In seiner Sitzung am Montag verabschiedete der Gemeinderat bei einer Enthaltung den Haushalt für das Jahr 2020. Die Rahmenbedingungen bleiben weiterhin schwierig und Oberharmersbach wird es nach Neuem Kommunalem Haushaltsrecht vorerst nicht gelingen, die geforderten Abschreibungen zu erwirtschaften. Nach dem Haushaltsentwurf werden die ordentlichen Aufwendungen (6.913.000 Euro) die ordentlichen Erträge (6.349.400 Euro) im Ergebnishaushalt um 563.600 Euro übersteigen.
»Weit entfernt von einer schwarzen Null«, nannte Kämmerer Jens-Mathias Bächle folgerichtig das Zahlenwerk. Er hat ein schwieriges Haushaltsjahr vor der Brust. Investiert werden müssen rund 2,11 Millionen Euro. Um das zu erwartende Liquiditätsdefizit von 170.000 Euro aufzufangen, wird die Gemeinde die vorhandenen Kassenkreditermächtigungen in Anspruch nehmen müssen. Der Schuldenstand der Gemeinde wird zum Jahresende auf rund 4.893.000 Euro steigen. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1.962 Euro.
Einschnitte unvermeidlich
An einem dauerhaften Blick auf den Haushalts hinsichtlich der Stellen, wo zusätzliche Gelder eingenommen werden können, aber auch wo Reduzierungspotenziale bestehen, wird man auf absehbare Zeit in Oberharmersbach nicht vorbeikommen. Dies werde in manchen Fällen schmerzhafte und unpopuläre Entscheidungen erfordern, steht im Vorbericht zum Haushaltsplan 2020, um die Grundlage dafür zu schaffen, die vorhandenen Einrichtungen in einem ordentlichen und zeitgemäßen Zustand erhalten zu können.
Strukturelles Problem
Oberharmersbach ist eine Gemeinde, deren Ertragsschwäche strukturell begründet ist, schickte Bürgermeister Richard Weith der Beschlussfassung voran. Eine besondere Gemeindestruktur trifft in Oberharmersbach auf eine unterdurchschnittliche Steuerkraft. Eine Kombination, die in der Summe wenig gute Aussichten verspricht. In der Folge ist auch der Haushalt 2020 wieder auf Kante genäht. Es gibt in der Gemeindekasse keinen Puffer, um steigende Aufwendungen, zum Beispiel durch tarifliche Lohnerhöhungen, aufzufangen, keinen Puffer, um größere Einnahmeausfälle zu kompensieren, keinen Puffer, um unvorhergesehene Investitionen tätigen zu können.
Die größten Haushaltspositionen
Die wichtigsten Einnahmen sind der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer (1.412.600 Euro) und die Schlüsselzuweisungen (1.405.400 Euro). Beide Einnahmearten reichen nicht einmal aus, um die Personalausgaben (2.825.300 Euro; inkl. tariflichen Lohnerhöhungen für das Jahr 2020) zu decken, welche etwa 40 Prozent der Gesamtaufwendungen ausmachen. Doch neben den Personalkosten müssen auch Kreisumlage (890.900 Euro), FAG-Umlage (716.000 Euro) und etliche weitere Ausgaben gestemmt werden.
Einnahmesituation
Eigene Mittel zu erwirtschaften, um Investitionen zu tätigen, fällt der Gemeinde schwer. Die Erlöse aus dem Gemeindewald, normalerweise eine sichere Einnahmequelle im sechsstelligen Bereich, schwächeln, die Gewerbesteuer ist rückläufig und die Pendelwirkung des Finanzausgleichs schlägt 2020 wieder einmal zu. Dazu kommen neue Anforderungen aus dem Neuen Kommunalen Haushaltsrecht. Es verlangt, dass die Abschreibungen auf das Gemeindevermögen erwirtschaftet werden müssen. Im Falle von Oberharmersbach bedeutet das, dass jetzt jedes Jahr rund 700.000 Euro Werteverzehr ergebniswirksam werden.
Wo sparen?
Sparen ist allerdings auch nicht so einfach. Der größte Kostenblock sind die genannten Personalkosten, bei denen Veränderungen nicht schnell umzusetzen und in vielen Fällen auch nicht wünschenswert sind. Die Gemeinde muss zudem ein großes Infrastrukturnetz unterhalten, zu dem zum Beispiel ein rund 80 Kilometer langes Straßennetz, etwa die Hälfte davon im Außenbereich, gehört. Eine Mammutaufgabe. Ein gehöriger Teil der Haushaltsmittel wird für Projekte gebraucht, die bereits begonnen worden sind und nun fortgeführt werden müssen. Stichwort Feuerwehrhaus, Fertigstellung der Rathaussanierung, Naturparkschule und vieles mehr. Auf rund 1,6 Millionen Euro summieren sich die Positionen bei den fortzusetzenden Maßnahmen.
Andere Investitionsmaßnahmen können nicht aufgeschoben werden. Der Kindergarten braucht zum Beispiel dringend eine neue Heizung (75.000 Euro), das Freibad eine neue Pumpe (42.600 Euro), mit dem Breitband-Ausbau muss es voran gehen (30.000 Euro) und die Straße am Gorgisenberg verbreitert werden (73.000 Euro). Nicht für alle Projekte stehen Fördermittel in Aussicht.
Ausgabeposition um Ausgabeposition, Einnahmeposition um Einnahmeposition musste deshalb kritisch unter die Lupe genommen werden, um alle Möglichkeiten zu Konsolidierungsmaßnahmen auszuschöpfen.
Konsolidierungspaket
In der Summe konnten Verwaltung und Gemeinderat Positionen ausfindig machen, die sich auf rund 124.000 Euro addieren. Mit im Konsolidierungspaket sind die Erhöhung der Grundsteuer A und B um 10 bzw. 20 v. H. (war seit 2010 340 v. H./Durchschnitt Umland 353/386 v. H.), die Erhöhung der Gewerbesteuer um 10 v. H. (war 340 v. H./Durchschnitt Umland 350 v. H.), Kürzungen in den Budgets von Tourismus, Schule, Kindergarten und Feuerwehr um jeweils 10 Prozent. Außerdem werden Verwaltungsschulungen und unbedingt notwendige Investitionen geschoben, externe Kosten, die Befahrung der Abwasserkanäle und die Straßenreinigung reduziert, Sachkosten für die Märkte eingespart und der Einschlag im Gemeindewald erhöht.
Generelle Lösung erforderlich
Zumindest eine gute Nachricht blieb zum Schluss. Es ist Oberharmersbach wieder gelungen, einen Haushalt ohne genehmigungspflichtige Teile aufzustellen. Mit der misslichen Gesamtsituation, die durch das NKHR noch verstärkt wird, da ist sich Bürgermeister Weith sicher, steht die Gemeinde nicht alleine da. Nicht nur in seinen Augen wird sich für das Grundproblem der unterschiedlichen Ertragsstärke der Kommunen eine politische Lösung finden müssen.