Die Lok 20 gehört künftig dem Achertäler Eisenbahnverein (AEV). Der Gemeinderat stimmte dem Verkauf zum Schrottpreis von 1.000 Euro zu, mit der Auflage, am künftigen Einsatzort der Lok auf der Kandertalbahn für Oberharmersbach werben zu dürfen und eventuell bei einer Stilllegung die Lokomotive als Museumsstück nach Oberharmersbach zurückzuführen.
Die Lok 20, Baujahr 1928, hat eine jahrelange Odyssee hinter sich und scheint jetzt endlich in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen. Ständige Begleiter der letzten drei Jahrzehnte waren die rührigen Mitglieder des AEV, die 1988 die der Gemeinde gehörende Lok 20 vom Denkmalsockel beim Dorfer Bahnhof in Oberharmersbach herunter geholt hatten. Als glückliche Fügung erwies sich der Fall der Mauer, weil man nunmehr mit dem Dampflokwerk in Meinigen/Thüringen einen kompetenten Ansprechpartner gefunden hatte und in der Panzerhalle der ehemaligen französischen Kaserne in Offenburg zumindest für einige Jahre genügend Platz zur Verfügung stand, um die Lok komplett zu zerlegen und zu sanieren. Nach 15 Jahren, ungefähr 12.000 Arbeitsstunden und einem finanziellen Kraftakt mit rund 400.000 Euro, vor allem für den neuen Kessel, und einem weiteren Umzug in den ehemaligen Oberharmersbacher Lokschuppen dampfte im Juli 2005 die Lok zu einer ersten Probefahrt talabwärts.
Zwischenzeitlich waren wegen der Kosten neue Eigentumsverhältnisse entstanden. Nur noch das Fahrwerk durfte die Gemeinde ihr eigen nennen, die anderen Teile der Lok gehörten aufgrund einer neuerlichen Vereinbarung dem AEV.
Einen vorläufigen Einsatzort fand die Lok nunmehr auf der Achertalbahn, 2008 und 2009 kehrte sie nochmals ins Tal zurück. Als 2014 die SWEG aus dem historischen Eisenbahnbetrieb ausgeschieden war, musste für die Lok 20 eine neue Bleibe gefunden werden. Durch mehr oder weniger zielführenden Aktionismus und vagen Ankündigungen, von Oberharmersbach ausgehend, wurden Hoffnungen für einen neuerlichen Dampfbetrieb im Harmersbachtal geweckt, die sich aber alsbald als haltlos erwiesen.
Daher kam die Lok 20 vorübergehend bei der Schwäbischen Alb Bahn (SAB) in Münsingen unter. Dort lief allerdings der Einsatz 2019 aus, weil die Lok 20 nicht für die auf der Strecke eingerichtete, technisch unterstützte, Zugsicherung (TuZ) ausgerüstet ist. Als letzte Möglichkeit bot sich nur noch die Kandertalstrecke an, die einzige normalspurige reine Museumsbahn in Baden-Württemberg.
Der Vorsitzende des AEV Bernd Roschach begründete in der Gemeinderatssitzung den Kauf für seinen Verein. »Aus versicherungsrechtlichen Gründen darf die Lok nur einen Eigentümer haben«, verwies Roschach auf die anteiligen Rechte der Gemeinde und des Vereins. Er führte auch nachvollziehbare Gründe an, die einem Einsatz der Lok 20 im Harmersbachtal entgegen stünden. »Die Nachrüstung der Lok 20 für die TuZ sprengt unser Budget«, verwies Roschach auf das Investitionsvolumen von bis zu 70.000 Euro. Ferner müsse man eine »zertifizierte Werkstatt« unterhalten. Dies sei mit dem Verkauf des Lokschuppens und der Demontage der dorthin führenden Gleise endgültig gescheitert.
Nur mühsam gelang es Gemeinderat Sebastian Brucher, seinen Unmut zu zügeln, den nicht nur bei ihm das Stichwort »Lokschuppen« immer noch weckt. »Hier hat die Verwaltung Fehler gemacht und ganz besonders eine Person«, verwies er auf das Taktieren der Gemeinde in den vergangenen Jahren. Mehrmals, so sein ermittelter Informationsstand, habe die SWEG ein Angebot für den Kauf des Lokschuppens unterbreitet, aber das »stümperhafte Verhalten« der Verwaltung habe eine Lösung außen vor gelassen. Mit dem Verkauf des Lokschuppens sei man schließlich vor vollendete Tatsachen gestellt worden, weil die Mehrheit des Gemeinderates im Spätjahr 2017 das Vorkaufsrecht nicht mehr habe wahrnehmen wollen.
Ob mit einer transparenteren Informationspolitik des damals Verantwortlichen ein Schritt in Richtung Dampfbetrieb im Harmersbachtal möglich gewesen wäre, sei dahingestellt. Eine gemeinschaftlich verfasste Erklärung der Talbürgermeister stellte schon 2018 klar, aus »betriebswirtschaftlicher Natur« das Projekt Dampfzug momentan nicht weiter zu verfolgen.
Dem stehen aktuell, wie Bernd Roschach ausführte, zusätzlich technische Probleme entgegen. Auf die Frage von Gemeinderätin Clarissa Lehmann, ob man eine Dampflok anderswo ausleihen könne, hielt Roschach entgegen, dass eine solche Überführung »arschteuer« sei. »Vor dem ersten Schnaufer sind mindestens 10.000 Euro weg«, riet er von einem solchen Abenteuer ab.
Daher plädierte Vorsitzender Roschach, die Lok 20 für einen »symbolischen Preis« an den AEV zu verkaufen, da man sich bisher »mit viel Herzblut« um den Erhalt der Lok gekümmert habe und mit den Eisenbahnfreunden, die mit mehr als einem halben Dutzend in der Sitzung vertreten waren, gewährleistet sei, der Lok eine »betriebsfähige Zukunft« zu sichern.
Dem wollte sich der Gemeinderat nicht verschließen, widersprach aber dem Verkauf für einen Euro. Man einigte sich auf einen runden Betrag über dem Schrottwert, den Roschach mit rund 720 Euro ermittelt hatte. Der Kaufpreis von 1.000 Euro wird mit den anderen Vorschlägen im Kaufvertrag festgeschrieben.