Beim Dörfle-Abend 2017 gab es keine Nieten: Die bauernschlauen Räte, die Koslowskis aus Wanne Eickel, die hübschen Dörfle-Frauen und die tratschenden Deppen deckten alle närrischen Karten auf. Stimmgewaltig zogen die Schießbudenfiguren auf die Dörfle-Spielwiese. Da war jeder Schuss ein Treffer. Aber dennoch musste sich das Narrenvolk in der ehrwürdigen Jahnturnhalle gehörig in Acht nehmen, denn die Dörfle-Schießfiguren schossen auch zurück.
Ins Visier hatten die Oberstadt-Narren gestern bei ihrem traditionellen Abend allen voran die Akteure vom Städtle nebendran genommen. »Rum ist es mit dem Feuerzauber« warfen die bunten Schießbudenfiguren ihren ersten spitzen Pfeil gen Bürgermeister und Stadträte, die an Silvester dafür sorgten, dass es im Städtle keiner mehr schießen und krachen lassen konnte. »Das macht Spaß, das macht Spaß«, freuten sich die Figuren indes über das Breitband-Internet und bedauerten gleichzeitig die Oberentersbacher: »Völlig abgehängt, on die drei Lit het wohl keiner dängt!« Bürgermeister Pfundstein kürten sie gar zum »Erfinder des kurzen Dienstwegs.« Jetzt müsse sich keiner mehr plagen, und erst den Gemeinderat fragen. Mit einem weiteren Schuss nahmen sie auch die Weinflaschen ins Visier, die der Städtle-Bürgermeister all jenen spendiert, die der Zeller Bürgerwehr beitreten. »Lass die anderen nicht im Regen stehen«, sang der bunte Chor und reimte: »Für eine Flasche Wein, geh ich auch in den ZFV rein. Und noch eine Flasche dazu, ging ich sogar in den FVU!«
Dörfle-Bulldog wird 60 Jahre alt
»Endlich isch’s wieder so wit, ä ganzer Saal voller Narre. Die Hälfte mit, die Hälfte ohne Sparre«, frohlockte Dörfle-Bürgermeister Stefan Huber beim Einmarsch und begrüßte auch verschmitzt seinen Kollegen Fürst Alex, der immer noch seinen Arm in der Schlinge trug: »Beim Triberger Fürstenfall, gab’s einen grusigen Knall!« Ganz glücklich zeigte sich Stefan Huber über die Dörfle-Kinderfasend, die richtig funktioniert und wo es einen besonderen Jubilar zu feiern gibt: »Der Bulldog, der unseri Kinder zieht wird 60 Johr, den schlag ich für eine Ehrung am Zunftabend vor!«
Über »Neues aus dem Tal« berichtete dann der Dörfle-Gemeinderat. Klar, dass dabei auch der Hombe an die Reihe kam, der gerade »generalüberholt« wird und nur noch über eine »zivile Luftbrücke« zu erreichen ist. Als neue Spielwiese für die Zeller Wirte hatten die schlauen Räte die Schulmensa erkoren. Dort stehen künftig Tonis 2-Gänge-Menü, Erichs süße Ruebe und Edgars Zauberei auf der Speisekarte. Derweil dreht sich das Personal-Karrussell: in der Stadtkapelle, beim Bauhof und auch beim Narrenrat, wo ein »frischer Fischer, alter Fischer« an die Angel gegangen ist. Heiß her ging es bei Gutmanns Gartenparty, wo nicht nur die Würstchen gegrillt wurden. Rat Bernhard wurde deshalb von seinen Kollegen mit Feuerwehrhelm und Löschzwergen ausgestattet: »Holdrio! Holdrio!«
Und schon wieder knallte es gestern Abend auf der Dörfle-Bühne: Dieses Mal wirbelte allerdings die Ballett-Gruppe durch den Wilden Westen. Die Cowboys und Cowgirls ließen sich auch mit dem Lasso nicht einfangen. Das »Lied vom Tod« erweckte sie aber zu einer zweiten, wilden Tanzrunde.
Graf Magga zog mit dem Vierspänner durch die Stadt
Ein hohes Kulturereignis bahnte sich an: Mit dem Vierspänner der Narrenzunft – da hat sich das Sammeln des Narrenrats doch gelohnt – zog »Graf Magga« durch seine Städtle und beobachteten den Wandel der letzten 200 Jahre. »Das City-Commitment – ein Manifest, ein Brandbrief?«, wurde als Frage von den historischen Gästen aufgeworfen und schon schweifte der Blick auf das Mammutbäumchen, die Mülltonnen und die Schemel und Tische vor den Wirtshäusern. »Die Zeller Wehr, wo kriegt sie so kleine Fuhrwerke her?« blickte Graf Magga in die engen Feuergassen, wo es kein Durchkommen gab und kam zum Schluss: »Die närrischen Festspiele sind jetzt offensichtlich ganzjährig.«
Nicht ganzjährig, aber regelmäßig zu »Fasching« schauen die Koslowskis aus Wanne Eickel im Städtle vorbei und auch sie erkannten den Wandel der Zeit. In »Unterharmesbach« sei es nun gerade wie in Puket. Vis a vis vom Tempel eine Thai-Massage und der Schwarze Adler wird jetzt süß-sauer serviert. »Haste gesehen? Das Alt Zell ist jetzt auch wieder ordentlich. Mit Europaletten vor der Tür«, war den Urlaubern aufgefallen: »Da sitzt man jetzt auf der Latte und trinkt Latte.«
Die Zeit verrinnt, das Spiel beginnt
Im Spiel der Dörfle-Frauen waren gleich fünf Asse. Und die stachen. »Ja, wir schaffen das«, vermachten sie dem Bürgermeister vom Städtle, dem »kleinen Donald Trump von Zell« und fragen sich aber: »Wer soll das bezahlen?« »Er verbündet sich mit dem Osten, was wird das wohl kosten?« Peinlich war für die Ass-Damen das Werben um Feriengäste im Internet und im Zeller Wasser vermuteten sie gar zu viel Hormone, weil »die Karten gerade neu gemischt werden«. Fachkräftemangel herrscht auch in der Pfarrei, wo das Sternsinger-Personal jetzt schon über die Zeitung gesucht wird.
Die »sibirische Kälte« machte den drei Dorf-Deppen zu schaffen, da half auch am Frieder seine Wollunterhose nicht. Allerdings, die Gosch der drei Dörfle-Originale war nicht zugefroren. In bestem »Zeller Ditsch« »verluschterten« sie die neue Narrenrats-Attraktion am Bahnhof und die Deppen hatten auch genau aufgepasst, was der Zeller Bürgermeister allwöchentlich im Amtsblatt bekannt gibt. »Mull schwätz oder Buggel schaff«, machten sich die Deppen ihren Reim darauf. »Bohnomtlich« sei nun auch, dass die Hombe »rumdrillt« wird. Dort gibt es einen schönen Kahlschlag, wie bei einem »Rieslos«. Herrlich, diese drei tratschenden und verschmitzten Dorfdeppen – die mit dazu beitragen, dass der Dörfle-Abend so einmalig ist.
Ehegespräch auf der Dörfle-Bühne
In wenigen Wochen wird Schulmeister Martin Teufel ein »eingeheirateter Dörflebur« werden. Keine geringere als das »Dörfle-Filetstückle« Evi Schwendemann ist seine Braut. Standesgemäß wurde das Paar gestern Abend von den Dörflebure mit Frack und Zylinder sowie mit Schleier für den großen Hochzeitstag im März ausstaffiert. Und obendrein überreichten Dörfle-Bürgermeister Stefan Huber und Rat Thomas Hoog einen Korb voller Bure-Aussteuer: zwei Hahn-und-Henne-Lieblingstassen, wollene Bettwäsche und zwei Wärmflaschen. Da kann der Start ins gemeinsame Dörfle-Eheleben nur gelingen.


































Die Akteure beim Dörfle-Abend 2017
Gemeinderat/Schießbudenfiguren: Bernhard Gutmann, Erwin Hummel, Thomas Hoog, Andreas Damm, Stefan Huber, Roland Isenmann, Joachim Uhl, Lukas Petri, Jan Burger, Simon Antritter, Ralf Kopp.
Graf Magga: Simon Antritter, Marius Hohl, Peter Bürkle, Lukas Petri, Julius Damm, Simon Kopp.
Ballett: Amelie Dreher, Nelia Metzler, Isabelle Antritter, Manuela Schwarz, Simon Kopp, Marius Hohl, Julius Damm, Max Totzke.
Koslowski: Herta und Erich aus Wanne Eickel alias Stefan Huber und Thomas Hoog.
Frauen: Isabelle Antritter, Ilona Brandstetter, Michaela Kopp, Elisabeth Schnaiter, Simone Stöhr.
Deppen: Beate Meisl, Ina Schwenk, Tanja Riehle.
Bühne: Sascha Himmelsbach, Bernd Rappenecker.
Maske: Renate Spiczak, Evi Schwendemann.