Der erste Abend der Zeller Sommermusik erfuhr mit 120 Besuchern einen erfreulichen Zuspruch. Tilman Steitz aus Frankfurt am Main widmete sein Programm der brasilianischen Gitarrenmusik.


Mit nur einem Instrument gelang es ihm, die Zuhörer in Bann zu ziehen. Die Virtuosität seines Spiels ging einher mit einer wohltuenden Gelassenheit. Obwohl es dem Künstler bisher nicht gegönnt war, das Flair der brasilianischen Musik im Land selbst zu erleben, hat ihn das Faible für diese Stil-Richtung ganz erfasst.
Er habe schon immer eine Vorliebe für amerikanische Musik gehabt, verrät er nach dem Konzert. Zunächst habe der Schwerpunkt auf dem nordamerikanischen Jazz gelegen, sich dann aber auf die südamerikanische Richtung verlagert. Die Mischung aus beiden Stilen zog sich erkennbar durch das Programm.
Für die Einleitung wählte der Gitarrist Werke von Garoto, Joao Pernambuco und Ary Barroso. Der Titel »Desvairada« von Garoto hatte etwas von einem schlendernden Gang durch die Gassen einer Stadt. Mit »Sons de Carrilhoes« von Pernambuco trat der Besucher in eine entspannte Café-Haus-Stimmung ein, die mit »Aquarela do Brasil« von Barroso in eine schwingende Samba umschlug. Das melodische Kernstück war dem Zuhörer vertraut. Die Darbietung mit eingestreuten Synkopen schlug eine Brücke zum Jazz.
Bossa Nova und mehr an einem kühlen Sommerabend
In einem zweiten Schritt führte der Künstler mit Kompositionen von Baden Powell in die Welt des Bossa Nova. Der Name des Künstlers habe nichts mit der Pfadfinderbewegung zu tun, erläuterte Steitz, sondern sei der Laune des Vaters entsprungen. Im Titel »Petite Vals« bilden kurze Sequenzen einen schnell wechselnden Dialog. Unterbrochen wird das »Gespräch« von einem Monolog im Free-Jazz, um schließlich einem »Schlagzeug-Solo« Platz zu machen, bei dem allein die Gitarre als Perkussionsinstrument dient.
Selbstverständlich kam im Programm auch Heitor Villa-Lobos zu Ehren, der zu den bekanntesten Komponisten der brasilianischen Gitarrenmusik zählt. Er hat den ursprünglichen Sound zu komplexeren Einheiten entwickelt und auf Elemente des Jazz verzichtet. Seine Musik kommt harmonisch-beschwingt daher, wechselt die Tempi, schöpft die Bandbreite von hohen und tiefen Klängen aus und kennt keine Berührungsängste mit dem im Volk gewachsenen Melodienschatz.
Die Hinführung zu den Komponisten und ihren Kompositionen leistete Steitz mit kurzen Kommentaren, die den Hintergrund der Stimmung beleuchteten. So spiegelt nach ihm die »Fantasia Carioca« unverkennbar das Lebensgefühl der Einwohner von Rio de Janeiro. Das vibrierende Leben der Großstadt wird in anhaltenden Tremuli gegenwärtig, vom Künstler souverän gemeistert. Signale künden neue Ideen an, akustische Ziselierungen weisen auf ein Leben mit Kunst und Muse hin.
Am Schluss kehrte der Musiker zum Komponisten Garoto zurück, mit dem er das Programm begonnen hatte. Die »Lamentos Do Morro« (Klagelieder vom Berg) sollen die an Hängen notdürftig errichteten Favelas in Erinnerung bringen. Doch scheint die Musik sich nicht von der sozialen Not deprimieren zu lassen, sondern eine eher heitere Stimmung zu verbreiten. Das begeisterte Publikum applaudierte am Schluss anhaltend und erreichte damit zwei Zugaben, die wie alle Titel ohne Notenblatt vorgetragen wurden. Eine davon griff ein Lied der Beatles auf: »Here comes the Sun«. Ein sinniger Abschluss und zugleich ein gelungener Auftakt für die Zeller Sommer-Musik!
Michael Horst dankte als Vertreter der Evangelischen Kirchengemeinde dem Künstler des Abends und wies auf die kommende Veranstaltung mit dem Ortenauer Musik-Ensemble am Mittwoch, 21. Juni, hin.