Lediglich im Sommerurlaub legen Katrin Pfundstein und Elias Vogt eine kurze Pause ein. Ansonsten aber trainieren die beiden 18-jährigen C-Klassen-Gewinner der diesjährigen Deutschen Rock ’n’ Roll-Meisterschaft regelmäßig, sei die Hitze auch noch so groß.



Die Ritter von Buss-Halle wird von fetzigen Klängen erfüllt. Rund 15 Jugendliche trainieren hier jeden Freitagabend, gerade zeigt Katrin Pfundstein einem Neuling die grundlegende Fußtechnik – den für den Rock ’n’ Roll so typischen Kickschritt.
Außergewöhnlich, dass es sich bei dem neuen Interessenten um einen Jungen handelt, denn die sind in dem Sport ausgesprochene Mangelware. Meistens tanzen daher Mädchen zusammen.
Umso größer das Glück für Katrin Pfundstein, dass sie selbst einen männlichen Tanzpartner gefunden hat. Einen zudem, mit dem das Tanzen seit elf Jahren nun schon prächtig klappt.«Wir streiten nie«, lacht die Schülerin des Offenburger Ernährungsgymnasiums in ihrer lebendig-bestimmten und gleichzeitig aufgeräumt wirkenden Art, »Streiten bringt ja nix.«
Sobald das Kinder- und Jugendtraining und damit auch Katrin Pfundsteins Tun als Trainerin beendet ist, schließt sich ihr eigenes Training an. Dazu rollt ihr Partner Elias Vogt mit dem Motorrad vor, seinem zweiten Hobby. Absolute Priorität hat aber auch für ihn der Rock ’n’ Roll, das gilt für die beiden jungen Leute ohne Wenn und Aber. Ganz egal, ob bei Katrin Pfundstein im nächsten Jahr das Abitur ansteht oder bei Elias Vogt der Lehrabschluss.
Gute Planung ist alles
»Für das Training hat man abends immer Zeit, finde ich«, sagt der angehende Forstwirt in seiner ruhigen, überlegten Art. »Das kann man sich schon so einplanen, dass man an den anderen Tagen lernt und man das Training nicht deswegen absagen muss.«
Wöchentlich zweimal hat das Tanzpaar bislang in der Regel trainiert, vor Turnieren doppelt so viel. Wobei es einmal in der Woche nach Bötzingen an den Kaiserstuhl geht, wo Trainerin Claudia Waldenhofer »hauptsächlich das Fußtechnik-Programm mit uns macht.« Günter Singler vom Tanzsportclub Harmersbachtal hingegen ist in erster Linie für die Akrobatik zuständig.
Sie, die Akrobatik, wird in Zukunft einen noch größeren Stellenwert einnehmen. Denn nach der Sommerpause werden die beiden Rock ’n’ Roller aus der Startklasse C der Jugend in die nächsthöhere und sicherlich noch trainingsintensivere B-Klasse der Erwachsenen wechseln.
Zwar könnten sie auch bei den Erwachsenen in der C-Klasse bleiben, doch sie suchen die Herausforderung. Und die liegt darin, dass sie statt der bisherigen vier Akrobatik-Elemente zukünftig deren sechs tanzen müssen. Und zwar andere als bisher, schwierigere, »die von der C-Klasse können wir nicht übernehmen«, erklären die beiden Tänzer.
Salti beispielsweise werden künftig nun zu meistern sein. Nur von Katrin Pfundstein jedoch: »Ich bin immer am Boden«, grinst Elias Vogt. Schwieriger aber wird es auch für ihn: »Die Hebefiguren zu halten wird anstrengender, von der Kraft her.«
Krafttraining ist schon jetzt im normalen Training meist integriert. Überdies kommt dem sportbegeisterten jungen Mann diesbezüglich sein Beruf zugute, hantiert er im Wald doch jeden Tag mit schweren Motorsägen und läuft viel.
»Wie beim Bungee-Jumping«
Regelmäßiges Krafttraining steht auch bei seiner Tanzpartnerin auf dem Programm, und der Ausdauer wegen geht sie zudem Joggen. Für’s Saltospringen und überhaupt für die Akrobatik hat sie eine »gute Grundlage«, weil sie bis zum 15. Lebensjahr – ein volles Jahrzehnt lang – zusätzlich zum Rock ’n’ Roll geturnt hat, »da lernt man das alles.«
Dennoch wird ein Salto nicht gleich frei gesprungen. Vielmehr ist die rundherum Durchtrainierte zunächst per Gurt und Seil gesichert, »wie beim Bungee-Jumping«, lacht sie. Das gilt auch für Hebefiguren, für die schwierigen zumindest. Denn bei den »leichten« ist der Trainer zur Stelle und hält.»Man muss sich schon trauen«, gesteht Katrin Pfundstein, dass sie sich bei jeder neuen Akrobatik anfangs überwinden müsse, »aber je öfter man sie macht, desto besser wird’s und desto weniger Angst hat man dann auch.« Und sie freut sich: »Irgendwie haben wir es geschafft, dass wir in den elf Jahren, in denen wir Rock ’n’ Roll machen, beide noch nie eine ernsthafte Verletzung hatten.«
Eines aber steht bei den beiden Tänzern noch immer ganz oben an: Die Freude über die im Juni gewonnene Deutsche Meisterschaft.
Meister trotz Erwartungsdruck
Über Jahre hatten sie auf dieses Ziel hingearbeitet, sich fünfmal bereits für diesen Wettkampf qualifiziert. In der laufenden Saison nun hatten sie sämtliche Turniere gewonnen, standen auf Platz eins der deutschen Rangliste und galten deswegen als Favoriten.
Ein Druck, der verunsicherte, der lastete und der durchaus dafür hätte sorgen können, dass ein Fehler passiert. Dass man beispielsweise »beim Tanzen plötzlich vergisst, was als nächstes im Programm kommt«, erinnert sich Elias Vogt an seine unguten Gefühle. Umso mehr strahlen die beiden noch immer vor Erleichterung, »dass dann doch alles gut geklappt hat.«
Sponsoren aber sind seit dem Titelgewinn nicht auf sie zugekommen, auch wenn Kostüme, Tanzschuhe sowie Trainings- und Turnierfahrten gehörig ins Geld gehen. »Gesponsored wird im Rock ’n’ Roll eigentlich keiner, das ist eher eine Randsportart, nicht so wie Fußball«, wissen die beiden Zeller.