Ein Bauwagen steht am Hochbehälter am Eckwald. In großen Lettern steht darauf: Waldspielgruppe Zell. Am 1. Oktober ist das neue Angebot in der Zeller Kinderbetreuungslandschaft gestartet. Mittlerweile haben sich die Betreuerinnen und die Minis gut eingelebt und die »Schwarzwälder Post« zu einer kleinen Stippvisite eingeladen.
Es ist nass und windig am Montagvormittag, als wir uns am Platz treffen, an dem der Bauwagen steht. Trotz des unwirtlichen Wetters spielen die Kinder mit Betreuerin Renate Buchholz draußen. Auf einer Holzbank sind diverse Kochutensilien im Puppenstuben-Format aufgereiht. Es wird gekocht. Mais landet in den kleinen Töpfchen – eine echte Herausforderung für die Feinmotorik – und außerdem gibt’s eine Tannennadel-Suppe, für die Nadel für Nadel in Kleinstarbeit vom Boden aufgehoben wird. Ist man erst einmal eine Zeit lang draußen, merkt man, dass das Wetter gar nicht so übel ist, wie es der Blick aus dem Bürofenster vermuten ließ. Außerdem sind alle gut eingepackt. Wetterfeste Kleidung ist in der Waldspielgruppe eine Selbstverständlichkeit. Nur bei Gewitter, Sturm oder Gefahr von Schneebruch geht es ins Ausweichquartier in den Sportpark. Bisher wurde es nicht genutzt.
Aktuell fünf Plätze
Die Erzieherinnen Claudia Sapparth und Renate Buchholz betreuen momentan vier Kinder. Im Januar kommt das fünfte dazu. Damit ist die Waldspielgruppe erst einmal ausgebucht. Die Betriebsgenehmigung erstreckt sich nämlich nur auf diese Anzahl von Personen. Trotz des pädagogischen Ansatzes, möglichst viel Zeit im Freien zu verbringen, muss nämlich eine ausreichend große trockene und beheizbare Unterkunft vorhanden sein. Und die bietet nun einmal nicht mehr Platz als für fünf Kinder und zwei Erwachsene. Das aktuelle Domizil, ein ausrangierter Bauwagen, wurde von der Fa. Knäble gespendet und in mehr als 150 Arbeitsstunden im Wesentlichen von den Ehemännern der Erzieherinnen umgebaut. Träger der Waldspielgruppe ist die AWO, die Stadt Zell hat das Gelände zur Verfügung gestellt.
Natur pur
Das ganze Jahr über spielen die Kinder in der Waldspielgruppe draußen, wo es eine Menge zu entdecken gibt. Das Angebot ist offen für kleine Menschen zwischen zwei und vier Jahren – eine Entwicklungsphase in der richtig viel passiert. In der Motorik, in der Sprachentwicklung, im Sozialen. In der Waldspielgruppe ist all dies eingebettet in 100 Prozent Natur. »Die Möglichkeiten an dem Standort hier sind ideal«, freut sich Claudia Sapparth. Man sei im Nu im schattigen Wald, genauso schnell aber auch auf der sonnigen Wiese am Hochbehälter. Der kleine Hügel, auf dem der Bauwagen steht, habe sich im Wortsinn zum absoluten »Renner« entwickelt und die Kleinen hätten einen Riesenspaß dabei, so schnell wie möglich den Weg hoch und wieder runter zu laufen. Im Herbst wurde mit Eicheln gespielt, es wurden Esskastanien gesammelt und gekocht, mit dem »Waldbesen« Laubhaufen zusammengefegt und hineingesprungen und vieles mehr. Die Kinder können in der Waldspielgruppe die Natur begreifen und die Sinne schärfen, zum Beispiel als beim Maronensammeln ganz schnell klar wurde, dass die Kastanien-Igel ganz schön pieksen. »Ein Reh hat sich bei uns noch nicht blicken lassen«, lacht Sapparth. Kontakt mit der heimischen Tierwelt gab es bisher nur in Form von Regenwürmern, Eichhörnchen und Vögeln. »Die Kinder kommen müde heim«, konstatiert sie weiter und ergänzt, dass sich durch die viele Bewegung an der frischen Luft nicht nur die Motorik verbessert, sondern auch das Schlafverhalten ändert.
Claudia Sapparth und Renate Buchholz betonen, dass das Waldangebot keine bessere Pädagogik sein will, sondern eine Ergänzung zu anderen Angeboten. Deshalb bewegen sich die Betreuungskosten auch im Rahmen der städtischen Kindergärten.
Feste Unterkunft
Das Interesse an dem Angebot ist groß. Hin und wieder kommen Besucher vorbei und machen sich ein Bild von der Betreuung in der Waldspielgruppe.
Über 20 Familien stehen mittlerweile auf der Liste und würden gerne Waldspielgruppe beziehungsweise Waldkindergarten in Anspruch nehmen, dessen Start für 2019 avisiert ist (wir berichteten). Dafür müsste eine Hütte gebaut werden, in der sowohl Waldspielgruppe als auch Waldkindergarten ihren festen Platz bekommen könnten. Im Gemeinderat wird am Montag darüber beraten werden.
Die AWO ist Träger der Einrichtung. Mit den Elternbeiträgen, die sich an denen der städtischen Kindergärten orientieren, wird unter anderem das Personal finanziert. Defizite deckt die Stadt Zell ab. Sie würde auch den Bau der Schutzhütte finanzieren, bei dem mit einem Fördermittelzuschuss in Höhe von 70 Prozent gerechnet werden kann.