»Gerade in der Weihnachtszeit wissen unsere Senioren die Gemeinschaft hier in der Sozialstation sehr zu schätzen«, freut sich die Leiterin der Tagespflege, Marijke Heitzmann. Und setzt auf die vielfältige Aktivierung der Gäste.
Tannenduft empfängt den Eintretenden schon im Vorraum der Sozialstation St. Raphael, der heimelig-festlich mit Reisig, Kerzen und Lichterketten geschmückt ist. Ganz bewusst versuchen Marijke Heitzmann und die Kolleginnen bei ihren Gästen »das Gefühl Bald-ist-Weihnachten hinzukriegen.« Ohne dass es jedoch ein festes Gemeinschaftsprogramm gäbe, »denn bei uns sind jeden Tag andere Tagesgäste da.« Senioren, die ihren Alltag nicht mehr ohne Hilfe bewältigen können. »Es dürfen aber auch jene kommen, die einfach nicht alleine sein wollen«, betont Heitzmann. Fünfzehn Tagespflegeplätze sind es, die zur Verfügung stehen, für Menschen unterschiedlichster körperlicher und geistiger Verfassung.
Denen, die diese Plätze in Anspruch nehmen, werden über den Tag verteilt verschiedene Programmpunkte geboten. Wer sich woran beteiligen möchte – das darf sich jeder dann aussuchen, je nach Tagesverfassung. »Wir gehen einfach auf die individuellen Bedürfnisse unserer Gäste ein.«
Morgens nach dem Zeitungslesen wird beispielsweise Gymnastik angeboten. »Auf jeden Fall aber wird ab dem ersten Advent bei uns viel gesungen«, so die Pflege-Fachfrau zu einer vielgeliebten Tradition, die bei den Senioren zuhause jedoch nicht mehr oder kaum noch zum Tragen komme. »Zum Frühstück laufen bei uns im Hintergrund Weihnachtslieder, da fangen die Leute automatisch an mitzusummen.« Was binnen Kurzem dazu führt, dass alle miteinander singen, auch Menschen mit fortgeschrittener Demenz. Und was nebenher, über das Erinnern der Texte, das Gedächtnis trainiert.
»Das Singen genießen sie alle unwahrscheinlich, so in der Runde«, betont die Pflege-Fachfrau. Zumal alles wunderschön dekoriert ist mit Lichterketten, Engeln, Adventsgestecken. Heitzmann lächelt: »Als die Leute am ersten Tag, nachdem wir dekoriert hatten, kamen und das sahen, was haben die sich da gefreut!«
»Oh, wie ist das schön, haben sie gesagt«, unterstreicht auch Martina Homes. In der Sozialstation ist sie vor allem für das Kreative zuständig. Gebastelt wird zwar das ganze Jahr über, »aber wenn das Basteln und Werkeln zu einem Fest gehört, dann natürlich zu Weihnachten.«
Stolz auf Geschaffenes
Marijke Heitzmann ergänzt: »Es gibt viele einfache Sachen, die die Leute unter Martinas Anleitung machen können, und wobei viele schöne Sachen rauskommen. Unsere Gäste sind dann auch stolz auf das, was sie geschaffen haben.« Jeder in dem Rahmen, wie es seine jeweilige Verfassung erlaubt. Aus den Seiten ausgemusterter Gesangsbücher gefaltete Engel mögen das beispielsweise sein, Lichterschalen und vieles mehr. Auch das Falten von Servietten gehört dazu. Das sorgt zum einen dafür, dass der lange Tisch beim täglichen Adventskaffee hübsch geschmückt ist. Zum anderen schult es die Motorik der Senioren.
Überhaupt liegt das tägliche Augenmerk der Betreuerinnen auf einer breitgefächerten Aktivierung ihrer Tagespflege-Gäste. Wozu es in der Vorweihnachtszeit ein besonderes Ritual gibt: Nahezu täglich und mit großer Spannung wird in gemeinsamer Runde eine Schatztruhe geöffnet. Die schimmert verheißungsvoll, in Rot und Gold.
»Was mag heute wohl darin sein?«, fragt Betreuerin Stefanie Dharamasena denn geheimnisvoll, lässt die Kiste reihum gehen. »Schon alleine die Kiste zu halten, sie zu öffnen und zum Beispiel eine Apfelsine herauszuholen, bedeutet für manche Gäste eine große motorische Herausforderung«, erklärt sie.
Auch Gewürznelken liegen soeben in der Truhe, und Schaschlikstäbchen. Mit denen werden die Schalen der Früchte angebohrt, so lassen sich die Stiele der Nelken – zur Verzierung – besser hineindrücken. Was über den intensiven Duft, der binnen Kurzem den Raum erfüllt, zusätzlich die Sinne anregt. Und zu Gesprächen motiviert: Darüber unter Umständen, ob es diese Frucht in Kindertagen auf dem Weihnachtsteller gab.
Adventskalender aktiviert und motiviert
Zur Truhe gehört ein Adventskalender der ebenfalls besonderen Art. Um ein großformatiges Buch handelt es sich, das jedes Jahr aufs Neue verwendet werden kann und das für jeden Tag der Vorweihnachtszeit Vorschläge zur Kurzaktivierung von Senioren auch mit Demenz bereithält.
Beim Thema »Nüsse« zum Beispiel fordert deren Knacken mit einem Nussknacker die Motorik. Die Frage »Wie viele Nüsse kennen Sie?« und Gedichte wie »Der Nussknacker« aktivieren das Gedächtnis, und was man mit Nüssen macht, stellt Gesprächsstoff. Dazu die Spielanregung, die Nüsse über den Tisch zu kicken – also Nussboccia zu spielen – oder Figuren zu legen; überdies kann man Nüsse werfen und fangen. »Bei so was machen unsere Gäste wahnsinnig gerne mit«, weiß Leiterin Marijke Heitzmann.
Eine mit Wattebällchen gefüllte Schatztruhe wiederum vermag zu einer denkbar heiteren Schneeballschlacht animieren. Und man kann sich darüber unterhalten, was man früher für Schlitten gehabt und was es früher an Schnee gegeben hat, und wie man da aus den umliegenden Höfen in die Schule gekommen ist. Auch Geschichten werden vorgelesen.
Die vielfältig aktivierende Weihnachtsbäckerei wird selbstverständlich ebenfalls eingebunden – mal duftet es in der Sozialstation nach Christstollen, mal nach Rosinenmännern oder Lebkuchengebäck.
Bestens auch eignet sich dieses Thema für Gymnastik: Da wird mit Bewegungen nachgeahmt, wie der Teig geknetet und ausgerollt wird, wie Plätzchen ausgestochen werden. Zudem spricht man darüber, was es denn alles für Brötle gibt, dabei kann man nebenher malen. Und welche Zutaten braucht man für so einen Knetteig eigentlich? Natürlich werden auch hierzu immer wieder Lieder gesungen – oder die CD von den Talfinken mit den Liedern von der Weihnachtsbäckerei gespielt.
»Man spürt, wie die Leute sich immer wahnsinnig auf das Fest freuen, weil dann die ganze Familie zusammenkommt, die Kinder und die Enkel«, fasst Marijke Heitzmann die derzeitige Stimmung in der Tagespflege zusammen.