Ein Schreiner, ein Druckvorlagenhersteller und eine bildende Künstlerin: Aus ihrem Schulterschluss sind außergewöhnliche Stoffe zum Thema »Schwarzwald« entstanden – wie gemalt im wahrsten Sinne des Wortes.




»Viele unserer an Gäste vermieteten Destinationen sind veraltet und in den nächsten vier bis fünf Jahren so nicht mehr vermietbar«, weiß Stefan Kornmeier. Um dem zu begegnen, hat der Schreiner und Innenraumgestalter eine Vision. Die eines besonderen Gästezimmerkonzepts.
Gästezimmer mit modern-gemütlichem Schwarzwaldflair und natürlichen, aus der Region stammenden Materialien und Produkten sollen beim Renovieren und Sanieren entstehen, unter Einbindung vor Ort ansässiger Handwerker sowie Dienstleister.
Das »kleine Glück« soll dieses – letztes Jahr als Top-100-Innovation ausgezeichnete – Gästezimmerkonzept mit dem Namen Slow-down-Holiday-Home Urlaubern vermitteln. Soll nach dem Motto »Klasse statt Masse« auf die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus abzielen.
»Das ist nicht neu, aber es ist alles vorhanden«, leuchten Stefan Kornmeiers Augen in tiefer Überzeugung: »inklusive einer tollen Landschaft und Natur, guter regionaler Produkte, einer intakten Infrastruktur, Rad- und Wanderwege – bislang war nur noch keiner da, der es zusammengeführt hat.«
Um so glücklicher ist der Sechsundvierzigjährige daher über das, »was der Alfred Siegesmund gemacht hat.« Der mit ihm seit vielen Jahren Bekannte nämlich hatte die Idee, Schwarzwaldbilder zu malen, als Vorlage für Schwarzwaldstoffe für besagtes Gästezimmerkonzept. Stoffe? Der Gedanke lag ob des liebevoll geführten Stoffladens von Siegesmunds Gattin Luitgard auf der Hand.
Traditionelle Motive »in modern«
Als begeisterter Hobbymaler versuchte sich der Dreiundsechzigjährige selbst an der Aufgabe, doch seine naturalistische Herangehensweise brachte keine ihn überzeugenden Ergebnisse. Da traf es sich gut, dass er und seine Frau seit Jahrzehnten mit Marianne Treier befreundet sind. Die pensionierte Berufsschullehrerin hatte – nachdem die Kinder außer Haus waren – von 2002 bis 2006 an der Offenburger Kunstschule ein Kunststudium absolviert, sich anschließend an verschiedenen Orten fortgebildet.
Nachdem Alfred Siegesmund also mit seinen eigenen Versuchen unzufrieden war, wandte er sich an Marianne Treier. »Du, kannst du auch Schwarzwald?«, habe er zu ihr gesagt. Sie konnte. Und wie! Sie, die Schwarzwaldbilder bis dato belächelt hatte. Und die obendrein »mehr im Abstrakten« zuhause ist, die beim Malen die Freiheit braucht, auch Spritzen und Sprühen gehört dazu, »alles Mögliche«.
»Ich und Hirschgeweih, wie kann ich denn?!«, gibt die quirlige 64-Jährige ihre anfängliche Skepsis gegenüber typischen Schwarzwaldmotiven wie auch Kuckucksuhren und Bollenhutmädchen wieder. Doch sie ließ sich darauf ein. Und fand die Lösung in kreativer Verfremdung.
Mit Stoffbrettchen fing es an
»Mit Stoffbrettchen fing es an«, zeigt die Künstlerin auf schmale Hochkantbilder in einem außergewöhnlichen Format und nicht minder außergewöhnlicher Optik. Besagte »Brettchen« bestehen nicht aus Holz, sondern aus sehr fester Pappe, um die Stoff zu Ballen gewickelt wird. Als Marianne Treier, nebenbei leidenschaftliche Näherin, bei ihrer Zeller Freundin Stoff einkaufte, fielen ihr die leeren – und eigentlich zu entsorgenden – Stoffbrettchen ins Auge. »Mensch, die könnte ich bemalen«, habe sie Luitgard Siegesmund um die Pappen gebeten, »das ist eine tolle Form, die hat nicht jeder!«
Viel mit Collage hat sie bei der Umsetzung des Schwarzwaldthemas gearbeitet, auch bei den späteren größeren Formaten. Neben Fotos hat sie unter anderem Seiten aus alten Büchern verwendet, auf diese Weise hie und da »ein bisschen Goethe versteckt: Der Faust, der musste auch mit rein«, lacht sie, desgleichen sind der Heimatschriftsteller Hansjakob sowie der Nordracher Moospfaff in diesen Bildern verewigt, ebenso alte Schriften von Hofübergaben.
Die Ergebnisse sind vielfältig. »Schwarzwaldmystik« beispielsweise hat die heutzutage in Ohlsbach Wohnende in Erinnerung an ihre Kindheit festgehalten, wenn sie im Winter des morgens bei Dunkelheit mit dem Schlitten von Ramsbach hinunter nach Oppenau musste. Doch auch ganz moderne Themen wie das Mountainbiken zeigen Marianne Treiers lebensfrohe Bilder, deren Farben sie je nach ihrer Stimmungslage beim Malen wählt.
Tolle Wirkung am laufenden Meter
»Nachdem ich zwölf Jahre durch den Beruf bedingt Stillstand beim Malen hatte, habe ich für dieses Projekt jetzt drei Monate lang nur gemalt«, erzählt sie und freut sich, einige dieser Bilder nun in Stoffform zu sehen: »Ich fand es ganz toll, wie diese Wirkung dabei rauskam!« Wofür Alfred Siegesmund, der gelernte Druckvorlagenhersteller, das jeweilige Bild »auseinandernehmen« und arrangieren, sprich »umrichten« musste, um bei einem Stoff von einem Meter vierzig Breite Abbruchkanten im Muster zu vermeiden.
»Früher hatte man von den Kosten her nur 500 Meter am Stück drucken lassen können«, erklärt Siegesmund. Inzwischen jedoch ermöglicht es die Digitalisierung, auch »kleinere Mengen zu drucken, die noch bezahlbar sind.«
Fünf verschiedene dieser malerischen Stoffe gibt es bereits, zunächst zwei weitere befinden sich in Vorbereitung. Doch nicht nur für die Inneneinrichtung von Ferienwohnungen sind sie geeignet, für Vorhänge, Bettwäsche, Tischdecken, Dekorationskissen beispielsweise, oder für Utensilien wie Taschen und Beutel: »Ich habe mir schon ein Kleid daraus genäht«, gesteht Marianne Treier, »sogar Dirndl könnte man aus den Stoffen machen.«
Info: Die Ausstellung »Schwarzwald(t)räume« im Zeller Storchenturmmuseum auf dem Kanzleiplatz läuft noch bis zum 12. Juni – geöffnet Freitag, Sonntag und Dienstag jeweils von 14 bis 17 Uhr.