Voller Hoffnung saß Hotelier Paul Lehmann am Mittwochabend vor dem Fernseher. Doch die Botschaft von Angela Merkel, dass gastronomische Betriebe weiterhin mindestens bis zum 3. Mai geschlossen bleiben, trieb ihm die Zornesröte ins Gesicht. Vor allem auch deswegen, weil kein verbindliches Datum für eine Öffnung genannt wurde.
Paul Lehmann, Vorstandsmitglied des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes Kinzigtal: »Ich bin total enttäuscht. Durch die Corona-Krise wurden in unserem Betrieb bereits schon jetzt 6.000 Übernachtungen mit Halb- und Vollpension storniert. Wie sollen wir da überleben? Es geht nicht nur um mich, sondern auch um unsere Kollegen im Kinzigtal und in Deutschland.« Besonders, dass sich kein Politiker in den Verhandlungsrunden für die Lockerungen bei der Gastronomie eingesetzt hatte, ärgerte ihn: »Wir brauchen keinen Tourismusminister Guido Wolf fürs schöne Wetter, sondern, dass er uns zur Seite steht, wenn es mal stürmt und donnert.« Die Gastronomen seien die ersten gewesen, die schließen mussten und sind jetzt die letzten, die öffnen dürfen. »Mit welchem Recht?«, fragt Paul Lehmann.
Kosten laufen weiter
Jeden Monat wartet auf Paul Lehmann ein riesiger Kostenblock mit Löhnen, Steuern, Energiekosten, Allgemeinkosten, den er bedienen muss. Bis Ende März hat er seinen 50 Mitarbeitern die Löhne voll bezahlt. Doch für April hat er auch für sein Personal Kurzarbeit angemeldet: »Mir tun meine Mitarbeiter leid. Sie können nicht arbeiten und Geld verdienen, weil unser Haus geschlossen sein muss. Wenigstens am Sonntag hätte man uns die Öffnung in einem begrenzten Zeitfenster erlauben können. Das wäre ein kleiner Anfang gewesen, von dem alle profitiert hätten. Denn wir als Gastronomen müssen ja die Kredite, die uns die KfW-Bank zur Verfügung stellt, zurückzahlen – einschließlich der Zinsen.«
Für viele zum Glück nur verschoben
Neben allem Ärger gibt es erfreuliche Momente. Ein langjähriges Kurgast-Ehepaar aus Hessen ruft an, dass es im Oktober zum Urlaub kommen will und erklärt, dass es gleich 1.500 Euro als kleine Unterstützung in der schweren Zeit überweist. Busunternehmen haben die im Frühjahr geplante Busreisen auf den Herbst oder gar ins nächste Frühjahr verschoben. Paul Lehmann: »Täglich bekomme ich Anrufe aus ganz Deutschland von Urlaubern, die versprechen zu kommen, sobald die Öffnung des Hotels erlaubt wird.«
So sieht Paul Lehmann einen Lichtschein am Ende des Tunnels: »Wenn wir Ende oder besser Mitte Mai öffnen könnten, kämen wir vermutlich nochmals mit einem blauen Auge davon. Unsere Kunden warten schon auf den Tag, wie auch meine 50 Mitarbeiter, die drauf brennen, für unsere Gäste dazusein.«
Zeit zur Neugestaltung
In den Bären-Hotels in Oberharmersbach mit insgesamt 350 Betten in verschiedenen Häusern wartet Leni Kuber weiter auf die Öffnung ihrer Gastronomiebetriebe. Sie hat das Frühjahr und die Zeit der Schließung wegen Corona genutzt, ihre Gasträume »Dürrholder« sowie den »Bärensaal« und die »Bären-Wirtschaft« zu renovieren und neu zu gestalten. Derzeit werden die Straßenfassaden von »Bären« und »Stube« aufgefrischt.
Zusammen mit ihrem Offenburger Steuerberatungsbüro OTH und ihren Hausbanken ist sie dabei, einen Finanzplan für das restliche Jahr zu erarbeiten. »Es läuft alles gut«, sagt sie. »Wir können sofort starten, wenn wieder geöffnet werden darf. Zwei Drittel der gebuchten Reisen ab Juni bis zum Jahresende sind nicht storniert und werden den »Bären« wieder mit Leben erfüllen.«
Wir schaffen das
Da kann es Leni Kuber auch verschmerzen, dass ein für das Frühjahr für mehrere Wochen gebuchte Reiseunternehmen mit jeweils 350 Gästen kurzfristig stornieren musste. Sie zeigt stolz ihr Auftragsbuch: »Rund 300 belegte Betten Woche für Woche bis zum Jahresende machen das verlorene Frühjahr wieder wett.« Sie verweist auf ihr größtes Kapital, ihre treuen Mitarbeiter, die alle in Kurzarbeit sind, ihr jedoch treu bleiben werden, auf die drei Damen an Rezeption und Buchhaltung und auf ihre beiden engsten Mitarbeiter, dem Pfälzer Gastronom Willi Doll und Sutki, die ihr zur Seite stellen. »Wir alle zusammen, schaffen das« sagt sie und lächelt nach den schweren Monaten nach dem Tod ihres Mannes wieder. »Wenn ich mal nicht weiter weiß, gehe ich auf dem Friedhof und setze mich am Grab meines Mannes aufs Bänkle und besprich alles mit ihm. Ich glaube er ist mit mir und meiner Arbeit zufrieden.«





