Am gestrigen Nikolaustag konnte Ludwig Baumann seinen 85. Geburtstag feiern. Bürgermeister Günter Pfundstein überbrachte ihm die Glückwünsche der Stadt Zell, Hans-Peter Eßlinger und Siegfried Eberle gratulierten namens des AWO-Ortsvereins und Fritz Knes für die Kirchengemeinde. Abends konnte der rüstige Jubilar gemeinsam mit seinen Familienangehörigen feiern.
Als Jüngstes von insgesamt sechs Geschwistern wuchs Ludwig Baumann in Oberentersbach auf – mit zwei Brüdern, die vom Krieg nicht wieder heimgekommen sind, sowie mit drei taubstummen Schwestern. Er selbst ist von Geburt an durch Schwerhörigkeit behindert. Kein einfaches Schicksal, schon gar nicht in der damaligen Zeit.
Ab 1946 besuchte Ludwig Baumann zunächst ein Jahr lang die Schule in Oberentersbach, dann wurde er wegen seiner Behinderung in eine Gehörlosenschule in Heiligenbronn aufgenommen. Nach deren Abschluss arbeitete er knapp drei Jahre auf Bauernhöfen. Über die Schwestern erfuhr die Familie von einem taubstummen Schreiner in Ober-Biederbach, zu dem der Vater ihn von 1949 bis 1952 in die Lehre schickte. »Es waren schwere Jahre«, erinnert sich der Jubilar.
Nachdem Ludwig Baumann seine Gesellenprüfung als Schreiner abgelegt hatte, verdingte er sich zunächst wieder bei Bauern, bis er, auf Betreiben des Vaters hin, 1952 eine Schreineranstellung bei Hukla in Gengenbach fand. Von 1956 bis 1967 arbeitete Ludwig Baumann als Ortsdiener von Oberentersbach. Vier Stunden war er damals unterwegs, um alle Höfe zu besuchen.
Eigenes Haus in der Gartenstraße gebaut
Für die Erfüllung seines Traumes vom eigenen Heim musste Ludwig Baumann viel Hartnäckigkeit aufbringen. Da er ledig war, erhielten bei der Grundstücksvergabe zunächst jene den Vorzug, von denen es hieß, dass sie es nötiger hätten als er. Im Jahre 1962 dann aber war es soweit. Eine schöne Parzelle habe er erwischt, freut sich Ludwig Baumann noch heute: »Ganz hinten in der Gartenstraße.« 1964 war das Haus fertiggestellt. Im gleichen Jahr heiratete er die aus Nordrach stammende Maria Schmider, die Ehe blieb kinderlos.
An seinem Arbeitsplatz bei der Firma Hukla war Ludwig Baumann unermüdlich, leistete ungezählte Überstunden, nicht selten über Nacht, einmal gar arbeitete er 29 Stunden am Stück. Doch damit nicht genug. Wenn er denn einmal Feierabend hatte, arbeitete er zusätzlich bei den Bauern in der Umgebung: »So hatte ich mein Sonntagsgeld«, schmunzelt er.
Welchen Raubbau er dabei mit seinem Körper betrieb, sollte sich zeigen. Als seine Frau 1986 sehr krank wurde, erging es auch ihm gesundheitlich derart schlecht, dass ihm der Betriebsarzt nahe legte, in Frührente zu gehen. Mit gerade einmal 55 Jahren. »Jeder Mensch hat in seinem Leben mal eine Schwäche«, sagt Ludwig Baumann heute, wenngleich froh um seine damalige Entscheidung. Und doch hört man das Bohren seines Pflichtbewusstseins, wenn er hinzufügt: »Im Nachhinein gesehen hätt’ ich wohl wieder schaffen können.« Da taten ihm die Worte seines Duz-Freundes und damaligen Bürgermeisters Willi Isenmann gut, der ihm die Rechtfertigung des Vorruhestands bestätigte.
30 Jahre nun schon sei er daheim, meint der Jubilar. Nie habe er geglaubt, dass er so lange leben werde. Früh dagegen, im Jahr 1994, verstarb seine Frau. Doch Ludwig Baumann kann von dem großen Glück erzählen, eine weitere Lebensgefährtin gefunden zu haben. Schon lange hatte er diese gekannt, sie jedoch nie nach ihrem Namen gefragt, bis beide sich nach dem Tod seiner Frau durch Zufall wiedertrafen. Auch sie verstarb bereits vor sechs Jahren.
Über den Verlust versucht sich Ludwig Baumann hinwegzuhelfen: Sein Haus ist sein Hobby. Da hat er ständig zu tun, alles sauber und in Ordnung zu halten. Ludwig Baumann ist trotz eines harten und arbeitsreichen Lebens mit seinem Schicksal zufrieden. Seine Freizeit verbringt er gerne in geselliger Runde. Jeden Donnerstag geht er zum Skatspielen und alle zwei Wochen zum Kegeln. In dieser AWO-Senioren-Kegelrunde ist der 85-jährige heute der älteste Mitkegler.
Heute lebt Ludwig Baumann immer noch selbstständig in seinem Haus in der Gartenstraße. Hier wohnt auch seine 88-jährige Schwester. Seine beiden anderen Schwestern sind inzwischen ebenfalls verstorben. Gerne nimmt er den Dienst »Essen auf Rädern« des benachbarten St. Gallus-Seniorenzentrums an. Und auch die regelmäßige Lektüre der Heimatzeitung »Schwarzwälder Post« gehört seit 1964 bis heute zu den Beschäftigungen von Ludwig Baumann. Diese wünscht ihrem treuen Leser zu seinem Ehrentag alles erdenklich Gute.