Rund 60 Milcherzeuger aus 15 europäischen Staaten von Litauen über Norwegen und Irland bis hin zur Schweiz und Portugal trafen sich zu ihrer Mitgliederversammlung in Zell am Harmersbach. Die Tagung fand in der Klosterhalle statt. Auf dem zweitägigen Programm stand auch eine Besichtigung des Kornbauernhofs ihres Vereinsmitglieds Stefan Lehmann in Oberharmersbach.
Die Tagung der im BDM und im EMB organisierten Milcherzeuger wurde in der Klosterhalle abgehalten. Untergebracht waren die Teilnehmer im nahen Hotel «Klosterbräustuben«. Die Redebeiträge wurden simultan übersetzt, so dass die Teilnehmer des internationalen Treffens an den Redebeiträgen teilhaben und miteinander diskutieren konnten. Die Mitgliederversammlungen werden zweimal jährlich abgehalten, informierte Stefan Lehmann, einmal in Brüssel und einmal in einem Mitgliedsland. »Die Probleme sind überall die gleichen«, machte Stefan Lehmann die Lage deutlich. »Die Betriebe leiden unter dem ständigen Preisdruck«. Bessere Bedingungen brächten einen Mehrwert für die Erzeuger, die Verbraucher, das Tierwohl und für die Umwelt, zeigte sich Stefan Lehmann überzeugt.
In den Verbänden des EMB sind europaweit rund 60.000 Milchbauern organisiert. Dem BDM gehören noch knapp 18.000 Mitglieder an. »Es waren auch schon rund 30.000 Mitglieder in Deutschland. Ein Drittel hat schon aufgehört«, machte Stefan Lehmann die Entwicklung deutlich. Ziel müsse es deshalb nach wie vor sein, möglichst viele der Familienbetriebe zu erhalten.
Kostendeckende Preise und gerechte Erzeugereinkommen
Diese Positionen wurden von der Versammlung deutlich unterstrichen. Die 20 Milcherzeugerverbände des European Milk Board (EMB) bestärken ihre Forderungen für einen gesunden Milchmarkt. Wie die Erzeuger aus ganz Europa bei ihrem Treffen in Zell a. H. mitteilen, sind ein effizientes Kriseninstrument bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), kostendeckende Preise und gerechte Erzeugereinkommen zentrale Elemente für einen nachhaltigen Milchsektor. Diese Aspekte seien unabdingbar für die Sicherung der Generationenfolge.
Die nationalen Mitgliedsverbände des EMB diskutierten die aktuelle Situation und zukünftige Strategie des europäischen Dachverbandes der Milcherzeuger. Die Versammlung stand im Zeichen der Solidarität, um eine europäische Lösung für den Milchsektor zu erwirken. Einigkeit herrschte darüber, dass der europäische Milchmarkt wirksame Instrumente braucht, um den wiederkehrenden Marktkrisen, klimatischen Ausnahmesituationen und vielfältigen Anforderungen gerecht werden zu können. Die Gemeinsame Agrarpolitik müsse dahingehend erweitert werden, dass Krisen zukünftig verhindert werden und die Produktionsmenge bei Marktverwerfungen flexibel angepasst werden kann.
Endlosschleife der Milchmarktkrisen durchbrechen
»Der freiwillige Lieferverzicht in Krisenzeiten – ein zentrales Element des Marktverantwortungsprogramms des EMB – muss als fixes Instrument in der GAP verankert werden«, so Erwin Schöpges, Vorsitzender des EMB »Wir müssen endlich die Endlosschleife der Milchmarktkrisen durchbrechen und den Markt auf ein gesundes Fundament stellen«. Wichtiger denn je seien kostendeckende Preise und eine gerechte Entlohnung für die tagtägliche Arbeit auf den Höfen. Die wirtschaftliche Stabilität sei auch Voraussetzung, um für junge Landwirte Perspektiven zu schaffen.
Stefan Mann, Vorsitzender des Bundesverbandes deutscher Milchviehhalter (BDM), möchte die Politiker in den Ländern und in Brüssel in die Verantwortung nehmen. »Ich möchte die Politik ermuntern, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um Wertschöpfungsverluste für den ländlichen Raum zu verhindern.« Diese gingen genauso wie der schlechte Milchpreis letztendlich zu Lasten der Gesellschaft.
Das European Milk Board möchte den Dialog mit Vertretern der Milchpolitik auf allen Ebenen weiterführen. Die nationalen Verbände haben sich aber auch für deutliche Maßnahmen gegenüber den politisch Verantwortlichen ausgesprochen. »Von unseren europäischen Kollegen kamen ganz klar Signale, den Druck auf Brüssel zu erhöhen und uns mit starken Aktionen Gehör zu verschaffen, falls uns die Politik sehenden Auges in die nächste Krise schickt«, fasst Präsident Schöpges die Beschlüsse der Mitgliederversammlung zusammen.
Stimmen der EMB-Milcherzeuger aus der Versammlung
Stefan Lehmann
(48 Jahre, Oberharmersbach)
»Es freut mich, dass wir hier im Schwarzwald Gastgeber der Versammlung der europäischen Milcherzeuger waren. Es war für mich schön zu sehen, dass wir als EMB mit unseren Vorschlägen vorankommen und so die EU-Politik in die Pflicht nehmen, Maßnahmen für eine nachhaltige Milchproduktion zu setzen.«
Jonas Vilionis
(71 Jahre, Litauen)
»Die heutige Sitzung hat gezeigt, dass die Länder zum Teil unterschiedliche Interessen haben, die Probleme sind dennoch die gleichen. Umso wichtiger ist es, gemeinsame Lösungen zu finden.«
Adrien Lefèvre
(28 Jahre, Frankreich)
»Ich freue mich, Teil der grenzüberschreitenden Solidarität zwischen den EMB-Mitgliedern zu sein. Mit den Milchbauern der verschiedenen Nationalitäten haben sich echte Freundschaften entwickelt. Wir alle haben ein gemeinsames Ziel: eine faire Bezahlung für unsere Arbeit.«
Werner Locher
(64 Jahre, Schweiz)
»Für mich wurde in der Diskussion ganz klar der Willen der Versammlung deutlich, trotz sehr unterschiedlicher Voraussetzungen in den einzelnen Ländern solidarisch am gemeinsamen Ziel weiterzuarbeiten.«