Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche in den Innenstädten sind in der Regel attraktiv: schöne Geschäfte, einladende Restaurants und Cafés, Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Aus der Distanz betrachtet kann die Kirchstraße in Zell diese Qualitäten durchaus vorweisen.
Dennoch hat die Versuchsphase in der Kirchstraße während der vergangenen vier Monate viele Proteste hervorgerufen. Eine Unterschriftenliste wurde zusammengetragen, öffentlich wurde in Leserbriefen der Unmut dagegen geäußert.
Wer sind die Betroffenen?
Verschiedene Geschäfte in der Kirchstraße beklagen Umsatzeinbußen, sehen ihr Geschäft an diesem Standort existenzbedroht. Die Forderung nach einer Wiederöffnung der Kirchstraße steht im Vordergrund, damit die Straße wieder belebt ist.
Betroffen sind wohl auch (eine große Zahl?) von Autofahrern: Wie komme ich zur Schule? Wie komme ich zum Friedhof? Wo kann ich parken? Dann gibt es noch die beiden Nadelöhre Pfarrhofgraben und Fabrikstraße. Wer fährt Schrittgeschwindigkeit? Wo und wie kann man dem Gegenverkehr ausweichen?
Und dann steht da noch die Frage im Raum, ob die Sperrung der Kirchstraße auf nur 20 Metern Länge wirklich die Qualität einer Fußgängerzone vorweisen kann?
Auch andere Grundsatzgedanken wurden bei der Diskussion in den vergangenen Wochen in den Raum gestellt: Wäre es nicht besser, den Kanzleiplatz als echte »Innenstadt-Oase« aufzuwerten? Wie viel Fußgängerzone braucht Zell überhaupt?
Wer profitiert von der Sperrung?
Es gibt Händler in der Kirchstraße, die die Sperrung bzw. Verkehrsberuhigung befürworten. Einer von ihnen ist Klaus Bergmann. »Es läuft. Ich habe keine negativen Auswirkungen auf mein Geschäft«, stellt er auf unsere Anfrage fest. Selbst der Paketdienst, den er neben dem Fotogeschäft betreibt, funktioniere besser. Die Kunden könnten nun direkt vor der Ladentür parken und finden auch einen Kurzzeitparkplatz.
Auch beim Blick auf die Straße draußen, sieht Klaus Bergmann positive Ansätze. Die Leute laufen auf der Straße und sitzen auf den Bänken. Man könne nicht sagen, dass sich nichts bewegt. Allerdings müsse man den Bereich optisch weiter aufwerten, wenn es eine Dauerlösung bleiben soll. Wie viele andere ist sich Klaus Bergmann in Sachen Verkehrsentwicklung in der Zeller Innenstadt sicher: »Langfristig muss sich etwas verändern.«
Gewinner der Veränderung sind die direkten Anwohner in der Kirchstraße, die nun weit weniger Verkehrslärm ertragen müssen. Ihr Wohnbereich wurde aufgewertet.
Vorteile haben auch die Autofahrer in der Hauptstraße, da dort der Verkehrsfluss durch Linksabbieger nicht mehr unterbrochen ist.
Weder pro noch contra möchte Busunternehmer Hans-Peter Schnurr Stellung in Sachen Sperrung der Kirchstraße beziehen. Jede Lösung habe seine Vorteile und Schwachpunkte.
»Der große Proteststurm« sei im Bildungszentrum nicht angekommen, stellt Rektor Martin Teufel fest. Aber er höre vermehrt Klagen, dass Schüler, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad in die Schule kommen, in der Fabrikstraße und im Pfarrhofgraben verstärktem Autoverkehr ausgesetzt sind. Eine abschließende Bewertung wolle er aber dem Gesamtelternbeirat überlassen. Sollte die Verkehrsführung eine Dauerlösung bleiben, müsse wieder eine vernünftige Bushaltestelle geschaffen werden.
Letztlich habe er aber nicht nur als Schulleiter sondern auch als Gemeinderat eine Meinung zum Thema Kirchstraße, betont Martin Teufel: Einzelmaßnahmen müssten in ein Gesamt-Verkehrskonzept eingebunden sein und ein solches müsse von Profis erarbeitet werden.
Teil eines Gesamtverkehrskonzepts
Wie es nun weitergehen soll, darüber wird der Zeller Gemeinderat in seiner öffentlichen Sitzung am 23. Oktober beraten. Die Bandbreite der Möglichkeiten reicht von einer »Fußgängerzone komplett« bis zur »Null-Variante« wie bisher. Dazwischen liegen »verkehrsberuhigter Bereich«, »unechte Einbahnstraße«, »Einbahnstraße« oder »Kombi-Variante«. »Die Maßnahme muss als Teil eines gesamten Verkehrskonzeptes gesehen werden«, betont Bürgermeister Pfundstein und versichert, dass man bei den Entscheidungen auch die Bürger mitnehmen werde.
So oder so – Zell muss sich irgendwann entscheiden. Vielleicht kommt man ja dabei zur Ansicht, dass eine »Fußgängerzone und ein verkehrsberuhigter Bereich« nicht nur in anderen Städten sondern auch in Zell a. H. etwas Schönes sind.
– Teil eines Verkehrskonzepts, dass noch erstellt werden muss.
– wie kann man Teil von etwas sein, dass es noch gar nicht gibt?
– nicht nur Geschäfte in der Kirchstraße sind betroffen