»Machen Sie Werbung für unsere Genossenschaft«, bat Aufsichtsratsvorsitzender Siegfried Huber anlässlich der Generalversammlung der Bürger-Energie Oberharmersbach (BEO). Diese tagte am vergangenen Dienstagabend zum neunten Mal, im Stubensaal des Hotel Bären. Unter der hohen Zahl von über 60 Anwesenden befanden sich nicht nur 48 BEO-Mitglieder, sondern auch interessierte Nicht-Mitglieder, in denen BEO gleichzeitig potentielle Neumitglieder sieht. Auch Ehrenmitglied und Bürgermeister a.D. Otmar Ritter hatte sich eingefunden.


»Wir haben auf die richtige Energiequelle gesetzt«, resümierte Vorsitzender Bernd Zimmermann in seinem Bericht zum Geschäftsjahr 2021 – und zwar bei der Betrachtung der Preise für Energie-Rohstoffe. Denn nicht nur die Preise für Erdöl und Gas sind aufgrund der Weltereignisse in den letzten Monaten drastisch gestiegen, sondern auch die Preise für Holzpellets. Letzteres sei frustrierend, monierte er die für ihn fehlende Nachvollziehbarkeit dieser Entwicklung.
Umso erfreulicher die Tatsache, dass die Preise für die von der BEO als Energiequelle eingesetzten Holzhackschnitzel, die nach dem Jahr 2015 im Trend sanken, jetzt nur allmählich ansteigen. »Weitere Preissteigerungen sind zu erwarten, aber nicht so stark wie bei Öl und Gas, daher ist die Situation für uns gut planbar«, so der Vorsitzende.
Überdies will sich die BEO Wege überlegen, um auf die extrem steigenden Stromkosten zu reagieren, die sich innerhalb der letzten 20 Jahre verdoppelt haben. Mit einer 2018 respektive 2019 installierten Photovoltaik-Anlage wird bereits Eigenstrom produziert. »Wir könnten hier ansetzen und weitere Anlagen aufbauen, oder aber wir setzen auch andere Techniken ein, wie beispielsweise die Holzvergaser-Technologie.« Um stromerzeugende Heizungen handelt es sich hier.
Drei große Maßnahmen
Die bürgerrechtlich getragene Genossenschaft verfolgt vor allem das Ziel, eine zentrale Wärmeversorgung für Oberharmersbach auf Energieholzbasis aufzubauen, dauerhaft kostengünstige Wärmeversorgung im Ort zu gewährleisten, die regionale Forstwirtschaft zu stärken und dabei Umwelt und Klima zu schätzen.
Zu den großen Maßnahmen, die von der BEO im vergangenen Jahr umgesetzt wurden, gehörte der nach sechsjährigem Betrieb erforderliche Austausch von 44 Wärmemengenzählern. Zum Zweiten wurde mit einem Gebäude im Kirchweg ein weiteres Haus an die Wärmeversorgung durch die BEO angeschlossen, und zwar über die Einbindung an das Mikronetz der Schule, »das wirkt sich positiv auf die Wärmeabnehmer aus«, betonte Zimmermann.
Zum Dritten konnte die Bürger-Energie von der Gemeinde das Grundstück erwerben, auf dem die Heizzentrale steht. »Das erspart uns künftig die Zahlung von Erbbauzinsen, und wir haben durch diese Maßnahme die Möglichkeit zu weiterer Bebauung geschaffen.« So befindet sich derzeit eine Großraumgarage in der Entstehung, die Fundamente wurden bereits errichtet.
Eine Übersicht zu ihren Wärmekunden zeigt, dass die BEO 90 Anlagen in Betrieb hat. Durch 13 in den letzten beiden Jahren erfolgte Vorverlegungen an oder in Gebäude besteht die Möglichkeit für weitere Anschlüsse, die dann schnell und unkompliziert durchführbar sind. »Diese Vorverlegungen waren damals die richtige Entscheidung.«, unterstrich der Vorsitzende.
Das Geschäftsjahr in Kennzahlen
Kennzahlen warfen weitere Schlaglichter auf das Geschäftsgeschehen im Jahr 2021. Der den BEO-Wärme-Abrechnungen stets beiliegende Jahres-Temperaturverlauf spiegelt das Wetter und dessen Auswirkungen auf das Heizverhalten wieder. Im Vergleich zu den Vorjahren 2019 und 2020 hatten Frühjahr und Winter relativ lange angehalten, berichtete Zimmermann von entsprechend längeren Heizperioden.
Mit dem Ergebnis, dass die Genossenschaft in 2021 mit 3.729 Megawattstunden (2020: 3.106 MWh, 2019: 3.219 MWh) das bislang beste Wärmeverkaufsergebnis erzielt hat, mit einer zudem verbesserten Wirtschaftlichkeit. Denn insgesamt wurden 4.280 MWh erzeugt. Der sich daraus ergebende, sich auf Auslegung und Auslastung beziehende Netzverlust betrug somit 14,7 Prozent (im Vorjahr: 16,7 Prozent) und damit erfreuliche 0,3 Prozentpunkte weniger als der zur Kostenminimierung geplante Wert von 15 Prozent.
Betreffs der benötigten Hackschnitzel wurden 3700 Kubikmeter von einem Hauptlieferanten bezogen, 1600 Kubikmeter stammten von privaten Waldbesitzern. Die damit erzeugte Wärmemenge hat die Verbrennung von ca. 531.000 Litern Heizöl eingespart sowie zu einer CO2-Reduzierung von circa 1.500.000 Kilogramm geführt.
Die BEO-eigene Photovoltaikanlage erzeugte 16,13 MWh im Jahr 2021, bei einem Eigenverbrauch von 59 Prozent. Die MWh-Senkung um 1,42 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 resultiert aus weniger Sonnenstunden und mehr Regen.
Schließlich berichtete Bernd Zimmermann von einer sinkenden Entwicklung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, mit dem Ziel weiterer Tilgungen in den nächsten Jahren. Das Betriebsergebnis, das bereits seit 2019 positiv ist, erreichte in 2021 mit über 73.000 Euro seinen mit Abstand höchsten Wert. Und: »Entgegen der allgemeinen Tendenz der Energiepreise ist unser Wärmepreis rückläufig.«
Einstimmiger Beschluss zur Ergebnisverwendung
Steuerberater André Friedemann legte den Jahresabschluss vor und erläuterte die Bilanz. Einstimmig entsprachen die anwesenden Abstimmungsberechtigten seiner Bitte, dem Vorschlag des Vorstands für die Ergebnisverwendung zuzustimmen – darunter eine Rückvergütung in »historischer Höhe« von insgesamt rund 30.000 Euro. Mit Stand 31.12.2021 verzeichnete die BEO 146 Mitglieder mit 677 Geschäftsanteilen und einem Kapitalvolumen von 335.000 Euro, aktuell sind es 160 Mitglieder mit 722 gezeichneten Anteilen und einem Volumen von 361.000 Euro.
Der ebenfalls einstimmig erfolgten Entlastung von sowohl Aufsichtsrat als auch Vorstand schlossen sich turnusgemäß Neuwahlen an. Als Aufsichtsratsvorsitzender agiert weiterhin Siegfried Huber. Da sein Stellvertreter Siegbert Roth aus gesundheitlichen Gründen ausschied, übernimmt Bürgermeister Richard Weith dieses Amt, zusätzlich als Vertreter der Gemeinde. Neben Günter Huber und Arno Lehmann verbleibt auch Hubert Schwarz im Aufsichtsrat. Der hätte gemäß Satzung aufgrund seines Alters (über 70 Jahre) zwar ausscheiden müssen, doch die Generalversammlung stimmte – zulässigerweise – für seinen Verbleib.
Zwei »Neue« im Ausichtsrat und im Vorstand
Zur Freude aller neu im Gremium ist Elfriede Mark als Schriftführerin sowie der Bankbetriebswirt John Müller als dritter Vorstand. Als Gründungsvorstände agieren weiterhin Bernd Zimmermann sowie Rudolf Nock. Zum Abschluss der nahezu dreistündigen Versammlung erläuterte der Vorsitzende die Planung über die künftige Erweiterung des Wärmenetzes in den Straßen In den Matten, Dorf und Mühlenweg, deren Anwohner ebenfalls in den Stubensaal eingeladen worden waren. Die Entscheidung der BEO zum Ausbau wird unter Kostengesichtspunkten und zu erwartender Wärmeabnahme erfolgen.
In diesem Zusammenhang stellte Bernd Zimmermann Förderprogramme für bis zu 45 Prozent der Kosten vor, die seitens der Regierung für den Anschluss an das Fernwärmenetz angeboten werden. »Für dieses Jahr ist ein Heizungswechsel jedoch nicht mehr möglich«, mahnte er Hausbesitzer zu längerfristiger Planung, »die Antragsbearbeitung bei den Behörden nimmt aktuell sieben Monate in Anspruch.«