Von sechs Uhr heute früh bis sechs Uhr morgen steht die Produktion bei »Prototyp« still. Das Werk erlebt zum ersten Mal einen ganztägigen Warnstreik.
Das Werkstor ist geschlossen, davor ein Zelt aufgebaut. Überall sieht man gewerkschaftsrote Mützen. Gestern hatten sich Beschäftigten der Prototyp-Werke mit überwältigender Mehrheit dafür entschieden, ihren Forderungen in den aktuellen Tarifverhandlungen mit einem ganztägigen Warnstreik Ausdruck zu verleihen. Auch nach der vierten Verhandlungsrunde sowie einem weiteren Einigungsversuch liegen die Positionen von Arbeitgebern und Gewerkschaften immer noch soweit auseinander, dass der Arbeitskampf verschärft weitergeführt wird. Die Arbeitnehmer wollen an dem teilhaben, was die Unternehmen durch die gute Auftragslage erwirtschaften.
Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um sechs Prozent, lautet die konkrete Forderung. Außerdem will die IG Metall einen Anspruch auf die Reduzierung der individuellen, regelmäßigen Arbeitszeit im Tarif verankern. Für bis zu zwei Jahre soll es den Mitarbeitern möglich werden, ihre Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden pro Woche zu reduzieren – mit Entgeltzuschuss bei Pflege und Erziehung sowie bei Schichtarbeit und anderen belastenden Arbeitszeitmodellen. Die Globalisierung und Digitalisierung macht auch aus dem Blickwinkel des Arbeitgeberverbands Veränderungen in Sachen Arbeitszeit notwendig. Allerdings sehen die Arbeitgeber die Lösung eher in der Flexibilisierung und mehr Selbstbestimmung. Bald schon werden sich die Tarifparteien zu einer weiteren Verhandlungsrunde treffen.
Über die Social-Media-Kanäle erhielten die streikbereiten Prototyp-Mitarbeiter eine Menge Zuspruch aus dem ganzen Land. Auch zahlreiche Besucher ließen es sich nicht nehmen, persönlich zu kommen, um sich solidarisch mit den Arbeitnehmern zu zeigen. Unterstützer sind auch im Laufe des Abend herzlich willkommen. Otmar Schnurr, alias De Bruddler, war ebenfalls da und unterhielt mit seinen Geschichten mitten aus dem Leben. Am Vormittag wurden Lieder gesungen und Wecker geschwungen.
»Es wird Zeit, dass die Arbeitgeber einlenken,« so der Betriebsratsvorsitzende Michael Wylegalla. »Niemand will die Eskalation, aber wir sind bereit zu kämpfen. Die Belegschaft steht hinter den Forderungen.«