»Ihr müsst aber wiederkommen!« So habe es bei der ersten Zeller Veranstaltung mit Ulrike Derndinger und Horst Siebold vor drei Jahren geheißen, erinnerte am Freitagabend der ein volles Haus begrüßende Hubert Temme im Namen des Storchenturm-Museumteams und des Stadtmarketings. Mit den gleichen Worten sollte die Verabschiedung des text-kreativen Mundart-Duos enden.






Einen mal nachdenklichen, mal äußerst vergnüglichen Abend hatten die Mundart-Autorin Ulrike Derndinger und der Mundartsänger Heinz Siebold ihren rund 80 Zuhörern im Foyer des Storchenturm-Museums bereitet.
Das Thema ihres neuen Programms »Weckli – Deckli – Schleckli«: »Hochdeutsch kann doch jeder, aber Alemannisch ist die Mutter- und Vatersprache der Region.« Derndinger, Diplom-Theologin und Redakteurin bei der Badischen Zeitung, präsentiert »Ortenauer Alemannisch – also Nieder-Alemannisch.« Der freie Journalist und Buch-Autor Siebold hingegen trägt Wiesentäler Alemannisch vor. »Hoch-Alemannisch«, schmunzelt er, »von hoch oben Richtung Schweizer Grenze, am Hochrhein, im Kreis Lörrach.«
Einstand und Abschluss performen sie gemeinsam, ansonsten aber wechseln sie sich ab: Die 1977 in Kürzell geborene, dort aufgewachsene und mehrfach für ihre »Mund-Art« ausgezeichnete Ulrike Derndinger liest kurze, pointierte und mit viel Zwischenzeiligem behaftete Texte, die sie zum Teil in einem im Gutacher Drey-Verlag erschienenen Band veröffentlicht hat.
Eingemachtes Geld
Da geht es um den Metzger Kurt, der in Niedrigzinszeiten wie den unsrigen sein Geld in Wurstbüchsen »haltbar« macht. Um eine skurrile Seniorin im Altersheim, die feststellt: »Wenn’s einem schlecht geht, ist das menschlich gesehen eine Unverschämtheit.« Um den Franz, der sich in der in chinesische Hand übergegangenen Dorfwirtschaft an die »viehmäßige« Schärfe chinesischer »Bollesupp« gewöhnt.
Oder Ulrike Derndinger erzählt von einem Russland-Deutschen, der nicht nur Hochdeutsch, sondern auch noch das für ihn so unverständliche Alemannisch lernen muss, diese komische »Wodka-Sprache«. Oder sie gibt sprachliche Köstlichkeiten zum Besten, wie das mit kanadischem Akzent versehene Alemannisch ihrer Friseurin. Oder, oder …
Heimat ohne Verklärung
Der 68-jährige Heinz Siebold wiederum spielt Gitarre und nimmt seine Zuhörer mit auf eine musikalische Reise durch das große und kleine Wiesental. Weniger eigene Lieder allerdings singt er, wie er in der Pause in einem Gespräch mit unserer Zeitung erklärt. Vielmehr greift er häufig auf die gereimten Werke eines Jugendfreundes zurück, dem das Dichten und Komponieren mehr liege als ihm, Siebold selbst. Wenngleich der Mann mit dem Sinn fürs Hintergründige teilweise (mit entsprechender Erlaubnis natürlich) die ursprünglichen Texte verändere: dann, wenn sie ihm zu glatt sind, zu heimattümlerisch – »ich bringe da immer ein paar Spitzen mit rein«.
»Heimat ist ein schwieriger Begriff – im Namen der Heimat, mit der Ulrike und ich uns auseinandersetzen, ist schon viel Schindluder getrieben worden«, betont Heinz Siebold die konsequente Ablehnung rechten Gedankenguts, »die Heimat darf man nicht verklären. Sie ist, wie sie ist, vielfältig und auch zwiespältig, man muss da kritisch sein.«
Alemannisch ja, aber nicht missionarisch
Werbung müssen Derndinger und Siebold aufgrund ihres Bekanntheitsgrades nicht betreiben: »Wir treten auf, wenn wir angefragt werden.« Kleinkunstbühnen gehören genauso dazu wie beispielsweise historische Vereine oder Mundartgruppen.
»Nebenbei« dies alles, weil es dem Duo Spaß macht, und weil ihm das Alemannische wichtig ist. »Es ist die Sprache, mit der man aufgewachsen ist«, verdeutlicht Heinz Siebold. Wie seine Partnerin ist er ein »Burekind«, das seit Jahrzehnten in der Stadt lebt, sich mit seinem Heimatdorf aber noch immer verwurzelt fühlt. Ohne dass er oder Ulrike Derndinger sich jedoch als Missionare zum Erhalt des Alemannischen verstehen.
»Es wird weiterleben oder es wird nicht weiterleben, wir können gar nichts daran ändern – Sprachen verändern sich und sterben zum Teil auch aus.« Auf dem Land noch gängige Alltagssprache, sei die Mundart in einer Stadt wie Freiburg allerdings kaum noch zu hören, stellt Heinz Siebold mit Blick auf seinen Wohnsitz bedauernd fest.