»Es muss aus dem Bauch kommen. Das ist Gospel«. So lautet das Credo der legendären »Harlem Gospel Singers« aus New York. Doch Musik und Gesang, die das Lob Gottes verkünden und den Menschen Freude und Erbauung bringen, sind mit viel Arbeit verbunden. Davon konnte sich das Publikum beim mitreißenden Gastspiel des Chors »Gospel Generation« am Mittwochabend in der vollbesetzten evangelischen Kirche überzeugen.
Chorleiterin Gesine Fünfgeld hatte die 27 Sängerinnen und sieben Sänger meisterhaft vorbereitet. Bezirkskantor Traugott Fünfgeld begleitete das Ensemble am E-Piano, mal akzentuiert rockig, mal sensibel swingend. Im Mittelpunkt des Programms stand die Botschaft der Psalmen, die auszugsweise von einzelnen Choristen vorgetragen wurden.
Schon der Auftakt offenbarte Glut und Leidenschaft, als »Gospel Generation« mit einem auffordernden »Come and go« von der Pforte durch den Mittelgang der Kirche zum Altar hin schritt. Ungebändigte Energie und Musikalität verströmten »Pray on« und »Had to get up this morning«. Bereits in dieser frühen Phase des Konzertabends gewann man den Eindruck, das Publikum würde zu einem Teil des Schwingungsgeschehens im Saal. Das hymnisch erklingende »Angel Band«, das die Choristen mit pointiertem Fingerschnippen rhythmisch betonten, ging geradewegs unter die Haut.
Melodienreichtum und außergewöhnliche Interpretationen
»Gospel Generation« bezeichnet sich selbst als »Chor zwischen 11 und 50 plus«, bei dem die Männerstimmen allerdings deutlich unterrepräsentiert sind (wie fast bei jedem gemischten Chor heutzutage). Ausgefeilte Arrangements, sängerisches Können und Engagement machen das mehr als wett, wobei das Repertoire auch neues geistliches Liedgut einbezieht: »Herr Gott, du bist unsere Zuflucht« oder »Lehre uns bedenken« hätten auch in einem Gottesdienst ihren Platz. Das musikalische Erlebnis grenzt hier an Erfahrungen bei der Auseinandersetzung mit religiösen Fragen. Die außergewöhnlichen Interpretationen wiederum erleben die Zuhörer als bewussten Akt der Suche nach Qualität.
Dafür zeichnet Bezirkskantor Traugott Fünfgeld verantwortlich, aus dessen Feder allein 14 der 19 Songs und Lieder stammen. Melodienreichtum und Groove der Kompositionen zeigen Pop- und Soul-Affinität und Fünfgelds souveränes Tastenspiel unterstützt den Chor und beflügelt ihn zugleich: Contemporary Gospel at its best! Mitreißend dargeboten in »You’d better run« oder dem pulsierenden »Roll on«. Mit viel Gefühl und Hingabe gesungen, bildeten das balladeske »You are the light« und das von den Frauenstimmen dominierte »Be a blessing« einen reizvollen Kontrast. In Sekundenschnelle gelang es den Choristen die Zuhörer einzubeziehen, sei es durch Fingerschnippen oder Mitklatschen, etwa bei dem fulminanten »Free at last«.
Auf ganzer Länge berührendes Konzert
So reihte sich eine Songperle an die andere, ohne dass der Chor an Ausdruckskraft eingebüßt hätte, was bei den sommerlichen Temperaturen, die noch am Abend im Kirchensaal herrschten, nicht verwunderlich gewesen wäre. Ganz im Gegenteil: Das hohe Niveau des Vortrags machte die harmonisch besonders anspruchsvollen Titel »All things bright and beautiful« sowie »The Lord is my
shepherd« des englischen Komponisten und Chorleiters John Rutter zu Glanzpunkten des Abends. Selbst bei Tonartwechseln blieb die Intonation in hohen Lagen sauber und klar.
Sicherlich ein Verdienst von Chorleiterin Gesine Fünfgeld und ihrem ebenso einfühlsamen wie streckenweise impulsivem Dirigat. Ihre fröhliche und authentische Art und die spürbare Leidenschaft für den Gospel, die auch in jedem gesungenen Ton der Sängerinnen und Sänger zum Ausdruck kam, feierten die Zuhörer mit Ovationen und „Bravo“-Rufen.
»Der Herr ist mein Hirte … Er erquicket meine Seele« rezitierte Gemeinderat Joachim Groß aus Psalm 23 und brachte damit die Wirkung des auf ganzer Länge berührenden Konzerts auf den Punkt. Mit einem kraftvollen »Song of Joy« des zeitgenössischen deutschen Organisten und Kirchenmusikers Ralf Grössler verabschiedete sich der Chor von seinem begeisterten Zeller Publikum. Joachim Groß verteilte als Zeichen des Dankes weiße Rosen an die Akteure. Diese intonierten »aus dem Bauch heraus« den prickelnden Gospel- Klassiker »This little light of mine« und während sie in Zweierreihen die Kirche verließen, sang und klatschte das Publikum aus Leibeskräften mit. – Wahrlich, das ist Gospel!