oder eine sogenannte Aktenrelevanz in Bezug auf Entscheidungskompetenzen bzw. der Umfang eines eigenen Verantwortungsbereichs innerhalb der Organisation inklusive dessen Vertretung nach außen.
Elvira Schilli war wählbar
Im Vorfeld der Gemeinderatswahlen am 26. Mai 2019 sei klar festzustellen gewesen, dass es sich bei Elvira Schilli nach den rechtlichen Vorgaben um eine wählbare Person handelt, unterstreicht Hauptamtsleiter Ludwig Börsig. Hätte man ihr eine Kandidatur verwehrt, wäre sogar eine Anfechtung der Wahl möglich gewesen.
Elvira Schilli ist auf der Liste der SPD angetreten und hat bei der Wahl zum Gemeinderat 1019 Stimmen erhalten. »Das gute Wahlergebnis hat mich sehr gefreut und ich hoffe nun auch darauf, dass ich am kommenden Montag mein Amt antreten kann«, stellt Elvira Schilli fest. Viele Wähler hätten ihr das Vertrauen geschenkt und es würde letztlich den Wählerwillen darstellen, wenn sie als Gemeinderätin vereidigt werde.
»Trotz der Rechtsunsicherheit behandeln wir seitens der Verwaltung Elvira Schilli wie eine gewählte Vertreterin«, betont Hauptamtsleiter Ludwig Börsig. Über mögliche Befangenheitsgründe muss der Gemeinderat entscheiden.
Würde sich der Gemeinderat am kommenden Montag gegen einen Amtsantritt von Elvira Schilli entscheiden, so würde an ihrer Stelle SPD-Kandidatin Barbara Betz in den Gemeinderat einziehen. Bei den Wahlen zum Ortschaftsrat Unterharmersbach sind die SPD und die Grüne Liste Zell mit einer gemeinsamen Liste angetreten. Dort würde anstelle von Elvira Schilli dann Sybille Nock von der Grünen Liste Zell wieder in das Gremium einziehen.
Konstituierende Sitzung
Zu seiner konstituierenden Sitzung trifft sich der Zeller Gemeinderat am kommenden Montag, 24. Juni, um 18.30 Uhr im Kulturzentrum »Obere Fabrik«. Auf der Tagesordnung steht zunächst die Feststellung eventueller Hinderungsgründe. Danach folgt die Ehrung von Stadt- und Ortschaftsräten durch den Städte- und Gemeindetag für langjährige Ausübung des Ehrenamtes. Dem neuen Gemeinderat bleibt es vorbehalten, die Verpflichtung der neu gewählten Gemeinderäte vorzunehmen.
Trotz aller Unsicherheiten und auch dem persönlichen Wunsch, in das Amt verpflichtet zu werden, sieht die SPD-Kandidatin Elvira Schilli dem kommenden Montag mit einer gewissen Gelassenheit entgegen: »Wenn die Hinderungsgründe überwiegen, werde ich wohl die Zeller Gemeinderätin mit der kürzesten Amtszeit sein.«