Die Tagesordnung des Gemeinderats in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause stieß auf großes Zuschauerinteresse. Bis auf den letzten Platz waren die Besucherreihen gefüllt. Kein Wunder – es gab viel zu besprechen. Auch der neue Kämmerer Jens-Mathias Bächle war erstmals in der Runde mit dabei.
Neben Lok und historischem Speicher stand unter anderem die Kinderbetreuung durch Tagesmütter auf dem Programm. Die Gemeinde will künftig eine Platzpauschale zahlen. Pro betreutem Kind mit Wohnsitz in Oberharmersbach erhalten die Betreuungspersonen je nach Betreuungsumfang bis zu 60 Euro pro Monat zusätzlich aus der Gemeindekasse. Im Haushalt 2020 werden Mittel für fünf Kinder zur Verfügung gestellt. Das Ziel nicht zuletzt: Vorhandene Betreuungsplätze sollen ausgeschöpft und neue Tagesmütter gewonnen werden.
Nicht nur aus Sicht von Bürgermeister Richard Weith ist das Tagespflegeangebot eine sinnvolle Ergänzung zum Kindergarten. Wie sinnvoll sie ist und was Tagesmütter leisten, davon berichtete Ingrid Kunde vom Diakonischen Werk, dem Träger der Kindertagespflege in der Raumschaft. Sie bezeichnete die Kindertagespflege als »kuscheliges Angebot, um Kinder zu betreuen.« Die Gruppen sind klein, die Betreuung individuell und hochgradig flexibel. Nicht jede Erwerbstätigkeit der Eltern passt nämlich zu den Öffnungszeiten einer Kita. Wer im Schichtdienst arbeitet oder am Wochenende sein Geld verdient, kommt mit den normalen Öffnungszeiten nicht über die Runden. Vier aktive Tagesmütter und eine passive sind in Oberharmersbach gemeldet. Sie decken 15 Betreuungsplätze ab, davon acht Plätze im U3-Bereich. 160 Stunden Qualifikation müssen sie unter anderem absolvieren und einen Erste-Hilfe-Kurs fürs Kind vorweisen. Allein: Das Entgelt reicht bei Weitem nicht dafür aus, dass eine Tagesmutter ihren Lebensunterhalt von ihrem Wirken würde bestreiten können. 5,50 Euro pro Kind und Stunde stellt eine Tagesmutter aktuell in Rechnung – inklusive Essen und Verbrauchsmaterial und anders als im Kindergarten nur dann, wenn das Kind auch wirklich betreut wird. Einnahmen, die versteuert werden müssen und auf die Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge fällig werden. Tagesmütter sind selbstständige Unternehmerinnen. »Es ist eher ein Zuverdienst«, ist sich auch die Ansprechpartnerin beim Wohlfahrtsverband bewusst. Auch mit der Platzpauschale lassen sich wahrscheinlich keine großen Sprünge machen. Eine Anerkennung und Unterstützung ist sie jedoch gewiss.
Neuer Jagdpächter
Christoph Schäck aus Nordrach ist neuer Mitpächter des Eigenjagdbezirks 1a. Er tritt in den bestehenden Vertrag an der Stelle von Hans-Jörg Huber ein, der sein Pachtverhältnis aus persönlichen Gründen gekündigt hatte.
Leader-Regionalbudget
Wie bereits Zell in der vergangenen Woche fasste auch der Oberharmersbacher Gemeinderat den Beschluss, sich am Regionalbudget der Leader-Region Mittlerer Schwarzwald zu beteiligen. Oberharmersbach gibt 2019 und 2020 jeweils 517 Euro in den Topf. Besonders gut gefiel Andreas Kasper, dass auch kleinere Projekte von der Förderung profitieren können. Anja Jilg verwies auf das stark vereinfachte Antragsverfahren, das die Hürde, überhaupt einen Antrag zu stellen, deutlich senkt.
Förderfähig sind Projekte, die die Wertschöpfungsketten und Regionalvermarktung verbessern, sich mit der Lebensqualität auf dem Land für jung und alt auseinandersetzen, naturnahen Tourismus zum Ziel haben oder sich Umwelt- und Klimaschutz durch erneuerbare Energien auf die Fahne schreiben.
Auch wenn man erst hinterher weiß, wie viel Förderung nach Oberharmersbach fließt, fiel die Entscheidung einstimmig. Rein rechnerisch könnten es bis zu 32.000 Euro sein.
Schwerpunkt »Grundversorgung«
Ebenfalls mit Fördermitteln beschäftigte sich der Gemeinderat im Tagesordnungspunkt 7. Mit dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) hat das Land Baden-Württemberg ein Förderangebot für die strukturelle Entwicklung ländlich geprägter Gemeinden und Dörfer. Aufnahmeanträge in das Programm können nur die Gemeinden stellen. Und so war es an der Zeit, die eingereichten Projekte zu priorisieren. Der Gemeinderat sprach sich dafür aus, dem Förderschwerpunkt »Grundversorgung« den Vorrang zu geben. Sollten Mittel bewilligt werden, würden die Holzofenbäckerei Franz Lehmann und das Gasthaus Posthörnle als erste profitieren. Drei weitere Projekte aus dem Bereich »Wohnen« stehen an zweiter Stelle. Das Gesamtkostenvolumen der eingereichten Maßnahmen beläuft sich auf mehr als 1,2 Millionen Euro, das Volumen an beantragten Zuschüssen 199.926 Euro.
Büroausstattung
»Es geht langsam dem Ende entgegen«, brachte Hauptamtsleiterin Hättig die Gemeinderäte auf den Stand in Sachen Rathaussanierung. Der Umzug zurück ins Dorf ist für den 20. Januar geplant. Damit dann im Rathaus gearbeitet werden kann, brauchen die Büros neue Büroausstattung. Die Verwaltung holte drei Angebote ein, von denen das von H2Office aus Zell a. H. das günstigste war. Für 37.247,13 Euro werden die Büros mit Schreibtischen, Container, Stühlen etc. neu bestückt.
Logistikfläche Bettelfrau
Während des Baus des Windparks Hohenlochens darf der Parkplatz »Bettelfrau« als Umlade- und Logistikfläche genutzt werden. Das wurde in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen.
Positionspapier gegen das Volksbegehren »Pro Biene«
Gemeinderätin Anja Jilg informierte ihre Ratskollegen über eine Resolution, die der BLHV Oberharmersbach gegen das Volksbegehren »Rettet die Bienen« entworfen hat. Sie bat Bürgermeister und Gemeinderat um Unterstützung. Der BLHV appelliert darin an die Bürger, das Volksbegehren nicht zu unterschreiben.
Die Bienen zu retten und gegen das Artensterben zu kämpfen seien gute und richtige Forderungen. Das Volksbegehren »Artenschutz« sei jedoch ein »trojanisches Pferd«. Forderungen wie Ökolandbau auf 50 Prozent der Fläche bis zum Jahr 2035 belasten die Verbraucher finanziell deutlich, ist in dem Papier dargelegt und gefährden zudem die Betriebe. Das komplette Verbot von Pestiziden und Bioziden in Schutzgebieten würde 30 Prozent der Landesfläche von Baden-Württemberg betreffen und selbst die Biolandwirtschaft vor große Probleme stellen. Der angestrebte gesetzliche Schutz von Streuobstbeständen hatte in Bayern bereits vorab zu großflächigen Rodungen geführt, also genau das Gegenteil von dem bewirkt, was es wollte. Allein: Die Forderungen, die in dem Volksbegehren »Pro Biene« formuliert sind, gibt es nur im Paket – ganz oder eben gar nicht. »Die Landwirte sind besonders auf ein funktionierendes Ökosystem angewiesen«, machte Jilg deutlich, dass den Erzeugern die Umwelt durchaus am Herzen liegt. »Schließlich leben sie von und mit der Natur.«
Mit dem Aufruf das Volksbegehren nicht zu unterstützen steht der BLHV Oberharmersbach nicht allein. Auch Landtagsabgeordnete aller Fraktionen, landwirtschaftliche Verbände, Kommunalpolitiker und selbst der Imkerverband sind der Meinung, dass der vorliegende Vorschlag nicht zielführend ist. Sie unterstützen den Vorschlag nicht.