Am vergangenen Sonntag vor 90 Jahren wurde Günther Schwarze geboren. Er kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken, das von kommunalpolitischen Aufgaben geprägt war.
Am Montag gratulierte Bürgermeister Pfundstein dem Jubilar und schnell war ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden: das Bürgermeistersein. Günther Schwarze, der erst seit gut vier Jahren mit seiner Frau in Zell lebt, war nämlich 27 Jahre lang stellvertretender Bürgermeister von Alfeld an der Leine und insgesamt 40 Jahre kommunalpolitisch aktiv. »Eine interessante Zeit«, erinnert sich das Geburtstagskind zurück. Als ehemaliger Vorsitzender des Bauausschusses in seiner Heimatgemeinde hat er viele große Infrastrukturprojekte angestoßen und begleitet: Stadtsanierung, Umgehungsstraßen und vieles mehr. Und so kann er seinem Zeller Kollegen kompetent bestätigen: »Die L94 macht alles in allem einen guten Eindruck.« Außerdem erinnert er sich gut an ein heute in Zell aktuelles Thema: »Die Diskussion über die Ortschaftsräte gab’s auch damals schon.«
Das Bürgermeistersein hat sich in der Familie Schwarze »irgendwie so vererbt«, berichtet der Jubilar. Sein Vater war bereits Bürgermeister, sein Schwiegersohn ist nach seinem Ausscheiden in seine Fußstapfen getreten.
Doch der Reihe nach: Günther Schwarze wurde am 17. Februar 1929 in Brunkensen, im heutigen Kreis Hildesheim, geboren. Er besuchte die Schule im Ort, machte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und arbeitete in einem Eisenwarenladen. Es folgten berufliche Stationen in einem keramischen Betrieb und bei den Überlandwerken. Der überzeugte Gewerkschafter war Mitglied in der Arbeitnehmervereinigung, die damals noch IG Chemie-Papier-Keramik hieß. Als Betriebsrat und Betriebsratsvorsitzender vertrat er die Interessen der Beschäftigten. Er wurde zudem in Tarifkommissionen in Land und Bund berufen. Fit hielt er sich auf dem Fußballplatz. Und auch für das Sportschützenwesen konnte er sich begeistern. Seine neue sportliche Heimat hat Günther Schwarze im Schwarzwald beim ZFV gefunden.
1961 dann der Schritt in die Kommunalpolitik. »Ich bin eigentlich nur umständehalber auf die SPD-Liste gekommen, damit die Liste voll war«, erinnert sich Schwarze lachend und ergänzt: »Und schon war’s passiert.« Sieben Jahre hat er sich erst einmal angeschaut, wie Lokalpolitik funktioniert, anschließend für das Bürgermeisteramt und den Kreistag kandidiert und diese Wahlen ebenfalls gewonnen. Im Zuge der Gemeindegebietsreform wurde sein Heimatort Brunkensen in die Stadt Alfeld eingegliedert. In Alfeld war er von 1974 bis 2001 stellvertretender Bürgermeister. Im Alter von 72 Jahren schied er aus dem Amt aus.
Ins Harmersbachtal gezogen ist er vor gut vier Jahren mit seiner Frau der Kinder und Enkelkinder wegen. Das Haus in Niedersachsen wurde verkauft und auch sonst hat sich der Haushalt mit dem Umzug erheblich verkleinert. Doch zahlreiche Erinnerungsstücke haben auch im neuen Heim ihren Platz gefunden. Da gibt es zum Beispiel die Hans-Böckler-Medaille, die höchste Auszeichnung, die der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaften vergeben. Außerdem wurde Günther Schwarze die Goldene Stadtmedaille verliehen. Sogar die Urkunde für das Bundesverdienstkreuz am Bande hängt an der Wohnzimmerwand – samt Foto von der Verleihung. Jede Menge Politprominenz, wie etwa Gerhard Schröder, konnte er persönlich kennenlernen.
Seine Frau Marga (89) kennt er schon seit der Schulzeit. 1951 haben sie geheiratet. Es kamen Tochter Ute und Sohn Jörg auf die Welt. Ute hat es nach Zell verschlagen. Enkelin Nadine ist ebenfalls da geblieben. Mittlerweile gibt es zwei Urenkel, die die stolzen Urgroßeltern früher leider viel zu selten sehen konnten. Die Strecke zwischen Alfeld und Zell beträgt mehr als 500 Kilometer – eine Distanz, die man nicht mal eben so zum Kaffeetrinken überwindet. Margas großer Wunsch, dass die Familie wieder enger beieinander ist, wurde mit dem Umzug in den Süden erfüllt.
»In Zell sind wir gut angekommen«, blickt Günther Schwarze auf seinen Alterssitz. Für die Lokalpolitik interessiert er sich nach wie vor sehr. Er liest aufmerksam die »Schwarzwälder Post« und auch die Alfelder Zeitung wird ihm im fernen Schwarzwald regelmäßig zugestellt.
Gefeiert wurde am Sonntag mit Freunden aus Niedersachsen, aus dem Rheinland und aus Zell – mit Musik von Gisela und Karl-Heinz im Kleebad. Pfarrer Monninger war auch zum Gratulieren da.
Die Gelegenheit, den Jubilar nach der Essenz seiner Lebensjahre zu fragen, konnte sich die Autorin dieses Berichts nicht entgehen lassen. »Bewegen muss man sich nicht nur im Kopf, sondern auch mit den Beinen«, lautete der eine Ratschlag. Der andere ist eine Botschaft, wie sie wichtiger nicht sein könnte: »Friede muss sein auf der Welt. Die Leute vergessen zu schnell, was war.«